FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

228 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 steuer & recht I positionen der par teien Foto: © GMF D ie Nationalratswahl 2017 ist, gemessen an früheren Urnengängen, ungewöhn- lich spannend. Erstens hat sich das Spektrum der politischen Lager ein weiteres Mal vergrößert, und zweitens scheinen die möglichen Wahlausgänge im Vorfeld beson- ders schwer einschätzbar zu sein. Vor allem die Situation in der Volkspartei mit dem neuen Spitzenkandidaten Sebastian Kurz könnte zu einer Neuordnung des Parlaments führen. Die beiden anderen Großparteien und deren Vor- sitzende Christian Kern und Heinz-Christian Strache führen einen entsprechend intensiven Wahlkampf gegen Kurz, müssen parallel dazu aber auch darauf achten, keine Wähler an die kleineren Gruppierungen zu verlieren. Sowohl den Grünen und der Liste Pilz als auch den Neos werden Chancen für einen Einzug ins Parlament eingeräumt. Kaum jemand dürfte eine Partei nur wäh- len, weil ihr Wahlprogramm optimal zur eige- nen beruflichen Situation passt. Allerdings wird man sich aber auch nicht für eine Bewe- gung entscheiden, deren Ansichten die eige- nene Berufsgruppe tendenziell benachteiligt. FONDS professionell hat daher die Parteien zu wichtigen Punkten der Finanzpolitik, der Finanzmarktregulierung und der Altersvorsor- ge befragt. Finanzexperten aller im Parlament vertretenen Parteien und die Liste Pilz haben sich sofort bereit erklärt, den umfangreichen Fragebogen auszufüllen. Wenn die Geschwindigkeit, mit der die Antworten in der Redaktion einlangten, Auf- schluss darüber liefert, wie sicher sich die Par- teien hinsichtlich ihrer Haltung sind, dann gibt es bei den Neos wohl die wenigsten Fragezei- chen. Obwohl sie erst abklären mussten, wer die Fragen beantworten soll – der bisherige Finanzsprecher Rainer Hable kandidiert nicht mehr –, lagen ihre Antworten als erste vor. Beantwortet wurden sie von Sepp Schellhorn, Sprecher für Kultur, Energie, Tourismus, Wirt- schaft und Industrie. Knapp vor Redak- tionsschluss trafen die Antworten der FPÖ ein. Das mag daran liegen, dass Finanzspre- cher Hubert Fuchs neben seiner Abgeordne- tentätigkeit auch als Steuerexperte bei einem großen Beratungsunternehmen tätig ist. Fuchs kann ebenso wie dem ÖVP-Finanzsprecher Werner Groiss tiefgehende Finanzmarktexper- tise zugesprochen werden. Auch Groiss ist neben seiner Tätigkeit im Nationalrat als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig. ÖVP und FPÖ zeigen sich in ihren Ant- worten dann auch finanzmarktfreundlich. So erklärt Groiss: „Der Börsenplatz Öster- reich gehört aufgewertet. Dies muss in den Köpfen der Bürger beginnen – als Aktio- när darf man nicht der böse Spekulant sein, sondern derjenige, der sein verdientes Geld der Wirtschaft als Risikokapital zur Verfügung stellt.“ Am anderen Ende des Meinungsspektrums finden sich die Ant- worten der Liste Pilz. Hier beantwortete Bruno Rossmann den Fragebogen. Der ehemalige Budgetsprecher des Parlaments- klubs der Grünen ist seit Kurzem Budget- und Steuerexperte der Liste Pilz und spricht sich als Einziger ganz klar gegen eine Ausweitung staatlicher Förderungen für die private und betriebliche Altersvor- sorge aus. Eines der bestimmenden Themen für die Finanzbranche war zuletzt die Umset- zung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II, die Anfang 2018 in Kraft tritt. Und obwohl klar ist, dass Provisions- und Honorarberatung vorerst weiter nebeneinander bestehen wer- den, regen sich immer noch Stimmen, die ein generelles Provisionsverbot fordern. Für Groiss kommt das nicht in Frage. „Ohne Pro- visionen werden viele Produkte nicht verkauft werden können. Der Käufer ist nach derzeiti- ger Rechtslage ausreichend geschützt, weitere Verschärfungen lehne ich ab“, erklärt der ÖVP-Finanzsprecher. Ähnlich sieht dies auch FPÖ-Mann Fuchs, der die Meinung vertritt, dass es jedem Kunden freistehen sollte, ob er sich an einen Vermittler wendet, der auf Pro- visions- oder auf Honorarbasis arbeitet. SPÖ- Finanzsprecher Kai Jan Krainer meint diplo- matisch: „Die Mifid-II-Umsetzung wurde erst im Sommer beschlossen; wir sollten jetzt ein- mal abwarten, wie sich das in der Praxis be- währt.“ Rossmann von der Liste Pilz steht hingegen klar auf Seiten der Provisionsgegner. Die wichtigsten Positionen der Parteien finden Sie in der Tabelle auf den folgenden Seiten. Alle Antworten finden Sie im Internet unter www.fondsprofessionell.at/wahl. GEORG PANKL | FP Provisionsverbot, Finanzaufsicht, Altersvorsorge: FONDS professionell fragt zur Nationalratswahl die Positionen der relevanten Parteien ab. Klare Worte vor der Wahl Das Parlament in Wien: Vor der Wahl äußern sich die Finanzexperten der hier vertretenen Parteien zu wichtigen Fragen der Regulierung, der Finanzpolitik und der Altersvorsorge. Auch die Liste Pilz bezieht Stellung. WAHL 2017

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=