FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2016

ben den Fondslisten, die in Wien erstellt wer- den gibt es offensichtlich auch auf Ebene der Landesbanken eigene Pläne für künftige Fremdfondslisten. Michael Karl Sulzbacher, Leiter des Private Banking der Raiffeisenbank Attersee, ist Mitglied einer Arbeitsgruppe der Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich zu diesem Thema und erklärt: „Wir versuchen derzeit, eine möglichst breite Produktpalette an Fonds für den Endkunden zu klassifizieren. Dabei stimmen wir die Produkte auf die je- weilige Beraterkompetenz ab. Künftig werden ja nicht nur die Produkte eingestuft, sondern auch die Berater. Der Berater darf nur Produk- te verkaufen, die er auch versteht, was ich für durchaus sinnvoll erachte.“ Wie die Liste der Oberösterreicher im Detail aussehen wird, kann der Private Banker derzeit noch nicht sa- gen, was Sulzbacher allerdings bereits weiß, ist, dass es für die Fondsanbieter im Hinblick auf Mifid II jedenfalls schwieriger werden wird, auf die Masterlisten zu kommen. Auswirkungen von Mifid II Etwas klarer wird die Sache, wenn man mit dem Regulierungsexperten Christoph Ober- mair von PwC Österreich spricht: „Die Ban- ken sind derzeit mitten im Vorbereitungs- prozess auf Mifid II. Banken und Produkt- anbieter müssen ab 2018 die Zielmarktdefi- nition in einer Art gemeinsamen Prozess be- stimmen, das wird noch eine gewisse Her- ausforderung. Die Banken werden eine stärkere Trennung zwischen beratungsfreiem und Beratungsgeschäft machen. Der Umfang des Produktportfolios, das die Bank einem Kunden künftig zu Verfügung stellt, wird meiner Meinung nach deutlich zurückgehen.“ Im Detail sieht Mifid II vor, dass Fondsanbie- ter in Zukunft sogenannte „Zielmärkte“ defi- nieren müssen, sie müssen also festlegen, für welche Kundengruppe mit spezifischen Bedürfnissen, Eigenschaften und Zielen ein Finanzinstrument geeignet ist – und für wel- che nicht. Gefordert werden zudem Szena- rioanalysen, um herauszufinden, wann End- anleger mit einem schlechten Investment- ergebnis zu rechnen haben. Die Anbieter müs- sen beispielsweise erläutern, wie sich das Pro- dukt bei verschiedenen Marktentwicklungen verhalten wird und was passiert, wenn das Unternehmen oder eine involvierte dritte Par- tei in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Die Konzepteure sollen ihre Produkte außerdem kontinuierlich überwachen. Berücksichtigt werden muss dabei jedes Ereignis, das das potenzielle Risiko für den Zielmarkt wesent- lich tangieren könnte. Im Blick behalten müs- sen die Anbieter zudem, ob ihr Produkt tat- sächlich an die Kunden vertrieben wird, für die es gedacht und geeignet ist. Ähnliche Verpflichtungen gibt es auch für die Banken. Diese müssen außerdem dar- legen, dass ihre Vertriebsstrategie zum identi- fizierten Zielmarkt passt. Obermair: „Das Ab- gleichen des Zielmarktes des Produktanbieters mit den eigenen Definitionen der Bank wird eine schwierige Sache, da es keine einheitli- che EU-weite Regelung gibt.“ Wichtig ist zudem, dass für die „Product Governance“ letztlich die Bank geradesteht. Die Richtlinie verpflichtet die Bank zudem sicherzustellen, dass „relevante Produktinfor- mationen vom Konzepteur an den Endvertrei- ber in der Vertriebskette weitergegeben wer- den. In der Praxis werden Fondsanbieter und Banken also deutlich enger zusammenarbeiten müssen als bisher. Das wiederum macht das Angebot einer wirklich breiten Produktpalette viel aufwendiger. Eine Konsequenz könnte sein, dass sich die Institute zunehmend auf die Fonds einiger großer Anbieter beschränken, die sie mit den benötigten Informationen ver- sorgen können. Eine „offene Architektur“ im Fondsvertrieb scheint also in weite Ferne zu rücken. Einen interessanten Einblick liefert in diesem Zusammenhang auch der aktuelle Verbandsbericht der österreichischen Landes- Hypothekenbanken (siehe Kasten). Dort wird relativ klar erklärt, welche Auswirkungen man sich von Mifid II erwartet: „Unter diesen Umständen ist es daher eine große Herausfor- derung für die Kreditwirtschaft, eine Ein- schränkung der Produktauswahl, insbesondere im Verbrauchergeschäft, aus Kostengründen zu vermeiden.“ Und auch Sulzbacher ist sich sicher, dass der Fremdfondseinsatz künftig nur noch im Bereich der sehr gehobenen Privatkunden respektive im Private Banking möglich sein wird. Für alles, was knapp darunter angesie- delt ist, wird man sich eigene Lösungen über- legen müssen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel der Einsatz einer Vermögensverwal- tung. Bei der Bank Austria wird man laut Vorstand Robert Zadrazil ab 2017 für Privat- kunden ein privates Vermögensmanagement ab 100.000 Euro sowie private Vermögens- verwaltungsfonds ab 50.000 Euro vorstellen (siehe Interview ab Seite 202). GEORG PANKL, AZIM EL-MORSI | FP 200 www.fondsprofessionell.at | 4/2016 bank & fonds I drittfondsver trieb Mifid II und die Auswirkungen auf die Bankberatung – Auszug aus dem aktuellen Hypoverbandsbericht Folgendes liest man im aktuellen Verbandsbericht der österreichischen Landes-Hypothekenbanken im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen von Mifid II auf das Beratungsgeschäft: Der Kunde ist zukünftig darüber zu informieren, ob das Kreditinstitut eine unabhängige oder abhängige Beratung anbietet. Eine Beratung darf in Zukunft nur dann als unabhängig bezeichnet werden, wenn eine ausreichend breite Palette an Produkten unterschiedlicher Produktanbieter bewertet wurde, bevor eine persönliche Empfehlung abgegeben wird. Der Berater darf sich nicht auf Finanzinstrumente be- schränken, die von Einrichtungen emittiert oder angeboten wurden, die in enger Verbindung zum Institut stehen. Für die unabhängige Beratung und das Portfoliomanagement besteht (mit wenigen Ausnahmen) ein Verbot, Zuwendun- gen von Dritten für die WP-Dienstleistung zu behalten. Alle Gebühren, Provisionen oder anderen monetären Vorteile sind dem Kunden ohne Verzug zu erstatten. Bei nichtunabhängiger Beratung ist der Erhalt qualitäts- verbessernder Zuwendungen grundsätzlich erlaubt, sofern Anleger darüber regelmäßig informiert werden. Umfang- reiche neue Pflichten sind im Zusammenhang mit der Pro- dukteinführung und -beobachtung geplant, um sicherzu- stellen, dass die richtigen Produkte zum richtigen Kunden gelangen (Vermeidung von Misselling). Emittenten müssen Produktgenehmigungsprozesse einrichten, für jedes Pro- dukt Zielmarkt und Zielkundschaft definieren und Stress- tests sowie Kostenstrukturanalysen erstellen und den Kun- den gegenüber transparent machen. Auch der Vertreiber des Produkts hat vergleichbare Verfahren und Prüfungen für die Produktauswahl und den dafür geeigneten Zielmarkt durchzuführen (Know-your-Product-Prinzip; Vertriebsstra- tegie) und sämtliche dafür notwendigen Unterlagen beim Emittenten zu beschaffen. Die diesbezügliche Zusammen- arbeit zwischen Produkthersteller und -vertreiber wird in der Praxis intensiviert werden müssen. Wesentliche Aus- wirkungen auf betriebsinterne Prozesse sowie auf die stra- tegische Ausrichtung des Kreditinstituts haben insbeson- dere die neuen Anforderungen im Bereich der Zuwendun- gen und Gebühren sowie der Product Governance. Daher ist die Möglichkeit der Abstimmung mit der Aufsicht über die Bundeskreditsparte von besonderem Interesse, um mehr Rechtssicherheit bei der Neuausrichtung zu erzielen. Vor allem die erweiterten administrativen Verpflichtungen bei Dokumentation und Meldung erhöhen den Kosten- druck auf Anbieter, wodurch zwangsläufig die Kosteneffi- zienz im Beratungsgeschäft an Bedeutung gewinnen wird. Eine strikte Trennung von Informationserteilung und Bera- tung wäre die Folge. Dies gilt insbesondere für die Bera- tung ertragsschwacher Verbraucherkunden. Je mehr regu- latorische Vorgaben zu erfüllen sind, desto stärker wird der Trend zur Standardisierung zulasten maßgeschneiderter Veranlagungslösungen. Unter diesen Umständen ist es daher eine große Herausforderung für die Kreditwirtschaft, eine Einschränkung der Produktauswahl, insbesondere im Verbrauchergeschäft aus Kostengründen zu vermeiden.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=