FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

184 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 vertrieb & praxis I massenhochzeit in der fondsbranche Foto: © Fotolia | jackfrog, Amundi/Pioneer, Aberdeen W enn zwei Menschen den Bund der Ehe schließen, dann entspringt der Beziehung früher oder später oft- mals Nachwuchs. Gehen hingegen zwei Un- ternehmen zusammen, bleiben am Ende meist weniger Familienmitglieder übrig. Diese Ent- wicklung zeichnet sich auch bei den Zusam- menschlüssen unter Fondsanbietern ab, die derzeit die Branche umkrempeln. Bei allen Transaktionen geht es darum, Häuser mit einer Größe zu schmieden, die im Konkur- renzkampf bestehen können. Damit tritt ein, was Branchenbeobachter schon lange pro- phezeit hatten: Konkurrenz- und Kostendruck treten in der Fondsindustrie eine Welle der Konsolidierung los. „In Europa wird sich die Landschaft der Fondsgesellschaften in fünf Jahren radikal verändert haben“, glaubt Wer- ner Hedrich vomAnalysehaus Morningstar. Sowohl der Verkauf von Pioneer Invest- ments an Amundi als auch die Fusionen von Aberdeen mit Standard Life sowie Janus Ca- pital mit Henderson sind formal abgeschlos- sen. Auch Invesco hat den Zukauf von Source für seine Passivsparte Powershares vollzogen. Doch wie im Eheleben kehrt nach der Hoch- zeitsfeier bald der ernüchternde Alltag ein. Denn mit dem größeren Gewicht muss auch höhere Effizienz einhergehen. Und die stellt sich erst ein, wenn doppelte Strukturen besei- tigt sind – was in einem Stellenabbau mündet. Auch wenn die Zusammenschlüsse vom je- weiligen Management gern als „sehr komple- mentär“ gepriesen werden, Überschneidungen gibt es dennoch immer (siehe Grafiken). Die Einschnitte sind empfindlich. So fallen beimAberdeen-Standard-Life-Deal neun Pro- zent der Stellen weg, also 800 der 9.000 Jobs bei den beiden britisch-schottischen Finanz- häusern. Das ist nah dran an den höchsten Schätzungen, die von einemAbbau von zehn Prozent ausgegangen waren. Anfangs hatte Aberdeen-Chef Martin Gilbert diese Dimen- sion noch als „wilde Übertreibung“ abgetan. Die Insulaner wollen in den ersten drei Jahren nach der Fusion 200 Millionen Pfund einspa- ren. Auch bei Janus Henderson ist von einem Stellenabbau von zehn Prozent der Beleg- schaft die Rede. Das angloamerikanische Haus will 110 Millionen Dollar einsparen. Bei dem 3,5-Milliarden-Euro-Kauf der Uni- credit-Tochter Pioneer durch das französische Haus Amundi kursierte gar die Furcht vor einem „Schlachtfest“. Amundi-Chef Yves Perrier widersprach dem. In zwei Jahren sol- len nun 450 der 5.000 Stellen wegfallen. Per- rier verweist auf die natürliche Fluktuation, die im vergangenen Jahr bei 175 Arbeitsplät- zen gelegen habe. Über zwei Jahre wären das mehr als 300. „Das heißt zwei Drittel des Job- abbaus erfolgen ohnehin über die Fluktua- tion“, argumentiert Perrier. Die Franzosen wollen 180 Millionen Euro einsparen. Tatsächlich hat die Aussicht auf eine mög- liche Kündigungswelle bereits einige Mit- arbeiter vertrieben. Der wohl spektakulärste Fall: Zwei Portfoliomanager des irischen Pio- neer-Sitzes schmiedeten Pläne, ihre eigene Boutique aufzubauen. Dabei wollten sie an- geblich Kunden bewegen, mitzuziehen und ihr Geld der Neugründung anzuvertrauen. Die Dubliner Pioneer-Niederlassung schien über die Akquise im eigenen Kundenkreis derart erbost, dass sie Klagen einreichte. „Bleibe-Bonus“ Neben einer gewünschten Abwanderung fassen aber auch Mitarbeiter in Schlüsselfunk- tionen den Entschluss, wegen der ungewissen Aussichten das Haus zu verlassen. Der Ab- gang von Starfondsmanagern oder Top-In- vestmentstrategen trifft die Gesellschaften empfindlich. Daher riefen Aberdeen und Standard Life eine „Bleibe-Prämie“ aus. Aus einem 35 Millionen Pfund schweren Topf flie- ßen Boni an Angestellte, die das vereinte Haus an sich binden will. Wer genau in den Genuss der Prämie kommt, ist nicht bekannt. Details drangen hingegen bei Janus nach draußen. Die neue Heimat von Pimco-Grün- der Bill Gross legte 55 Millionen Dollar bei- seite, die fließen sollen, wenn die Topmanager im Zuge der Fusion ihren Job verlieren oder auf einen weniger prestigeträchtigen Posten rücken. Fast die Hälfte des Betrags ist allein für Investmentchef Enrique Chang reserviert. Erst an zweiter Stelle mit rund 18 Millionen Dollar folgt Vorstandschef Dick Weil. Den Rest teilen sich andere Führungskräfte. Solche „Change of Control“-Klauseln sind zwar üblich, aber das Ausmaß schürte Medienbe- richten zufolge Unmut unter der Belegschaft. Die jüngsten Fusionen in der Branche sind vollzogen. Nun beginnt der Arbeitsalltag. Das fängt beim Personal an – mit Einschnitten. Arbeitsreiche Flitterwochen Abfahrt zur Hochzeitsreise: Auf anfängliche Euphorie folgt oft die Ernüchterung des Ehealltags. Auch die frisch vermählten Asset Manager müssen ihre Strukturen aufeinander einstellen.

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