FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2016
E in Mittwoch Ende Oktober, 8 Uhr in der Früh. Es ist der einzige Ter- min für den Rest des gesamten Jah- res, den Hans Joachim Reinke noch an- bieten konnte. An allen anderen Tagen ist der Vorstandschef von Union Investment schon ausgebucht. Am Vorabend war ein gutes Dutzend Volks- und Raiffeisen- banker zu Besuch, es wurde spät. Reinke sagt, er sei noch müde, doch er wirkt munter – und gut gelaunt wie immer. Herr Reinke, Union Investment hat im Juli 2015 die beiden Wiener Fondsanbieter Volksbank Invest und Immo Kapitalanlage übernommen. In Summe geht es um ein verwaltetes Vermögen von gut fünf Milliarden Euro. Welche Pläne haben Sie in Österreich? Hans Joachim Reinke: Unser Engage- ment im österreichischen Markt ist lang- fristig angelegt. Ich muss zugeben, dass ich anfangs eher skeptisch war. Ich hatte keine tiefen Kenntnisse des österreichischen Mark- tes und war unsicher, ob wir in diesem Markt überhaupt Fuß fassen können. Doch ich wur- de eines Besseren belehrt, nicht zuletzt dank der sehr guten Zusammenarbeit mit den Volksbanken. Heute muss ich sagen, dass sich das Geschäft hervorragend entwickelt. Die österreichischen Volksbanken sind uns mit ih- rer genossenschaftlichen Kultur sehr ähnlich. Das ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, verbunden mit einer großen Herzlichkeit – das macht richtig viel Spaß. Wie kam die Übernahme damals eigent- lich zustande? Volksbank Invest und Immo Kapitalanlage waren in den Verbund der Volksbanken inte- griert. Die größten Institute kamen auf uns zu mit dem Wunsch, dass sie im Fondsgeschäft mit uns zusammenarbeiten möchten – unter unserer Marke mit unserem in Deutschland be- währten Vertriebskonzept. Die Botschaft war: „Ihr kommt auch aus dem Genossenschafts- sektor, ihr versteht uns.“ Das Ergebnis ist eine sehr partnerschaftliche Zusammenarbeit. Was haben Sie geändert? Wir haben sofort begonnen, die gleiche Ver- triebsunterstützung wie in Deutschland aufzu- bauen, und haben auch unsere in Deutschland und Luxemburg aufgelegten Fonds in Öster- reich zum Vertrieb zugelassen. Um die Be- treuung der Banken kümmern sich nun sechs Kollegen. Einige meiner besten Leute sagten mir, sie hätten Lust, mal was Neues auszupro- bieren, und sind nach Österreich gegangen – als Abenteuer im positiven Sinne. Die bringen ihre gesamte Erfahrung ein, die sie in Deutschland sammeln konnten. Die Zufriedenheit ist auf beiden Seiten hoch, sowohl bei den Bankpartnern als auch bei uns. Noch ist Ihr Marktanteil in Österreich sehr klein. Gemessen an den Zahlen des Branchenverbands VÖIG kommen Sie mit Ihren Wertpapierfonds nur auf einen Marktanteil von 1,4 Prozent, während die großen Anbieter Erste Sparinvest und Raiffeisen Capital Management bei 19 und 16,6 Prozent liegen. Was ist Ihr Ziel? Unsere Strategie ist es, profitabel zu wachsen. Wir sind jetzt schon gut unter- wegs. Wirklich gestartet sind wir zu Be- ginn dieses Jahres, und bis Ende Septem- ber konnten wir im Retailgeschäft schon 170 Millionen Euro Neugeschäft verbu- chen. Hinzu kommen 240 Millionen Euro Nettoabsatz bei institutionellen Investoren. Um den kurzfristigen Erfolg geht es mir aber gar nicht, wichtig ist vielmehr, dass es sich um ein sehr, sehr langfristiges Commitment zu diesem Markt handelt. Nach der Finanzkrise musste Union In- vestment einige Jahre lang hohe Mittel- abflüsse hinnehmen. Seit dem Jahr 2012 geht es stetig bergauf. Woran liegt das? Im Wesentlichen an zwei Punkten: Erstens haben wir aus der Finanzmarktkrise unsere Lehren gezogen. Früher galt ein Depot, das je zur Hälfte aus Aktien und Renten bestand, als ausgewogen. Doch damals verloren Anleger damit rund 37 Prozent ihres Vermögens. Also war uns klar, dass wir künftig das Sicherheits- bedürfnis der Kunden anders adressieren müs- sen. Das mündete im Jahr 2010 in die Einfüh- rung unserer Privatfonds – ein sehr wichtiger Schritt für uns. Die Fonds gibt es in drei Stra- tegien: Wertsicherung, Volatilitätssteuerung und benchmarkfreies Asset Management. Alle Privatfonds geben den Anlegern ein klares vertrieb & praxis I hans joachim reinke | union investment Foto: © Axel Gaube „Wir haben das Geschäft für Hans Joachim Reinke , der Vorstandschef der größten deutschen Fondsgesellschaft Union Investment , über den Kauf der Volksbank Invest, den Absatzerfolg des Fondsanbieters in Deutschland, die zuletzt enttäuschende Performance einiger Blockbuster und die Frage, wie Geldanlage in zehn Jahren aussieht. 182 www.fondsprofessionell.at | 4/2016 » Ich hatte keine tiefen Kenntnisse des öster- reichischen Marktes und war unsicher, ob wir in diesem Markt überhaupt Fuß fassen können. Doch ich wurde eines Besseren belehrt … « Hans Joachim Reinke, Union Investment Hans Joachim Reinke Hans Joachim Reinke ist schon seit 1987 Genossen- schaftsbanker. Nach einigen Jahren bei der Volksbank Wachtberg wechselte der diplomierte Bankbetriebswirt vor einem Vierteljahrhundert als Vertriebsberater zu Union Investment. Nach mehreren Karriereschritten rückte er im Jänner 2004 in den Vorstand der Union Asset Management Holding auf und verantwortet seither das Privatkundengeschäft von Union Investment. Seit Juli 2010 steht Reinke als Vorstandsvorsitzender an der Spitze der gesamten Union-Investment-Gruppe.
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