FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

markt & strategie I guy wagner | bli 84 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 Foto: © BLI – Banque de Luxembourg Investments S.A. G uy Wagner kam 1986 direkt nach seinem Studium der Wirtschafts- wissenschaften zur Banque de Lu- xembourg. Seine erste Aufgabe: Aufbau einer Finanzanalyseabteilung. Aus diesem einst winzigen Team entwickelte sich seit- her ein respektabler Asset Manager mit rund 40 Mitarbeitern. BLI – Banque de Luxembourg Investments, seit dem Jahr 2005 eine eigene Tochtergesellschaft des Finanzinstituts, verwaltet heute rund elf Milliarden Euro. Das Geld stammt zu gu- ten Teilen von Vermögensverwaltungs- kunden der Bank, aber auch von institu- tionellen Anlegern, Dachfonds und Kun- den externer Banken, die in BLI-Fonds investieren. In Deutschland werden einige der Fonds beispielsweise über große Sparkassen und Genossenschaftsbanken vertrieben. FONDS professionell traf Guy Wagner in der Kölner Redaktion zum Gespräch. Herr Wagner, BLI ist kein ganz kleiner Asset Manager, darf mit rund elf Milli- arden Euro Assets aber dennoch als Boutique gelten. Trotzdem bieten Sie nicht nur einige wenige Fonds an, son- dern eine breite Palette – vom Renten- fonds bis hin zu Schwellenländeraktien. Wie schaffen Sie das mit Ihrem verhält- nismäßig kleinen Team? Guy Wagner: Dazu muss ich etwas ausholen. In den Anfangsjahren, als wir noch deutlich kleiner waren als heute, war uns klar, dass wir eine Anlagestrategie brauchen, mit der wir uns gut auf eine überschaubare Anzahl von Titeln konzentrieren können – wir wollen nicht über- all mitspielen. Da kam uns die Anlagephilo- sophie von Warren Buffett entgegen, den ich sehr schätze. So wie er versuchen auch wir, qualitativ hochwertige Unternehmen zu einem guten Preis zu kaufen. Wenn wir investieren, denken wir wie ein Unternehmer: Wo liegen die Wettbewerbsvorteile? Wie gut ist die Mar- ke? Qualitätsunternehmen sind solider aufge- stellt als viele andere Firmen, sie können sich auch eher selbst refinanzieren und sind nicht auf Fremdfinanzierung angewiesen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Durch die Kon- zentration auf eine relativ kleine Gruppe von Unternehmen schrumpft das Universum auf eine Größe zusammen, die sich auch mit einem relativ kleinen Team bewältigen lässt. Außer- dem glauben wir nicht an Dinge wie Market- Timing. Ich kenne niemanden, der damit auf Dauer Erfolg hat. Wir investieren langfristig und schichten unsere Portfolios nicht hektisch um – auch das vereinfacht die Arbeit. Typische Qualitätsaktien sind meist nur in ausgewählten Branchen zu finden. Spiegelt sich das in Ihren Fonds wider? Ja. Die Rohstoffindustrie beispielsweise ist sehr zyklisch, solche Titel werden Sie bei uns kaum finden. Auch Fluglinien oder Telekom- unternehmen sehen wir als problematisch an. In diesen Branchen möchten die Kunden im- mer den billigsten Preis haben. Die Unterneh- men sind daher „Price Taker“ und nicht „Price Maker“ – und uns sind Firmen lieber, die den Preis bestimmen können. Dazu kommt, dass wir unsere eigenen Bewertungsmodelle ver- wenden, die in manchen Sektoren an ihre Grenzen stoßen. Bei einer Bank oder Versi- cherung beispielsweise vermag ich von außen nicht einzuschätzen, wie solide die Bilanz tat- sächlich ist. Daher bleiben diese Branchen au- ßen vor. In welchen Sektoren werden Sie eher fündig? Beispielsweise bei Konsumwerten, Tech- nologietiteln, Gesundheitswerten oder Industrieunternehmen. Auch Chemiekon- zerne haben wir mitunter im Portfolio, selbst wenn diese Branche recht zyklisch ist. Schon wegen dieser Sektorgewichtung weichen unsere Fonds übrigens deutlich vom Vergleichsindex ab, insoweit halten wir die Fahne des aktiven Asset Manage- ments hoch. Werden alle Fonds von Luxemburg aus gemanagt? Oder haben Sie – etwa für die Amerika- oder den Japan- Fonds – kleine Teams vor Ort? Die Portfoliomanager sitzen alle in Luxem- burg. Unser Japan-Fonds ist der Ratingagentur Lipper zufolge übrigens einer der besten sei- ner Vergleichsgruppe. Mit unserer Methode gelingt es also offensichtlich, auch von Lu- xemburg aus gute Unternehmen in Japan zu identifizieren. Allerdings ist auch klar, dass unser Ansatz nicht in jeder Marktphase gleich gut funktioniert. Langfristig geht die Rech- nung auf, davon sind wir überzeugt. Kurzfris- tig, insbesondere in Zeiten der Hausse, kann es aber passieren, dass wir hinter dem Index zurückbleiben. In der Baisse dagegen ist die Outperformance umso größer, einfach weil Qualitätsunternehmen eine Krise wesentlich besser durchstehen als andere Firmen. Inter- essant ist der Blick auf das Risiko: Die Vola- tilität unserer Fonds ist deutlich niedriger als die ihrer Vergleichsindizes. Im Grunde haben Ihre Fonds von der jahrelangen „Quality Growth“-Rally profitiert. Sind solche Qualitätsaktien mit den Jahren nicht viel zu teuer geworden? Zum Teil gebe ich Ihnen recht. Über den gesamten Markt hinweg waren Aktien nur zur Jahrtausendwende höher bewertet als heute. Damals herrschten insbesondere bei Tech- und Telekomaktien spekulative Kurse. Eine Guy Wagner , Chief Investment Officer von BLI – Banque de Luxembourg Investments , über die hohe Bewertung am Aktienmarkt, die ungelöste Schuldenkrise, seine Renditeerwartungen für die kommenden Jahre und die Frage, wie sich eine breite Fondspalette auch mit recht kleinem Team managen lässt. „Alles ist teuer geworden“ » Wir bewegen uns in einem sehr risiko- reichen Umfeld – in dem es dennoch richtig ist, in Aktien zu investieren. « Guy Wagner, BLI

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=