FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

316 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 steuer & recht I fondsdatenbanken Foto: © Dreamstime.com D as menschliche Gehirn verarbeitet Bil- der wesentlich schneller als Text. Um ihre Bedeutung zu erfassen, benötigen wir lediglich einen kurzen Blick. Nichts an- deres passiert bei einem Chartvergleich. Hun- derte Datenpunkte werden meist in Form zweier Linien visualisiert und liefern dem Betrachter in Sekundenschnelle eine Ent- scheidungsgrundlage. Ein unerlässliches und täglich tausendfach genutztes Werk- zeug für Anleger und Berater, die sonst mühevoll endlose Zahlenkolonnen wälzen müssten. Doch das Ergebnis ist nur so weit belastbar, wie es die Qualität der Daten erlaubt. Vor allem das Internet erweist sich dabei gern als Hort vermeintlich sicherer Quellen, die mit unzulänglichen Informa- tionen ahnungslose Nutzer aufs Glatteis füh- ren. So auch in einem Fall, der an die Redak- tion herangetragen wurde. In der Sache geht es um die abweichende steuerliche Behand- lung von inländischen und ausländischen thesaurierenden Fonds und deren Vergleich- barkeit. Thesaurierer? Da war doch was! Richtig, deshalb zunächst ein kleiner Exkurs. Quellensteuerabzug Bei thesaurierenden Fonds gelten die Erträ- ge zum Geschäftsjahresende des Fonds als zugeflossen. Für inländische, also in Deutsch- land domizilierte Fonds, gilt dabei, dass die Kapitalertragsteuer automatisch am Ende des Geschäftsjahres abgeführt wird. Hierfür stellt der betreffende Fonds die sogenannte Steuerliquidität zur Verfügung. Den auf den einzelnen Anleger entfallenden tatsächlichen Steuerbetrag führt die deutsche Zahl- stelle des Fonds ans Finanzamt ab. Der Anteilspreis sinkt infolgedessen um die aus dem Fonds abgeflossene Steuer- liquidität (siehe Kasten). Auch bei den ausländischen thesau- rierenden Fonds gelten die Erträge zum Geschäftsjahresende als zugeflossen. Ein Abschlag auf den Anteilspreis er- folgt aber nicht, da keine Kapitalertrag- steuer abgeführt wird. Die Erträge müs- sen deutsche Anleger in ihrer Einkom- mensteuererklärung angeben. Will man die Wertentwicklung beider Fondsgruppen verglei- chen, wird dieser aspekt zum Pro- blem. Performancekorrektur Die Datenanbieter behelfen sich oft mit einem Kniff: Sie behandeln den Quellen- steuerabzug eines deutschen Fonds wie eine Ausschüttung – und ignorieren sie bei der Berechnung der Performance. Wenn nicht, ergibt sich ein falsches Bild, wie das Beispiel des Mischfonds Top Defensiv Plus auf dem Portal der Comdirect Bank zeigt. Zum Geschäftsjahresende 2014 betrug der Quellensteuerabzug auf Fondsebene 41 Euro- Cent. Um diesen Betrag fiel der Nettoinven- tarwert des Top Defensiv Plus am 1. Ok- tober 2014 – von 59,09 auf 58,68 Euro. Das entspricht einem Perfor- manceverlust von 0,7 Prozent, was sich in der Chartdarstellung mit bloßemAuge erkennen lässt. Wäre der Fonds in Lu- xemburg domiziliert, hätte es keinen Abschlag gegeben. Für 2014 gibt Comdirect im Chart die Jahres- performance mit 3,46 Prozent an. Tatsächlich müsste sie – um den Steuereffekt bereinigt – bei 4,24 Pro- zent und damit um 78 Basispunkte höher liegen. Für einen defensiv ausgerichteten Mischfonds im aktuellen Nullzinsumfeld ist das eine relevante Größenordnung. Fehlerquelle Während in den Datenbanken von Mor- ningstar, Lipper oder software-systems.at der korrekte Wert von 4,24 Prozent auswiesen wird, erfolgt auf den Seiten von DAB Bank und Consorsbank ebenfalls keine Steuerkor- rektur, weder im Kurs- noch im Performance- chart. Eine tabellarische Performanceangabe gibt es nicht. Kein Zufall – wie auch Com- direct beziehen beide Banken ihre Fondsdaten von Interactive Data Managed Solutions. Das Unternehmen nimmt wie folgt Stellung: „ Zur Berechnung der Fondsperfor- mance gehen wir nach der BVI-Metho- de vor, das heißt, Auszahlungen werden am Ausschüttungstag reinvestiert. Eine Adjustierung in Bezug auf die abgeführ- te Quellensteuer erfolgt nur dann, wenn diese Daten vorliegen. Leider erhalten wir diese Daten von den KVGen und sonstigen Lieferanten derzeit nicht für alle Fondsprodukte.“ Mittlerweile habe man aber einen Prozess aufgesetzt, um die Daten zur abgeführten Quellen- steuer künftig vollständig zu erhalten. Fazit: Es empfiehlt sich, mehrere Fondsportale zu nutzen – und darauf zu achten, dass die Daten von unterschied- lichen Anbietern stammen. Nur so lassen sich mögliche Fehlerquellen vermeiden. R. MiCHael Knust | FP Fondsvergleiche via Chart sind für Finanzberater ein unerlässliches Hilfsmittel. Blind sollte man sich aber nicht auf die Grafiken verlassen. Daten falle Optische Täuschung Sowohl die Vermögensallokation als auch die Kosten der beiden thesau- rierenden Fonds A (inländisch) und Fonds B (ausländisch) sind exakt gleich. Der Vermögenszuwachs nach Steuern ist für einen Anleger in beiden Fällen identisch. Bei Fonds A erfolgt der Steuerabzug direkt auf Ebene der Fonds- gesellschaft (Steuereffekt), bei Fonds B muss der Anleger seine Erträge selbst deklarieren. Die Folge ist ein Knick im Kursverlauf von Fonds A, wo- durch Fonds B optisch besser und ertragreicher wirkt. Zudem erscheint Fonds A durch die höhere Volatilität riskanter als sein ausländisches Pen- dant. Um den irreführenden Effekt zu vermeiden, erfolgt die Berechnung der Performance bei den meisten Datenanbietern steuerneutral. 104 % 103 % 102 % 101 % 100 % Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov Dez Fonds A Fonds B Steuereffekt Werden die Daten nicht sauber geliefert, schnappt die Falle zu.

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