FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

bank & fonds I thilo balzer und thomas reicke | attrax 286 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 Foto: © Olivier Minaire B ranchenkenner schätzen, dass noch immer drei Viertel der deutschen Anleger ihre Fondsanteile über den Bankschalter beziehen. In der Regel sind das die Hausprodukte der Institute und einige Fremdfonds ausgewählter Partner. Vor allem das Lager der Genossenschafts- banken schottet sich in dieser Hinsicht ab: Die Verbundquote liegt hier jenseits von 90 Prozent. Jener Teil, der nicht in die Produkte von Union Investment fließt, wird über die Luxemburger Fondsplatt- form Attrax abgewickelt, die seit 2003 praktisch den gesamten Drittfondsvertrieb der mehr als 1.100 Volks- und Raiffeisen- banken betreut. Attrax agiere dabei aber keineswegs als Gatekeeper, sondern als Full- Service-Dienstleister, betonen die Geschäfts- führer Thomas Reicke und Thilo Balzer. Herr Reicke, wohl jeder Fondsanbieter würde sich für einen exklusiven Zugang zum Vertriebskanal einer Bank verbie- gen. Enorme Marketingzuschüsse soge- nannter Preferred Partners sind bei anderen Instituten gang und gäbe. Wie heftig sind denn die Avancen der Fonds- gesellschaften im Fall von Attrax? Thomas Reicke: Vergleichbare Avancen gibt es bei uns nicht, auch wenn diese Din- ge früher sicher eine ganz andere Qualität im Markt hatten. Es gibt bei Attrax keiner- lei Absatzvereinbarungen, weder in Rich- tung der Kapitalverwaltungsgesellschaften noch in Richtung der Volks- und Raiffei- senbanken. Unsere Architektur ist offen. Das Angebot an Drittfonds orientiert sich grundsätzlich an der Nachfrage der Genos- senschaftsbanken, die wir im Bedarfsfall mit unseren Vertriebsmitarbeitern und dem eigenen Research-Team unterstützen. Die- ses Grundverständnis ist extrem wichtig, weil es uns in die Lage versetzt, wirklich neutral agieren zu können. Wie viele Fonds sind auf der Platt- form gelistet? Thilo Balzer: Wir sprechen über etwa 13.000 Produkte von derzeit ziemlich genau 340 KVGs. Zwar könnten wir das Fondsuniver- sum aufgrund unserer Verträge deutlich aus- bauen, damit verbunden wäre allerdings auch ein unnötiger Kostenblock, den man vor sich herschiebt. Deshalb liegt unser Fokus eher auf einem bedarfsorientierten Fondsanlagepro- zess. Wenn es darauf ankommt, können wir sehr schnell auf die Nachfrage unserer Kun- den reagieren. Trotz oder gerade wegen des großen Universums erstellen Sie eine Favori- tenliste. Wie kommt diese zustande? Reicke: Zunächst einmal ist die Best- Select-Liste nur eine Option. Jede Bank entscheidet selbst, ob sie damit arbeitet, ebenso wie mit unserem webbasierten Unterstützungstool Fondsadvisor. Für die Liste filtern wir das gesamte Fondsuni- versum sowohl quantitativ als auch qua- litativ. Übrig bleiben ungefähr 100 Fonds in zirka 30 Anlagekategorien. Was genau bedeutet qualitativ? Reicke: Das bedeutet, dass die Kollegen in unserem Research-Team direkt mit den Portfoliomanagern Kontakt aufnehmen und unter anderem darauf schauen, ob die Anlage- strategie eines Fonds schlüssig ist und dem entspricht, was von Seiten der KVG vermittelt wird. Das aus unserer Sicht wichtigste Krite- rium der Liste ist, dass die enthaltenen Fonds besser laufen als der Markt. Unsere Treffer- quote liegt hier bei ungefähr 60 Prozent. Wie konstant ist die Liste? Reicke: Sehr konstant. Die Liste wird konti- nuierlich überprüft, wobei in der Regel jährlich maximal zehn Fonds ausgetauscht werden. In diesen Fällen müssen wir aber wirklich davon überzeugt sein, dass das Fondsmanagement langfristig underperfor- men wird. Unser Antrieb ist es nicht, den Fonds mit der absolut besten Performance zu bevorzugen, sondern immer in Relation zu dem, was am Kapitalmarkt möglich ist. Wenn wir in einem Segment bereits über drei, vier qualitativ gute Produkte verfügen und eine KVG mit einem ähnlichen Ange- bot an uns herantritt, lautet die Frage nicht „Seid ihr besser?“, sondern „Was macht ihr anders?“. Eine Best-Select-Liste von 200 Fonds ergibt wenig Sinn. Sollte ein be- stimmter Fonds nicht auf der Liste stehen, dann prüfen wir selbstverständlich auf Nachfrage einer Bank, ob er zumindest unsere Kriterien erfüllt. » Unser Auftrag besteht nicht darin, das Drittfondsgeschäft aktiv in die genossenschaftliche Welt zu tragen. « Thomas Reicke, Attrax Thomas Reicke | Thilo Balzer Thomas Reicke ist seit November 2010 Mitglied der Geschäftsfüh- rung der Attrax in Luxemburg. Der 44-jährige Diplom-Bankbetriebswirt stieß 2003 zur Attrax-Muttergesell- schaft Union Investment, wo er un- ter anderem als leitender Vertriebs- direktor der Union Investment Pri- vatfonds GmbH tätig war. Thomas Reicke und Thilo Balzer , Geschäftsführer der Fondsplattform Attrax , über das Drittfonds- geschäft mit den Volks- und Raiffeisenbanken, die Qualitäten der Fondsanbieter und die Frage, welchen Einfluss ein Provisionsverbot auf das eigene Geschäftsmodell hätte. Thilo Balzer ist ebenfalls seit 2010 Geschäftsführer der Attrax und da- rüber hinaus der Union Investment Financial Services, innerhalb der er das Backoffice der Fondsplattform verantwortet. Der 49-jährige Bank- kaufmann ist seit 29 Jahren in der DZ-Bank-Gruppe in verschiedenen leitenden Positionen tätig. „Wir haben eine Treffer

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