FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

steuer & recht I steven maijoor | esma 216 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 Foto: © Francois Daburon 103 Rue de Grenelle, 75007 Paris: Das ist die Adresse der Euro- pean Securities and Markets Authority, der Europäischen Wertpapier- und Markt- aufsichtsbehörde, kurz ESMA. Mitten im siebenten Stadtbezirk, nicht weit entfernt vom bekannten Viertel Montparnasse, steht der quadratische Sandsteinbau. Im begrünten Innenhof geht es europäisch zu. Französisch, Englisch, Italienisch und auch Deutsch sprechen die ESMA-Mitar- beiter, die über den Hof zur Mittagspause gehen. Europas oberster Finanzmarktauf- seher Steven Maijoor ist Niederländer. Seit Januar 2011 ist er Vorsitzender der ESMA, der erste überhaupt. Sein größtes Projekt ist die Umsetzung der EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid II, die sich nicht im- mer einfach gestaltet. Seine zweite Amts- periode hat Maijoor 2015 trotzdem angetreten. Herr Maijoor, die europäische Finanz- marktrichtlinie Mifid II ist ein Groß- projekt. Für die ESMA ist es nun nahezu abgeschlossen. Welche letzten Schritte stehen noch an? Steven Maijoor: Oh ja, das stimmt, Mifid II ist ein riesiges Regulierungsprojekt – für alle Beteiligten, natürlich auch für uns als ESMA. Wir befinden uns jetzt in einer Phase, in der wir auf mehreren Baustellen gleichzeitig zu tun haben. Für die Marktteilnehmer ist es wichtig, sich auf die neuen Regelungen so einzustellen, dass sie ab dem 3. Januar 2018 Mifid-II-konform arbeiten können. Dafür be- nötigt man alle wichtigen Informationen zur praktischen Umsetzung. Für uns bedeutet das, dass wir noch technische Standards, Guide- lines, also Rahmenrichtlinien, und Frage-und- Antwort-Kataloge, kurz Q&As, zu verschie- denen Themen herausgeben müssen. Das ist aber nur ein Teil unserer Arbeit. Mifid II be- zieht sich schließlich nicht nur auf den Anle- gerschutz, sondern auch auf andere Kapital- marktthemen. Auch in diesen Bereichen müs- sen wir Anforderungen veröffentlichen. Und nicht zuletzt müssen wir unsere eigenen IT- Systeme umstellen. Alles in allem werden die kommenden Monate also noch sehr arbeits- intensiv. Für die Branche ist der Zeitplan sehr straff. Die ESMA hat im Juli ihr Kon- sultationspapier für die Guidelines zur Geeignetheitsprüfung in der Anlagebe- ratung veröffentlicht. Wann ist mit der finalen Fassung zu rechnen? Wir haben den Marktteilnehmern eine Kon- sultationsfrist bis zum 13. Oktober einge- räumt. Danach werden wir ihre Stellungnah- men zügig prüfen und die finalen Guidelines herausgeben. Den genauen Termin kann ich noch nicht nennen, aber die endgültige Version sollte spätestens im vierten Quar- tal 2017 vorliegen. Es wird allerdings gemunkelt, die Guidelines würden eventuell erst im zweiten Quartal 2018 veröffentlicht werden. Dann wäre es für Berater sehr schwierig, ab dem 3. Januar gesetzes- konform zu arbeiten. Das ist richtig. Allerdings denke ich nicht, dass wir so viel Zeit benötigen werden. Außerdem gibt es auch unter Mifid I be- reits Vorschriften für die Geeignetheits- prüfung. Die neuen Guidelines sind natür- lich viel weiter gefasst, im Kern aber ähn- lich. Sie können also durchaus als Orien- tierung dienen, bis die neuen Regelungen abschließend vorliegen. Sie stehen seit 2011 an der ESMA-Spitze. Mit Blick auf über sechs Jahre Erfah- rung, speziell mit derArbeit an Mifid II: Welche Aspekte in der Zusammenarbeit mit den nationalen Regulierern werten Sie als positiv? Und was könnte noch verbessert werden? Die ESMA ist in erster Linie eine Netzwerk- organisation, wir arbeiten sehr eng mit den Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedsländer zusammen. Es gibt keine veröffentlichten Q&As, keine Guidelines oder technischen Standards, denen die Vertreter aller nationalen Regulierer im Rat der Aufseher der ESMA nicht mehrheitlich zugestimmt hätten. Und alles, was wir im Rat diskutieren, ist zuvor unter aktiver Beteiligung der nationalen Finanzaufsichten erarbeitet worden. Das ist sehr gut so. Doch damit sind wir auch bei den Schwierigkeiten, die zuweilen auftreten. Viele Mitglieder im Rat der Aufseher betonen zu Recht, EU-weit müssten unbedingt dieselben Regelungen gelten. Gleichzeitig haben man- che Vertreter aber stark ihre eigenen Märkte im Blick und pochen darauf, dass neue Vor- gaben möglichst eng an die Gesetzgebung ihres Heimatlandes angepasst werden. Das ist » Es war niemals unser Ziel, ein generelles Provisionsverbot einzuführen. Wir haben dies auch nicht durch irgendeine ›Hintertür‹ versucht. « Steven Maijoor, ESMA „Ein generelles Provisions Steven Maijoor, Chef der Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA , über die kräftezehrende Umsetzung von Mifid II, die Zusammenarbeit mit den nationalen Regulierern und die Frage, ob die schärferen Vorschriften ab Januar 2018 der Provisionsberatung den Garaus machen werden. Steven Maijoor Steven Maijoor ist Vorsitzender der Europäischen Wert- papier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in Paris. Der gebürtige Niederländer ist seit Januar 2011 im Amt. Er vertritt die Behörde nach außen, leitet den Rat der Auf- seher sowie den Verwaltungsrat. Bevor Maijoor nach Paris wechselte, war er Geschäftsführer der niederländischen Finanzmarktaufsicht. Der promovierte Wirtschaftswissen- schaftler hatte verschiedene Positionen an der Universität Maastricht und der University of Southern California inne. An der School of Business and Economics der Universität Maastricht war er Dekan.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=