FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.at | 3/2017 9 So wirklich freuen kann sich die heimische Finanzbran- che auf das kommende Jahr wohl nicht, wissen die Marktteilnehmer doch be- reits jetzt, dass mit der Ein- führung des neuen Wertpa- pieraufsichtsgesetzes 2018 (WAG 2018) auch gleichzei- tig die ungeliebte „Markets in Financial Instruments Directive“ – Mifid II in Öster- reich umgesetzt wird. Welche Auswirkungen dadurch zu erwarten sind, wurde in den vergangenen Monaten ausführlich analysiert; etliche Punkte zur Umsetzung in der Praxis gilt es natürlich noch mit der Finanzmarktauf- sicht zu klären (siehe Artikel Seite 220). Bei genauerer Betrachtung des WAG 2018 fällt allerdings auf, dass es auch neue Zusätze im Gesetzestext gibt, die nicht in di- rektem Zusammenhang mit der Umsetzung von Mifid II stehen. Einer dieser Zusätze findet sich auf Seite 160 des WAG 2018 und sollte vertraglich gebundene Ver- mittler und Wertpapiervermittler interessieren. Der dort angeführte § 90 regelt nämlich unter anderem, welche Befugnisse die FMA gegenüber den zu Beaufsichtigen- den hat. Das betrifft etwa die Einsichtnahme in Bücher und Dokumente, die FMA kann Aufzeichnungen von Te- lefongesprächen und Datenübermittlungen anfordern, aber auch Vor-Ort-Prüfungen durchführen. Gerade Letz- teres ist ein in der Branche gefürchtetes Instrument, da diese „Besuche“ massiv Zeit und Ressourcen der kon- trollierten Unternehmen in Anspruch nehmen. Bisher traf es dabei nur die konzessionierten Unternehmen wie Wertpapierfirmen, WPDLU und Kreditinstitute. Unter Punkt 4 des besagten Paragrafen findet sich nun aller- dings ein Zusatz, der besagt, dass die Aufsichtsbehörde die angeführten Befugnisse auch unmittelbar gegen- über vertraglich gebundenen Vermittlern sowie Wertpa- piervermittlern ausüben kann. Im Klartext bedeutet dies, dass Berater in Zukunft auch mit Hausbesuchen der FMA rechnen müssen. Der Kontrollwahn erreicht damit das nächsthöhere Level. Und auch diesmal hat man im Vorfeld nicht das Gefühl, dass das an der „Sicherheit“ der Anleger viel ändern wird. Während man als Berater für einen 50-Euro-Sparplan vom Kunden Dutzende Un- terschriften benötigt, kann derselbe Anleger sein Ver- mögen ohne große Einmischung durch den Staat mithil- fe von Kryptowährungen vernichten (siehe Artikel Seite 168). Betroffen sind davon über 2.500 Vermittler, deren Trost wohl nur darin besteht, dass die personellen Res- sourcen der Behörde nicht groß genug sind, um jeden einzelnen Berater regelmäßig „heimzusuchen“. Die Be- weggründe für diesen Schritt sind zumindest aus Sicht der Berater nicht ganz nachzuvollziehen. Georg Pankl, Chefredakteur Besuch von der FMA

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=