FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

bank & fonds I eirill k. holtvedt | dnb wealth management 214 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 Foto: © DNB Wealth Management W ann sie das letzte Mal Bargeld in der Brieftasche hatte, daran kann sich Eirill K. Holtvedt nicht mehr erin- nern. Skandinavische Länder gelten als Vor- reiter bei der Digitalisierung des Finanzsek- tors. Das Fallbeispiel DNB zeigt, warum. Die größte Bank des Landes sieht sich fortan als „Technologiekonzern mit Banklizenz“ und verbucht sehenswerte Erfolge mit digitalen Services. „Banken können mit Fintechs mit- halten“, so Holtvedt. Ähnlich wie in Öster- reich wurden aber die Berater bisher zu wenig in die Digitalisierungsstrategien einbezogen, sagt sie. Das soll sich ändern. Frau Holtvedt, im ersten Halbjahr 2016 hat die DNB die Filialanzahl auf 57 hal- biert. Wo steht man heute? Eirill K. Holtvedt: Ungefähr bei derselben Zahl. Es gibt immer noch in allen 19 Land- kreisen Zweigstellen. Unsere Absicht ist, dass kein Kunde länger als eine halbe Stunde zur nächsten Filiale brauchen sollte. Trotzdem, ist das schon das Ende? Wenn Sie zehn oder zwanzig Jahre nach vorn blicken, wie sieht Ihre Prognose aus? Neun von zehn Norwegern erledigen ihre Bankgeschäfte online, was sehr viel ist. Wir haben im Moment keine Ambitionen, weitere Filialen zu schließen, aber die Kunden ma- chen ihr Banking lieber über digitale Kanäle. Die neue Welt des Bankings ist unzweifelhaft digital, und Mobile Banking ist gekommen, um zu bleiben. Würden wir die Kunden fra- gen, ob wir in Filialen oder in digitale Ser- vices investieren sollen, fiele die Wahl auf zweiteres. Man kann bei uns Banking über ein Telefonservice erledigen, das 24 Stunden sieben Tage die Woche geöffnet ist, 365 Tage im Jahr. Wir kommunizieren sehr stark über Chat und soziale Medien. Und wir bieten „In-store Banking Outlets“. Also der Supermarkt, in dem man auch Bankgeschäfte macht? Wir haben eine Kooperation mit der Post. De- ren Filialen befinden sich oft in Supermärkten. Dort kann man Bankgeschäfte erledigen. Wie hat sich die Umstrukturierung 2016 auf die Effizienzkennzahlen ausgewirkt? Das alles war kein Kostenreduktionspro- gramm. Der Hauptgrund für die massiven Einschnitte bei Filialen und Personal war die Anpassung an die digitale Realität. Wir haben die Auswirkungen nicht auf die Cost-Income- Ratio heruntergebrochen, weil da zu viele Faktoren eine Rolle spielen: Natürlich fielen aufgrund der Filialschließung 600 Vollzeit- stellen weg. Dafür investieren wir in digitale Infrastruktur. Und im Telefonservice braucht man mehr Leute. Auch die müssen gut sein. Was ist mit älteren Kunden, die bei der Digitalisierung nicht mehr mitkommen? Da gehen wir seit dem Vorjahr einen neuen Weg. Wir bieten zwar seit Jahren Kurse an, 2016 und 2017 haben wir aber alle unsere nicht digitalen Kunden direkt angeschrieben und zu einem Internet-Banking-Kurs eingela- den. Allein 2016 kamen 3.000 Personen. Dar- über hinaus haben wir einen „Guide to the In- ternet“ erstellt: Er speist sich aus Tipps, die erfahrene Internetnutzer den weniger Erfahre- DNB ASA, Norwegens größte Bank, hat die Hälfte ihrer Filialen geschlossen, weil sie ihre Dienstlei- stungen in Zukunft vor allem digital anbieten will. FONDS professionell sprach mit Eirill K. Holtvedt , Head of Strategy & Analysis, DNB Wealth Management , über diesen radikalen Schritt. „Wir haben keine Wahl “ » Die Bankschließungen waren kein Kostensenkungsprogramm. Wir mussten uns an die Kundenwünsche anpassen. « Eirill K. Holtvedt, DNB Wealth Management, Oslo Eirill K. Holtvedt (Head of Strategy & Analysis Division, DNB Wealth Management, Oslo): „Mobile Banking ist gekom- men, um zu bleiben.“ Eine Austro-Filiale könnten norwegische Besucher etwas überholt finden, sagt Holtvedt. Der norwegische Bankensektor In Norwegen gibt es zwei Arten von Banken: Geschäfts- banken (meist Töchter ausländischer Institute) und Spar- kassen (ursprünglich unabhängige und eigentümerlose Stiftungen). Die Sparkassen sind meist in Allianzen zu- sammengeschlossen. Diese sind keine geografischen Verbünde, sondern Interessengruppen. Sie kooperieren bei Technologie, Abwicklung, Werbung, Einkauf etc. Außerdem haben sie gemeinsame Töchter – etwa Versi- cherungen oder Pfandbrief-Emissionshäuser. 105 der 126 Banken in Norwegen sind Sparkassen. Die DNB Bank ver- einigt allein 62 Prozent der Bilanzsumme des Sparkas- sensektors auf sich. Sie ist Mitglied des Sparkassenver- bandes, wird aber seit 2015 als Privatbank behandelt, weil der Aktienanteil der Sparkassenstiftungen an der DNB unter zehn Prozent gefallen ist. Quelle: DSGV

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