FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2016

Auswahl von Investmentprodukten und Produktpartnern völlig freie Hand zu lassen, arbeiten sie mit Systemen, die das Angebot zwar einschränken, dank der Größe der Produktpartner und der tiefgehenden Über- prüfung dieser Zulieferer jedoch einen guten Kompromiss darstellen. Auf der einen Seite gibt es Institute wie die Bank Austria, die auf ein System mit Preferred Partners setzt, und zum anderen gibt es die Erste Bank und den Raiffeisen-Sektor, die mit Masterlisten ar- beiten. Preferred Partners Bei der Bank Austria finden sich unter die- sen Zulieferern derzeit Allianz Global Inves- tors, Blackrock, DeAM, Fidelity, Goldman Sachs, Invesco, J.P. Morgan, Pictet, Pimco, Pioneer Investment und Schroders. Diese Unternehmen, so erklärt man bei der Bank Austria, „zeichnen sich durch beste Referen- zen, ein umfassendes Angebot an Fonds- produkten und besondere Expertise in einzel- nen Anlageklassen aus“. Hat man es in diesen auserwählten Kreis geschafft, sucht das Asset-Allocation-Team der Bank aus dem Fondsuniversum dieser Anbieter jene Fonds aus, die am besten zur Marktmeinung der Bank-Austria-Experten passen. „Aus den so selektierten Fonds wird für jede Risikostufe ein Musterportfolio er- stellt, an welches die jeweiligen Kundenport- folios angeglichen werden“ , erklärt die Bank. Die so gewonnenen Fondsportfolios kommen bei der Bank Austria allerdings nur im Private Banking zum Einsatz, wo man als Kunde schon ein freies Vermögen von 500.000 Euro oder mehr mitbringen muss. Diese Klientel unterstützt die Bank dafür aber bei der Fonds- auswahl: „Unsere Anlageexperten des Private Banking analysieren die Fondsprodukte syste- matisch und umfassend nach quantitativen und qualitativen Kriterien. Die quantitative Analyse umfasst vor allem die Performance und die Risikokennzahlen. Bei der qualitativen Analyse werden detaillierte Faktoren wie die Investmentphilosophie, der genaue Invest- mentprozess, das Risikomanagement, die Er- fahrung und Kompetenz des Fondsmanage- ments, Kosten, Liquidität, steuerliche Trans- parenz und vieles mehr untersucht. Für Pri- vatinvestoren sind diese Informationen meist in dieser Form gar nicht oder nur sehr schwer zugänglich.“ Die Fondsauswahl wird auch nach der Erstselektion einer regelmäßi- gen Kontrolle unterzogen. Bei außergewöhn- lichen Ereignissen erfolgt diese Überprüfung auch außertourlich. Masterliste Einen völlig anderen Weg geht die Erste Bank. „Wir haben keine Preferred Partners, sondern verfolgen bei der Erstellung der aktiven Produktpalette die Strategie einer Guided Open Architecture“, erklärt Edwin Trieblnig, Head of PM Securities Products bei der Erste Bank, der mit seinem vierköpfigen Team für die Fremdfondsauswahl zuständig ist. Diese erfolgt gemäß dem „Best of Funds“- Selektionsprozess. Dieser ebenfalls mehrstu- fige Auswahlprozess basiert auf einer qualita- tiven und quantitativen Prüfung unter Berück- sichtigung der regulatorischen und steuer- rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Aktua- lisierung der Produktpalette erfolgt quartals- weise, anlassbezogen auch häufiger. Es gibt laut Trieblnig zwar keine von vornherein fest- gelegte maximale Anzahl an Fonds, derzeit Umfasst die Liste allerdings nur bis zu 80 Fremdfonds. Und viel länger wird die Liste wohl auch in Zukunft nicht werden. Auswirkungen von Mifid II Denn wo die Reise hingeht, zeigt sich be- reits am Beispiel der Raiffeisenbanken. Dort gab es bisher eine umfangreiche von der RZB erstellte Liste, bei der ein Best-in-Class-An- satz zum Einsatz kam. Mittlerweile erstellt die Raiffeisen Bank International diese Mas- terliste, und diese erklärt auf Nachfrage: „Das Thema ist derzeit im Hinblick auf die Mifid- II-Aufstellung in Diskussion. Im aktuellen Sta- dium können wir zu den Fragen nicht Stellung nehmen.“ Neben der RBI-Liste gibt es seit dem vergangenen Jahr auch eine Drittfonds- liste der Raiffeisen KAG, die etwa beim Raiffeisen Private Banking NÖ-Wien zum Einsatz kommt. Bei der Vorstellung der Mas- terliste Mitte 2015 umfasste diese 33 Fonds aus 16 verschiedenenAssetklassen. Raiffeisen- KAG-Geschäftsführer Rainer Schnabl erklärte damals, dass sich die Fonds permanent auf dem Prüfstand befinden und die Masterliste jederzeit verändert werden kann. Und Gaston Giefing, Leiter des Raiffeisen Private Banking NÖ-Wien, gab damals an, dass die Entschei- dung, bei der Beratung ausschließlich auf die Liste der Raiffeisen KAG zu setzen, bereits eine Reaktion auf die neuen Regulatorien sei, die Mifid II mit sich bringen wird: „In Zu- kunft wird man genau erklären müssen, wa- rum man gerade jenen Fonds ausgewählt hat, da macht es Sinn, auf die Expertise der Raiff- eisen KAG zu setzen“, so Giefing damals. Etwas mehr als ein Jahr später gibt man sich auch bei der Raiffeisen KAG zugeknöpft, wenn man nach der aktuellen Drittfondsliste fragt. „Die Drittfondsliste wird derzeit neu aufgesetzt und auch im Hinblick auf Mifid II evaluiert. Als Fondskompetenzcenter der Raiffeisenbankengruppe ist es unsere Aufga- be, unsere Partner mit einer validen Liste von Fremdfonds zu servicieren. Wenn die Struktur der neuen Empfehlungsliste steht, können wir gern zu den Eckpunkten Stellung nehmen“, erklärt Schnabl, ohne näher auf die Hinter- gründe einzugehen. Tatsächlich dürfte das Thema derzeit den gesamten Raiffeisensektor beschäftigen. Ne- 199 www.fondsprofessionell.at | 4/2016 Edwin Trieblnig, Erste Bank: „Wir verfolgen die Strategie einer Guided Open Architecture.“ Karl Michael Sulzbacher, PB Attersee: „Der Berater darf nur die Produkte verkaufen, die er auch versteht.“

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=