FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018
109 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 nen Grund zum Jubeln gab. Er schreibt: „Ma- naged-Futures-Fonds dienen primär der Bei- mischung in einem längerfristig ausgerichte- ten traditionellen Portfolio aus Aktien und An- leihen, und zahlreiche Studien, wissenschaft- liche Arbeiten und tatsächliche Ereignisse be- legen die damit verbundene Verbesserung des Risiko-Ertrags-Profils seit mehr als 30 Jah- ren. Finanzdienstleister, deren Kunden eine Anlageberatung für das gesamte Anlageport- folio wünschen, dürfen diesen Umstand bei der Beratung nicht mehr außer Acht lassen. Dies gilt seit Inkrafttreten der Mifid-II-Bestim- mungen per 3. 1. 2018 umso mehr, weil vom Kunden nun auch die Fähigkeit zur Verlust- tragung und die Risikotoleranz eingeholt wer- den müssen und die Anlageberatung für das gesamte Anlageportfolio auch diesen beiden Parametern entsprechen muss. Wenn der Finanzdienstleister die Beimischung von Ma- naged-Futures-Fonds in einem längerfristig ausgerichteten traditionellen Portfolio aus Aktien und Anleihen empfiehlt, dann handelt er im besten Interesse des Kunden. Nicht nur die umfangreiche Literatur und Wissenschaft (…), sondern auch die ESMA unterstützt die Rechtfertigung zur Beimi- schung – wohl besser: Beimischungspflicht –, weil dadurch ein weiterer Baustein im Pro- zess, dem Kunden ein bestmögliches, profes- sionell beratenes Portfolio zu servicieren, ein- gesetzt wird. Finanzdienstleister, die in ihrem ,empfehlenswerten Spektrum an Finanzinstru- menten‘ in Österreich zum Vertrieb an Privat- anleger zugelassene Managed-Futures-Fonds nicht berücksichtigen, laufen Gefahr, nicht mehr im besten Interesse ihrer Kunden zu handeln, weil sie damit vorsätzlich einen Bau- stein im Portfolio ausschließen, der sehr gro- ßes Potenzial hat, in Krisenzeiten positive Er- träge zu erwirtschaften bzw. das Risiko-Er- trags-Profil eines Portfolios verbessern kann.“ Hinweispflicht Zugegeben, diese Argumentationslinie ist gewagt, und sie dürfte in der Realität nur schlagend werden, wenn sich erweist, dass eine Managed-Futures-Beimischung in kom- menden schwierigen Marktphasen für Aktien und Anleihen portfoliostabilisierend gewirkt hätte. Die Chancen dafür stehen allerdings nicht schlecht, daher sollte man Majcens Ansatz nicht einfach als „Marketing-Gag“ abtun. Die Rechtsprechung kennt eine lange Reihe von Beispielen, in denen unterlassene Warnungen beziehungsweise Aufklärungen zu Haftungen für Profis beratender Berufe führ- ten – so wurden etwa Versicherungsmakler schon wiederholt zu Opfern einer sehr weit gefassten Best-Advice-Verpflichtung. Auszu- schließen ist daher nicht, dass ein Anleger- anwalt eines Tages nach einem Crash auf die Idee kommt, diese Karte zu spielen. Absi- chern kann man sich dagegen nur, indem man Kunden, für die dieser Punkt ein Thema ist, auf die Möglichkeiten der Portfoliodiversifi- kation und die jeweils damit verbundenen Vor- und Nachteile hinweist. Entscheidet sich ein Investor aus eigenem Antrieb gegen Ma- naged Futures oder andere Anlagealternativen, dürfte es für ihn schwer werden, in weiterer Folge Schadenersatz aufgrund unzureichender Diversifikation zu verlangen. AQR-Studie Mit den Fakten konfrontiert, ist aber durch- aus vorstellbar, dass so mancher Anleger doch antizyklisch agiert. Denn die langjährigen Daten lassen auch heute noch die Annahme zu, dass Managed Futures eine brauchbare Portfoliodiversifikation darstellen. Eine von den AQR-Capital-Management-Experten Brian Hurst, Yao Hua Ooi und Lasse H. Pedersen im Juni 2017 publizierte Studie mit dem Titel „A Century of Evidence on Trend- Following Investing“ fasste noch einmal die Fakten zusammen: Trendfolge funktioniere besonders gut in besonders guten und beson- ders schlechten Aktienjahren, habe sich aber auch über längere Beobachtungszeiträume als stabil erwiesen, wobei darin auch Phasen wie die Weltwirtschaftskrise, Kriege, Stagflation, fallende und steigenden Zinsen und die globa- le Finanzkrise des Jahres 2008 enthalten sind. Seit 1880, so die AQR-Analyse, haben trendfolgende Ansätze positive Erträge erwirt- schaftet, wobei die Korrelationen zu den tra- ditionellen Anlageklassen durchwegs gering waren. Die schlechteste Zehnjahresperfor- mance betrug 1,6 Prozent. Bemerkenswerter- weise war dies nicht die hinter uns liegende Dekade, sondern die Zeit ab 1910. In acht der zehn schwersten Krisen haben sie gut abge- schnitten und genau dann positive Auswirkun- gen auf Portfolios gezeigt, wenn das klassi- sche 60/40-Portfolio (60 Prozent Aktien / 40 Prozent Anleihen) die schwersten Rückschlä- ge erlitten habe. Der annualisierte Mehrertrag über dem risikolosen Zins lag über die gesam- te Beobachtungsperiode (1880–2016) hinweg ohne Berücksichtigung der Gebühren bei elf Prozent; zieht man die branchenüblichen zwei Prozent Verwaltungs- und 20 Prozent Erfolgs- gebühr ab, blieben davon 7,3 Prozent. Bei der Beurteilung dieser Analyse ist es nicht unwe- sentlich zu wissen, dass AQR Capital Ma- nagement derzeit mehr als 220 Milliarden US-Dollar verwaltet. Bemerkenswert ist aus aktueller Sicht noch eine andere wissenschaftliche Arbeit zum Thema Managed Futures. Erstellt wurde sie schon 2014 von den irischen Finanzmarkt- forschern Mark C. Hutchinson und John O’Brien. Sie beschäftigte sich auch mit der Frage, ob die zuletzt so unerfreuliche Per- formance der Managed-Futures-Ansätze vielleicht mit der nach 2008 herrschenden Krisensituation zusammenhängen könnte. Sie analysierten die Wertentwicklung von Trend- folgern in der Phase nach gravierenden globalen, aber auch lokalen Irritationen (Weltwirtschaftskrise, 70er-Jahre-Ölkrise, 1987er-Crash etc.). Insgesamt wurden 16 dieser Perioden unter die Lupe genommen. Das – eigentlich nicht überraschende – Ergeb- nis: Trotz der langjährig herausragenden Resultate entwickeln sich Trendfolgesysteme in den Jahren nach tiefgehenden Marktkrisen im Durchschnitt vier Jahre lang vergleichs- weise schwach. Konkret verdienen sie in den ersten zwei Jahren nach solchen Ereignissen durchschnittlich nur vier Prozent, in den ersten vier Jahren nur sechs Prozent, beide Werte liegen weit unter den „normalen“ Erträgen. Es könnte sich also auszahlen, jetzt eine Bei- mischung in Erwägung zu ziehen. GERHARD FÜHRING | FP Dr. Rolf Majcen, FTC: „Die Nichtberücksichtigung von Managed Futures könnte man als Versäumnis sehen.“
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