FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

260 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 vertrieb & praxis I absatzmarkt china Foto: © Shannon Fagan | Dreamstime.com C hinas Sparer erleben derzeit schmerz- lich, dass nach einem Börsenauf- schwung irgendwann die Stimmung kippt und die Kurse fallen. Seit dem Hoch im Juni ist der Shanghai A Index binnen wenigen Wochen um gut ein Drittel eingebrochen. Vier Billionen Dollar Marktkapitalisierung verpuff- ten. Die Kursrally im Reich der Mitte währte damit nicht lange. Erst Ende letzten Jahres hatte ein Ansturm auf die Inlandsaktien ein- gesetzt, nachdem Peking den abgeschotteten Kapitalmarkt weiter für ausländische Inves- toren geöffnet und die eigene Bevölkerung ermuntert hatte, Aktien zu kaufen. Enormes Potenzial Mit der Korrektur reift aber die Kapital- markterfahrung in dem Land. Dies kann am Ende auch westlichen Fondsgesellschaften in die Hände spielen. Denn seit Anfang Juli die- ses Jahres können ausländische Anbieter nicht mehr nur chinesische Wertpapiere kaufen, sie dürfen erstmals ihre Fonds auch Chinas Retailkunden anbieten. Damit eröffnet sich amerikanischen und europäischen Asset Ma- nagern ein riesiges Spielfeld. Das Land wan- delt sich vom reinen Investitionsziel zu einem Absatzmarkt. Allerdings unterliegt der Zugang noch Hürden sowohl regulatorischer als auch kultureller Art. Das Potenzial ist jedenfalls enorm: Die Volksrepublik zählt mehr als 1,3 Milliarden Einwohner. Trotz der kursierenden Sorgen um eine Konjunkturschwäche wächst die Volks- wirtschaft weiterhin, der Wohlstand nimmt zu. Das verfügbare Haushaltseinkommen in Städ- ten soll einer Schätzung der Beratungsgesell- schaft McKinsey zufolge bis 2020 auf mehr als 8.000 US-Dollar im Jahr klettern. Das pri- vate Geldvermögen summierte sich einer Analyse der Allianz zufolge 2013 auf 10,5 Billionen Dollar. Weltweit rückt die Nation damit beim kumulierten Vermögen auf Platz drei hinter den USA und Japan – noch vor Großbritannien und Deutschland mit 5,9 und 5,2 Billionen Dollar. Und mit mehr als 2.300 Millionären nimmt China Platz zwei der Hit- liste der Länder mit den meisten Millionären ein – nur übertroffen von den USA. In Investmentfonds stecken die Chinesen bislang noch relativ wenig ihres Ersparten. Im Jahr 2014 waren es nicht einmal 400 Euro pro Kopf. Zum Vergleich: Bei den als Sparbuch- liebhabern geltenden Deutschen waren es immerhin fast 10.000 Euro, gut ebenso viel bei den Österreichern. „Das meiste Geld liegt bisher auf Sparkonten oder zu einem kleinen Teil in Anleihen“, sagt Daniel Celeghin, Part- ner und Asien-Pazifik-Chef der auf Asset Ma- nagement spezialisierten Beratungsgesell- schaft Casey Quirk. Das wenige Fondsvermö- gen liege wiederum überwiegend in defensi- ven Geldmarktprodukten. „Chinas Potenzial haben viele Fondsgesellschaften schon lange ausgemacht. Die Perspektive, nun in den Markt auch eintreten zu können, versetzt viele Führungsetagen in Aufregung“, berichtet Celeghin aus Hongkong. Doch die Anbieter können nicht einfach ihre Vertriebskavallerie losgaloppieren lassen und ihre europäischen Fonds in China vertrei- ben, bremst Celeghin die Euphorie. Denn Pe- king hat längst nicht alle Mauern eingerissen – und wird das auf absehbare Zeit wohl auch nicht tun. Vielmehr müssen sich Asset Mana- ger durch ein Nadelöhr schlängeln, um Zu- gang zu den neuen Abnehmern zu erhalten: Hongkong. Dieser Kanal öffnet sich über ein Abkommen zwischen Peking und der Sonder- verwaltungszone. Demzufolge erkennen Fest- landchina und die Halbinsel wechselseitig ihre Börsen an. Zug um Zug dehnt sich dies auf weitere Marktsegmente der Handelsplätze Shanghai und Hongkong aus. Seit Anfang Juli können nun auch Publi- kumsfonds, die auf der Halbinsel zugelassen sind und dort reguliert werden, in Festland- china vertrieben werden – und umgekehrt. Einige Regeln schränken den Austausch aber ein: Unter anderem muss der Fonds ein Jahr Peking öffnet seinen Finanzmarkt. Asset Manager können nun erstmals Fonds an Privatkunden vertreiben, auch eine deutsche Gesellschaft ist mit dabei. Fonds republik China Chinesinnen beim Shopping: Neben italienischen Modeaccessoires oder Schweizer Uhren packen sich Chinas Konsu- menten künftig vielleicht auch westliche Investmentfonds in die Einkaufstüte. Verkaufskriterien in China Wichtige Punkte, die Fonds für den Vertrieb auf dem Festland erfüllen müssen: • in Hongkong zugelassen und überwacht • ein Jahr nachgewiesene Historie • Mindestvolumen von 200 Millionen Renminbi (umgerechnet rund 28 Millionen Euro) • Festlandchinesen dürfen nicht mehr als die Hälfte des Fondsvolumens halten • Der Einsatz von Derivaten ist verboten, außer für die Absicherung, etwa von Währungsschwankungen

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