FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

141 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 sich im Umland der Metropolen ansie- deln werden. Außerdem werden steigen- de Zinsen erwartet. Halten Sie das auch in Wien für realistisch? Riedl: Ich sehe das nicht so. Der Speckgürtel um Wien ist in den vergangenen Jahren auch stark gewachsen und teurer geworden. Es gibt sowohl den Trend der Urbanisierung als auch den Trend zum Einfamilienhaus. Das führt dazu, dass die Speckgürtel der Städte interes- sant sind. Einen Preisrückgang, wie Sie ihn beschrieben haben, erwarte ich in Wien nicht, weil es einen extrem großen Sektor der regu- lierten Wohnungen gibt, der für Stabilität sorgt. Die großen Ausreißer bei den Eigen- tumswohnungen gibt es nur in besonderen Lagen, in denen die Preise bis zu 20.000 Euro betragen. Ich glaube, dass dort die Volatilität der Preise am höchsten ist. Warum sehen Sie im mittleren Preisseg- ment keine Korrekturen kommen? Riedl: Die Preise haben dort und da ein Ni- veau erreicht, bei dem zum Beispiel Familien an die Leistbarkeitsgrenze stoßen. Deshalb werden irgendwann die Preise nicht mehr in dem Maße und Tempo weiter steigen können, weil sie dann für die breiten Zielgruppen nicht mehr leistbar sind. Ich kann daraus aber nicht schließen, dass es billiger wird. Einen Preis- stopp in der Zukunft kann ich eher nachvoll- ziehen. Man muss sich auf jeden Fall daran gewöhnen, dass man im Zentrum nicht mehr eine 100-Quadratmeter-Wohnung für 350.000 Euro bekommt. Dafür muss man in die Peri- pherie ausweichen. Deswegen verkaufen wir im 21. und 22. Bezirk, wo wir früher nicht so intensiv gebaut haben, heute sehr gut. Durch die Nachfrage in den Außenbezirken rechne ich mit steigenden Preisen im 21., 22. und 23. Bezirk, aber auch im 10. und 12. Bezirk. Bauernfeind: Es ist ja nicht die böse Immo- bilienwirtschaft, die die Preise in die Höhe treibt, um mehr zu verdienen. Die Bauträger müssen mit den Rahmenbedingungen zu- rechtkommen und das produzieren, was vom Markt angenommen wird. Riedl: Für uns hat es keinen Sinn, im 19. Be- zirk Mietwohnungen zu bauen, weil es dort für die Lage keinen wirklichen Aufschlag bei den Mieten gibt. Die besseren Lagen haben nur ein bisschen höhere Mieten, kosten aber in der Errichtung mehr. Daher hat es dort nur Sinn, Eigentumswohnungen um 7.000 Euro pro Quadratmeter zu bauen. Wir bauen aber in den Lagen – auch Mietwohnungen – ins Portfolio, in denen die Mietrenditen noch deutlich interessanter sind. Das sind geförderte und frei finanzierte Projekte im 2., 22. und 23. Bezirk, wo die absoluten Miethöhen zum Teil gar nicht so viel schlechter sind als im 18. oder 19. Bezirk. Bauernfeind: Bei den Mieten sind die Unter- schiede zwischen den günstigsten und teuers- ten in ganz Wien nicht so hoch wie bei den Kaufpreisen (siehe Tabelle auf Seite 142). Das liegt daran, dass 75 Prozent der Wiener in ei- ner Mietwohnung wohnen. Und mehr als 50 Prozent der Wohnungen sind im Eigentum der Gemeinde und von gemeinnützigen Bau- vereinigungen, wo das Kostendeckungsprin- zip gilt. Ein Teil der Wohnungen befindet sich im Altbau, in dem die Richtwertmiete gilt. Die Miete kann also nur in einem relativ klei- nen Segment frei vereinbart werden, wenn man sich den gesamten Wohnungsbestand (ca. 700.000 Mietwohnungen; Anm.) ansieht. Gibt es eine Tendenz, dass die Leute wegen der günstigen Zinsen mehr nach Eigentum streben? Bauernfeind: Wir sehen das nicht. Bei uns werden beide Segmente sehr stark nachge- fragt. Wenn die Bruttogesamtmiete ein Niveau von 1.500 bis 1.600 Euro erreicht, merken wir schon, dass die Mietnachfrage abnimmt, weil die Leute nachrechnen, wie viel Eigentums- wohnung sie sich mit einer Annuität in dieser Höhe leisten können. Hier ist der Kauf die Al- ternative zur Anmietung teurerer Wohnungen. Welche Strategie sollten die Käufer von Vorsorgewohnungen verfolgen? Im 19. Bezirk hat das nicht so viel Sinn, weil die Mietrendite geringer ist als in der Peri- pherie, oder? Riedl: Ja und nein. Die Frage ist, ob Rendite oder Wertstabilität gesucht wird. Beides gibt es in Kombination zurzeit nicht am Markt. Das Wichtigste ist die Verkehrsanbindung: Wenn eine Vorsorgewohnung gut an das Ver- kehrsnetz angeschlossen ist, funktioniert das Investment ganz gut. Bauernfeind: Eine Anlagewohnung sollte in erster Linie für den Mieter interessant sein. Es geht nicht darum, dass der Eigentümer seine Wünsche auslebt, sondern um die Vermiet- barkeit. Es können durchaus Wohnungen außerhalb des Gürtels sein. Da hat sich in den letzten Jahren durch die U-Bahn-Verlänge- rungen extrem viel getan. » Die Preise werden irgendwann nicht mehr in dem Maße und Tempo steigen können. Das heißt aber nicht, dass es billiger wird. « Daniel Riedl, Buwog Daniel Riedl, Buwog: „Wir bauen in den Lagen – auch Mietwohnungen – ins Portfolio, in denen die Mietrenditen noch deutlich interessanter sind. Das sind geförderte und frei finanzierte Projekte im 2., 22. und 23. Bezirk.“

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