FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

reich umsehen. Bei den letzten großen Büro- transaktionen in Wien sind vor allem deutsche Fonds zum Zug gekommen, aber die asiati- schen Käufer sind im Kommen. Wie bewerten Sie die Preise? Wenn man sich die kolportierten Kaufpreise ansieht, kann man den Eindruck gewinnen, dass Immobilien nur auf Basis von Excel- Tabellen beurteilt werden. Denn die Renditen, die mittlerweile akzeptiert werden, sind in mehrfacher Hinsicht nicht mehr nachhaltig. Im Übrigen drehen sich alle Berichte um die Renditen. Aber keiner redet über Incentives, die an die Mieter gezahlt werden. Bei den In- centives ist mittlerweile so viel möglich, dass die Effektivmiete deutlich geringer ist als die Angebotsmiete. Bei der Anschlussvermietung in einigen Jahren kann das den Investoren ganz schön weh tun, und die Renditen lassen sich dann vielleicht nicht mehr argumentieren. Moderne 1a-Immobilien kann man – vor allem mit Incentives – gut vermieten, aber bei mittleren Immobilien in mitt- leren Lagen tun sich die Eigentümer schwer. Ist das der wesentliche Unter- schied zumWohnimmobilienmarkt? Das stimmt, und es gibt noch ein zweiten, ganz wesentlichen Unterschied: Der Mega- trend „Urbanisierung“ wird wahrscheinlich nicht stoppen. Die Wohnungen werden klei- ner, das ist in Wien bereits messbar. Der Bürobereich ist von der Entwicklung der Arbeitswelt beeinflusst. Co-Working, Home Office usw. sind hier Themen. Es hat nicht mehr jeder Mitarbeiter seinen fixen Arbeits- platz. Wir selbst sind ein gutes Beispiel: Wir haben am „Erste Campus“ 4.000 Arbeitsplät- ze für 5.000 Mitarbeiter. Auch im Einzelhan- del werden die Flächen, vor allem die Lager, reduziert. Als Investor weiß man auch bei einem positiven Marktausblick nicht genau, wie viele und welche Flächen in der Zukunft nachgefragt werden. Das T-Center in St. Marx in Wien und der Saturn Tower sollen für mindestens 400 Millionen Euro verkauft werden, obwohl die Flächen nicht „premium“ und nicht voll vermietet sind. Gibt es für solche Angebote auch österreichische Interessenten? Ich bin bei solchen Transaktionen sprachlos und kann versichern, dass wir nicht dabei sind. Wenn wir so weit sind, dass Immobilien nur noch als Alternative zu anderen Invest- mentanlagen gerechnet werden und man eine Variante findet, mit der man über eine gewisse Laufzeit selbst mit Verlusten und Abwertun- gen besser aussteigt als bei anderen Anlagen, dann bedeutet das für uns: Augen auf! Man muss nicht überall dabei sein. Wäre jetzt für Ihren Fonds nicht ein idealer Zeitpunkt für Exits? Sie würden ordentliche Gewinne realisieren. Wahrscheinlich könnten wir die eine oder an- dere Opportunität in unserem Portfolio nut- zen. Allerdings verfolgen wir eine „Buy and hold“-Strategie, und unsere Anleger haben investiert, damit sie langfristig stabile Erträge haben und nicht das schnelle Geld machen. Und was wäre am Tag, nach dem wir alles verkauft haben? Dann würden wir wie alle anderen mit viel Liquidität dastehen, aber ohne vernünftige Veranlagungsmöglichkeiten. Haben Sie schon zu viel Liquidität in Ihren Fonds? Die Volumina, die vielleicht nachgefragt wer- den, können wir nicht sinnvoll in unseren Märkten investieren. Aufgrund der Preissitua- tion haben wir den Weg eingeschlagen, über Tranchenmodelle den Mittelzufluss zu redu- zieren. Damit schützen wir die Bestandsanle- ger vor einer zu starken Verwässerung der Rendite. Wir haben einen Eigentümer, der diesen Schritt mit uns gemeinsam geht, weil es uns nicht ums Wachstum, sondern um die Qualität im Produkt geht. Wie reagieren Ihre Vertriebspartner und die Anleger? Natürlich sind die nicht begeistert. Wenden sich die Investoren nicht ab und zeichnen einen anderen Fonds? In letzter Konsequenz tun das sicher einige. Das kann Sie ja auch nicht wirklich glücklich stimmen. Nein, aber es ist ein Dilemma, bei dem man einen vernünftigen Mittelweg finden muss. Ich verliere lieber vorübergehend Marktantei- le, kann aber in fünf Jahren unseren Anlegern immer noch in die Augen sehen. Deshalb Mag. Peter Karl: „Wir reduzieren über Tranchenmodelle den Mittelzufluss. Damit schützen wir die Bestandsanleger vor einer zu starken Verwässerung der Rendite.“ sachwerte I mag. peter karl | erste immobilien kag 146 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 » Als Investor weiß man auch bei einem positiven Marktausblick nicht genau, wie viele und welche Flächen in der Zukunft nachgefragt werden. « Mag. Peter Karl, Erste Immobilien KAG Foto: © Günter Menzl

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