FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

4 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 brief der herausgeber D as Dilemma an wirtschaftlichen oder technologischen Revo- lutionen besteht in der Regel darin, dass man im täglichen Leben sehr lange Zeit hindurch nicht bemerkt, dass sie statt- finden. Wer hätte vor zehn Jahren vermutet, dass ein amerikanischer Internetbuchhändler namens Amazon eines Tages sogar Kartoffel- chips versendet und damit dem lokalen Lebensmittelhandel Konkur- renz machen würde? Die Anbieter aktiv verwalteter Investmentfonds befinden sich aktuell möglicherweise in einer solchen Umstellungs-, um nicht zu sagen Niedergangsphase. Es ist denkbar, dass man in zehn Jahren keine Fonds mehr verkaufen können wird, die im We- sentlichen bekannte Indizes abbilden und dafür 2,5 Prozent Kosten pro Jahr veranschlagen. Im institutionellen Geschäft ist das heute schon schwierig, und im Privatkundengeschäft wird es unter Um- ständen sogar der Vertrieb sein, der in einer Regelwelt, die von „Best Advice“ und „Best Execution“ bestimmt ist, aus Angst vor Haftungen auf solche Produkte verzichtet. Sind das jetzt gute oder schlechte Nachrichten? Vermutlich sowohl als auch, denn das Geschäft, das jene Anbieter verlieren, deren Produkte nur pseudoaktiv sind, fließt entweder in passive Fonds oder zu jenen Vermögensverwaltern, die mit ihrer Leistung einen Mehrwert produzieren, der für die damit ver- bundenen Kosten entschädigt. Was ist mit der Theorie, die besagt, dass das gar nicht geht, dass kein Manager auf lange Sicht den Gesamtmarkt schlagen kann? Nun, bekanntlich kann man mit Statis- tik so ziemlich alles und auch das Gegenteil davon beweisen. Ent- sprechende Untersuchungen – meist in den USA – verglichen die Wertentwicklung einer mehr oder weniger großen Anzahl von aktiven Fonds und stellten fest, dass die meisten beziehungsweise sogar alle schlechter abschnitten als ihre Vergleichsindizes. Gäbe es nur diese Analysen, müsste man annehmen, dass aktive Fondsverwaltung tatsächlich verlorene Liebesmüh ist, allerdings gibt es auch andere Forschungsergebnisse – und die deuten darauf hin, dass es durchaus Manager gibt, die ihr Geld wert sind. Beachtenswert ist darunter eine in diesem Jahr publizierte Arbeit (There’s no subsitute for skill) von Robert Almeida, Institutional Portfolio Manager beim Vermögens- verwalter MFS Investment Management mit Sitz in Boston. Laut Almeida kann man potenziell erfolgreiche aktive Manager an einigen Details erkennen. Das wichtigste davon ist die Kennzahl „Active Share“, die systematisch erfasst, wie hoch die Gewichtungsunter- schiede zwischen Fonds- und Indextiteln sind. Salopp könnte man sagen: Je geringer der Wert, umso weniger strengt sich der Manager an. Ein weiteres wesentliches Merkmal nennt er „Conviction“ (Über- zeugung), worunter – wieder vereinfacht dargestellt – eine geringe Umschlagshäufigkeit der Titel im Fonds gemeint ist. Die Logik da- hinter ist nicht schwer zu verstehen: Wer ständig kaufen und verkau- fen muss, liegt offenbar häufig daneben. Interessant ist demnach auch ein Performancevergleich in schwierigen Marktphasen. Wenn der Gesamtmarkt steigt, ist es fast unmöglich, eine Outperformance zu erzielen. In Perioden wie dem Sommer 2015 sollte hingegen erkenn- bar sein, wer die „solideren“ Aktien im Portfolio hält. Und schließlich glaubt der MFS-Manager auch, dass der Prozess der Entscheidungs- findung im Fondsmanagement eine wesentliche Erfolgsgrundlage darstellt. Verkürzt kann man hier sagen, dass hier vor allem die Nach- vollziehbarkeit und damit auch die Wiederholbarkeit von Entschei- dungen ausschlaggebend sind. Die Analyse der MFS-Manager deckt sich mit Ergebnissen einer Untersuchung von Martijn Cremers. Er gilt als der Erfinder des Active-Share-Konzepts und publizierte 2014 gemeinsam mit Ankur Pareek eine ähnliche Studie zum selben The- ma. Ausgewertet wurden dazu Renditen, Active Share und Haltedauer aktiver US-Aktienfonds-Manager von 1995 bis 2013. Das Ergebnis war eindeutig: Manager, die sowohl betreffend Active Share als auch Haltedauer im obersten Fünftel liegen, ließen in den darauffolgenden zwölf Monaten ihre Benchmarks um 1,92 Prozent hinter sich. Ein hoher Active Share bei geringer Haltedauer oder die umgekehrte Kombination bewirkten jeweils eine Underperformance (-1,22 % bzw. -0,90 %). Geringe Umschlagshäufigkeit und niedriger Active Share „erwirtschaften“ 1,6 Prozentpunkte negative Rendite. Man muss sich also von den Jüngern des passiven Investments nicht entmutigen lassen: aktives Management funktioniert, wenn die verantwortlichen Personen ihr Handwerk verstehen. Diese Leute zu finden ist eine Aufgabe, die nach wie vor nur „aktive“ Finanzberater bewältigen können – wir werden Sie dabei weiterhin tatkräftig unter- stützen. Bis zur kommenden Ausgabe wünschen wir Ihnen einen erfolgreichen Herbst. Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Eine Analyse der US-Investmentgesellschaft MFS zeigt, dass aktive Manager den Markt langfristig sehr wohl schlagen können. Ein Job für Berater Mamdouh El-Morsi, Gerhard Führing

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=