FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

292 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 bank & fonds I scharia-banking Foto: © KT Bank, Volker Nienhaus, Booz & Company G ut zwei Jahre nach Antragstellung und intensiven Vorarbeiten war es im Früh- jahr so weit: Mit der KT Bank erhielt erstmals eine islamische Bank von der Fi- nanzaufsicht BaFin eine Lizenz für das Bank- geschäft in Deutschland. Mitte Juli öffnete eine Niederlassung des Kreditinstituts offiziell ihre Pforten in Frankfurt. Den Start feierte man an einem Abend unter Palmen – mit Gästen aus aller Welt, Sufi-Musik und einer Kalligrafieausstellung. Dass der Antragsprozess so lange gedauert hat, liegt an den Besonderheiten des islami- schen Bankensystems. Egal ob Soll oder Haben: Islamic Banking kommt ganz ohne Zinsen aus. „Allah hat den Handel erlaubt, aber Zinsen verboten“, so Islamic-Banking- Experte Volker Nienhaus, der an der Univer- sität in Marburg gelehrt hat. „Das klassische islamische Wirtschaftsrecht kennt keine kom- merziellen Darlehensverträge. Kredite werden in Kauf- und Mietverträgen geregelt, die Fi- nanzierungskomponenten – beispielsweise Ratenzahlungen – beinhalten.“ Auch auf der Passivseite sind nicht alle Anlageformen er- laubt: Islamische Banken oder Produkte dür- fen beispielsweise nicht in die Waffenindus- trie, Alkoholhersteller oder in das Glücksspiel investieren. Hoch verschuldete Betriebe sind ebenso tabu wie Firmen, die Schweinefleisch verarbeiten oder damit handeln. „Wir haben als Pionier ein bisher unbe- kanntes Geschäftsmodell in Deutschland ein- geführt und behördlich abgesichert“, erklärt Kemal Ozan, Vorstandschef der KT Bank. „Islamic Banking steht für Investition in die Realwirtschaft, ethische Nachhaltigkeit und den Handel mit echten Werten.“ Über die Ein- haltung der Regeln wacht bei der KT Bank ein interner Ethikrat, der aus einem Rechtsan- walt und einem Islamwissenschaftler besteht. Das Kreditinstitut betritt hierzulande kein gänzlich unbekanntes Terrain, denn die türki- sche Mutter der KT Bank, die Kuveyt Türk Bank, besitzt bereits seit 2004 eine Repräsen- tanz in Hessen. Seit 2010 werden sogenannte Drittstaateneinlagen vermittelt. Dabei können Kunden von Deutschland aus ein Konto in der Türkei eröffnen und Überweisungen be- auftragen. Die mit rund 45 Millionen Euro Eigenkapital ausgestattete islamische Bank konzentriert sich neben dem Firmenkunden- vor allem auf das Privatkundengeschäft. Giro- konto, Raten- und Immobilienkredite gehören derzeit zum Produktangebot, das aber noch ausgeweitet werden soll. Ungewohnte Konstrukte Die Produkte, beispielsweise Anschaffungs- kredite, sind vom Ergebnis her mit den Ange- boten der westlichen Banken vergleichbar, nur der Weg dorthin ist ein anderer. Ein Beispiel: Beim Autokauf erwirbt die Bank den ge- wünschten Neuwagen für den Kunden und verkauft ihn anschließend mit einem Auf- schlag an ihn weiter. So umgehen die islami- schen Banker das Zinsverbot. Gleichzeitig verpflichtet sich der Autohändler in einem separaten Vertrag, weiterhin die Garantie zu leisten. Eine Herausforderung im islamischen Banking ist der Immobilienerwerb. Damit die Grunderwerbsteuer beim Kauf durch die Bank und beimWeiterverkauf an den Kunden nicht doppelt anfällt, gründet die KT Bank ge- meinsam mit dem Kunden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese Gesell- schaft erwirbt dann die gewünschte Immo- bilie. Mit jeder Rate, die der Häuslebauer an seine Bank zahlt, erhält er Anteile an der Gesellschaft übertragen. Ein Konstrukt, das aus Sicht westlicher Banker zwar ungewöhn- lich erscheint, aber sowohl rechtlich als auch steuerlich regelkonform ist und gleichzeitig den Grundsätzen des Islam entspricht. Auch das Feilschen um Anlagezinsen ge- hört nicht zum islamischen Banksystem. Spa- rer werden zu Teilhabern gemacht – sie pro- fitieren vom Handels- und Beteiligungsge- winn der jeweiligen Bank. Beim sogenannten Beteiligungskonto der KT Bank partizipiert der Anleger mit seiner Einlage am Gewinn Mit der KT Bank eröffnet erstmals ein Kreditinstitut nach islamischem Recht in Deutschland. Für westliche Betrachter bleibt Scharia-Banking ungewohnt. Religiös motivierte Umwege Zur Eröffnung der KT Bank in Frankfurt reiste auch Hamad Abdulmohsen Al-Marzouq an, der Aufsichtsratsvorsitzende des Mutterkonzerns Kuwait Finance House. Er wählte traditionelle Kleidung statt Anzug und Krawatte. Wann ist eine AG islamkonform? • Zinseinkünfte und Erträge aus nicht schariakonformen Aktivitäten unter fünf Prozent des Gesamtertrags. • Maximal 33 Prozent Fremdkapital. • Debitorenbestände (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) liegen unter 45 Prozent des Gesamt- vermögens • Maximal 33 Prozent des Eigenkapitals bestehen aus liquiden Mitteln und zinsbasierten Wertpapieren. Quelle: Verband der Auslandsbanken in Deutschland

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