FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

sachwerte I mag. peter karl | erste immobilien kag 144 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 Foto: © Günter Menzl W enn Fondsanbieter kein Geld annehmen wollen, ist das ein Signal. Offene Immobilienfonds müssen sich seit Längerem des Anleger- ansturms erwehren, weil sie das Kapital, mit dem sie von den Investoren überhäuft werden, nicht mehr adäquat anlegen kön- nen. „Denn am Markt werden für fertig errichtete und vermietete Objekte Preise verlangt, die für den Fonds zu teuer sind“ , heißt es im jüngsten Rechen- schaftsbericht des Erste Immobilienfonds. Aus diesem Grund nimmt die Kapital- anlagegesellschaft seit Herbst 2016 nur noch tranchenweise frisches Anlegerkapi- tal an. Trotzdem verfügte das Flaggschiff im Oktober mit einem Fondsvolumen von 1,66 Milliarden Euro über 400 Millionen Euro Liquidität. Die Rekordinvestitionen, die heuer wieder weltweit auf den Immo- bilienmärkten verzeichnet werden, stellen das Fondsmanagement vor Herausforderungen. FONDS professionell sprach mit Peter Karl, CEO der Erste Immobilien KAG, über seine Anlagestrategie und die Risiken von teuren Investments. Wie sehen Sie die Stimmung auf dem österreichischen und deutschen Immobi- lienmarkt? Mag. Peter Karl: Die Zinsen sind weiterhin sehr niedrig und teilweise negativ. Das führt zu einem wahnsinnigen Bedarf an Invest- ments. Immobilien sind sehr gefragt, weil die Erträge relativ gesehen immer noch einiger- maßen attraktiv scheinen. Es gibt zur Immo- bilie wenig Alternativen, die den Eindruck erwecken, in einer ähnlichen Risikoklasse auch Ertrag zu bringen. Es gibt aber bei Wei- tem nicht das Angebot, das nachgefragt wird. Deshalb sind die Immobilienpreise in den ver- gangenen Jahren insgesamt stark gestiegen. Regional und in den einzelnen Marktsegmen- ten gibt es natürlich Unterschiede. Heißt das, dass die Immobilienpreise ewig weiter steigen? Die Urbanisierung ist intakt, und das erklärt die Preisanstiege in den Ballungsgebieten. Es muss uns aber trotzdem bewusst sein, dass die Preisanstiege, die wir in jüngster Zeit gesehen haben, nur zu einem geringen Teil aus der Nachfrage von der Nutzerseite kommen, son- dern von den Investoren getrieben sind. Würden Sie sagen, dass sich die deut- schen und österreichischen Märkte in einer „hervorragenden Verfassung“ be- finden, wie das häufig artikuliert wird? Das ist eine Frage der Perspektive. Für Ver- käufer und Vermittler sind es hervorragende Zeiten. Es gibt so viel Nachfrage, dass die gesamte Ware verkauft werden kann, und es sind nun auch Produkte zu Preisen ver- käuflich, die vor zwei oder drei Jahren schlicht unmöglich schienen. Bei genaue- rem Hinsehen werden die erwarteten Ren- diten aber höchstwahrscheinlich nicht zu halten sein, vor allem im gewerblichen Immobiliensektor. Wie kommen Sie darauf? Der Optimismus der Käufer ist aus mei- ner Sicht nicht immer begründet, wenn man sich die Leistungsfähigkeit der Nut- zer der Immobilien ansieht. Sie müssen die Mieten, die sie bezahlen, erwirtschaf- ten. Das gilt für Unternehmen und für Privathaushalte. Ein bisschen mehr Besonnenheit wäre durchaus angebracht. Ich verstehe aber, dass bei so vielen Transaktionen auf dem Markt auch Jubel- stimmung ausbricht. In den Ballungsgebieten fehlt leistbarer Wohnraum. Allerdings entstehen bei den Bauprojekten überwiegend nicht er- schwingliche Mietwohnungen, sondern teure Eigentumswohnungen. Ist das der richtige Weg aus der Wohnungsnot? Das Eigentum löst das Problem schon ein bisschen, weil bewusst Wohnungen gebaut werden, die vom Zuschnitt und von der Größe für die Vermietung gedacht sind. Es geht um effiziente Flächen mit einer Gesamtbelastung, die nur so hoch ist, dass sie einem breiten Pu- blikum angeboten werden können. Das hilft nicht, wenn der Käufer darauf beharrt, jene Mieten durchzusetzen, die vom Bauträger am Anfang in Aussicht gestellt werden. Denn am Ende setzt sich nur eine marktfähige Miete durch, und die hängt von der Leistbarkeit ab. Wo liegen denn die Mieten in Ihren Wohnimmobilien? Wir haben zirka 6.000 Wohnungen im Port- folio und sehen, dass die Durchschnittsmieten bei den frei finanzierten Häusern bei etwa 8,50 Euro liegen. Bei neuen Wohnungen mit einem guten Grundriss kann sich die Miete Immobilienfonds stecken in einem Dilemma. Von den Investoren bekämen sie ohne Schranken viel zu viel Geld, das sie kaum noch rentierlich anlegen können. FONDS professionell diskutierte mit Mag. Peter Karl , CEO der Erste Immobilien KAG, über die Lage auf den Märkten und über Grenzen der Preissteigerungen. „Bei manchen Transaktionen » Bei genauerem Hinsehen werden die erwarteten Renditen höchstwahrscheinlich nicht zu halten sein, vor allem im gewerblichen Immobiliensektor. « Mag. Peter Karl, Erste Immobilien KAG Mag. Peter Karl Peter Karl ist CEO der Erste Immobilien KAG und in der Geschäftsführung unter anderem für den Ankauf sowie das Fonds- und Produktmanagement zuständig. Der Jurist ist seit 2007 bei der Erste Group. Davor war er bei der Bank Austria Real Invest tätig. Die Erste Immobilien KAG ist für zwei offene Immobilienfonds verantwortlich: Der „Erste Immobilienfonds“ kam 2008 auf den Markt, ist zu vier Fünftel in Österreich und zu drei Viertel in Wohn- immobilien investiert. Das Portfolio besteht zurzeit aus zirka 70 Bestandsobjekten und Projekten.

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