FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

106 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 markt & strategie I mittelzu- und -abflüsse R aus aus US-Aktien! So lautete offen- sichtlich das Credo vieler Investoren – und zwar nicht nur in den vergangenen Monaten. Laut der Mittelzu- und -abfluss-Sta- tistik des Fondsdatenlieferanten Mountain View stehen die Anlagevehikel, die auf nord- amerikanische Aktien setzen, bereits seit dem Jahr 2015 auf der Verkaufsliste der Anleger. Satte 42 Milliarden Euro zogen Anleger dem- nach seither aus dieser Anlageklasse ab. Und daran haben auch die verheißungsvollen Wahlversprechen des neuen US-Präsidenten Donald Trump nicht viel geändert. Lediglich im November, jenem Monat, in dem er zum Staatsoberhaupt der Amerikaner gewählt wur- de, sowie im Januar rund um den Amtsantritt floss nordamerikanischen Aktienfonds netto Kapital zu. Ungewöhnlich antizyklisch Das ist insofern ungewöhnlich, als Ameri- kas Leitindizes wie Dow Jones Industrial Ave- rage, S&P 500 sowie die Nasdaq-Indizes auf historischen Höchstständen notieren. Norma- lerweise agieren die meisten Investoren kei- neswegs antizyklisch: Nach starken Anstiegen wird gekauft und nach massiven Verlusten verkauft. Dass US-Papiere trotz der Rally so unbeliebt sind, spricht also eher für sie. Allerdings sind US-Aktien derzeit im histo- rischen Vergleich auch schon reichlich hoch bewertet. Eine aktuelle Auswertung von Fide- lity ergab für den S&P 500 Index auf Basis der in zwölf Monaten erwarteten Unterneh- mensgewinne ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 17,5. Das ist die höchste Be- wertung seit dem Jahr 2004 beziehungs- weise seit der Dotcom-Blase Ende der 1990er-Jahre. Carsten Roemheld, Kapital- marktstratege bei Fidelity International, glaubt nicht, dass der Höchststand schon erreicht ist, meint aber: „Das könnte in den nächsten zwölf bis 18 Monaten der Fall sein.“ Derzeit stütze das Gewinnwachstum die Aktienmärkte noch. Im Unterschied zu früheren Phasen, etwa während der Tech- nologieblase, haben sich die Aktienbewer- tungen noch nicht in beängstigendemAus- maß von den Unternehmensgewinnen ab- gekoppelt, konstatiert Roemheld. Auch die Investmentgesellschaft Capital Group glaubt nicht, dass der Bullenmarkt schon vorbei ist. „Entwicklungen wie die europäische Staatsschuldenkrise, der Ölpreis- verfall, der Abschwung in China und das Bre- xit-Votum hätten den Aktienmarktaufschwung bremsen können, aber US-Aktien blieben stabil“, stellte das Unternehmen jüngst in einem Marktausblick fest. Als möglicher Aus- löser einer Trendwende an der Wall Street wird eine stärkere Erhöhung der US-Leitzin- sen gesehen, weil dies die Liquiditätshausse stoppen könnte. Diese Gefahr wird derzeit aber nicht als akut betrachtet. Die US-Noten- bank bemüht sich nach der ersten moderaten Anhebung der Leitzinsen Ende des Vorjahres darum, den Märkten möglichst schonend klar- zumachen, dass die Tiefstzinsphase vorüber ist. Mit allzu aggressiven Schritten rechnet derzeit aber niemand. Nach der Wirbelsturm- katastrophe Anfang September tauchten sogar rasch Spekulationen über eine neuerliche Lok- kerung der Zinsen auf. Euroland als Alternative All das kann aber nicht darüber hinwegtäu- schen, dass der aktuelle Bullenmarkt mit einer Dauer von mehr als 100 Monaten der zweit- längste der Nachkriegszeit ist. Mit jedem neuen Indexrekord wächst auch das Risiko eines Rückschlags. Schon im Juni warnte Marc-Oliver Lux von der Vermögensverwal- tung Dr. Lux & Präuner davor, dass der US- Aktienmarkt reif für eine Korrektur zu sein scheine. Als möglicher Auslöser ortete Lux den Zustand der Regierung: „Was momentan im Weißen Haus passiert, klingt selbst für Nicht-Insider nach ziemlich chaotischen Zu- ständen“, so Lux. Angesichts der innen- und außenpolitischen Probleme der Trump-Admi- nistration werden auch deren Ankündigungen bezüglich Infrastruktur- und Steuerprogramm angezweifelt – und die gelten als Treibstoff der jüngsten Indexrekorde. „Die Hoffnungen aus Trumps Versprechun- gen stecken noch immer in den Kursen, aber der Geduldsfaden der Börsianer wird dünner“, befürchtet der Investmentmanager. Er hält eu- ropäische Titel dagegen für umso interessan- ter: „Europa könnte endlich den Schwung bekommen, um den sich die Europäische Zentralbank mit ihrer expansiven Geldpo- litik seit Jahren vergeblich bemüht.“ Dass Euroland-Aktienfonds derzeit eine beliebte Alternative zu sein scheinen, zeigt sich auch in der Statistik von Mountain View: Seit Jahresbeginn steckten Anleger über drei Milliarden Euro in diese Fondsgruppe. Das sind im Jahresvergleich die höchsten Zuflüsse seit Beginn der Mountain-View- Aufzeichnungen zu den Mittelzu- und -ab- flüssen im Jahr 2008. CORNELIA FUSSI | Die Tabellen zu diesem Artikel finden Sie auf der nächsten Seite . FP Mittelaufkommen US-Aktienfonds Fonds mit US-Aktien verzeichneten in den letzten Jahren fast ununterbrochen Abflüsse. Seit 2015 gab es nur drei Monate, in denen frisches Geld in die Kategorie floss. Quelle: Mountain View Foto: © Fidelity Die wichtigsten amerikanischen Aktienindizes notieren nahe ihrer Rekordstände. Dennoch laufen den Fonds, die in US-Titel investieren, die Anleger davon. Flucht aus einem Bullenmarkt Carsten Roemheld, Fidelity: „Der Höchststand bei US-Aktien ist vermutlich noch nicht erreicht.“ -3,0 -2,0 -1,0 0 1,0 2,0 3,0 2016 ’17 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 ’08 Mrd. Euro

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