FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

220 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 vertrieb & praxis I offene immobilienfonds Foto: © BawegPhotos | Dreamstime.com M üsste man den „größ- ten Profiteur der Fi- nanzkrise“ küren, dann wäre das wohl der Mischfonds. Aktuell sind die zehn absatzstärksten Produkte im freien Finanzvertrieb Fonds, die Aktien, Anleihen und Cash mixen und diese Strategie „vermögensverwal- tend“, „Multi-Asset“ oder „Absolute Return“ nennen. Eine Dominanz, die zugleich jene Lücke offenbart, die die Systemkrise der offenen Im- mobilienfonds in die Produkt- landschaft gerissen hat: Noch 2008 kamen sechs der 20 meist- verkauften Fonds der Makler- pools aus dem Lager der Im- mobilienfondsanbieter (siehe Grafik nächste Seite). Allen vor- an der Axa Immoselect, der im Jahr der Lehman-Pleite die Spitze der Topseller-Liste erklommen hatte. Was folgte, war ein beispielloser Kahlschlag, der in der Liquidation von mehr als einem Dut- zend Fonds gipfelte – darunter all jene, die über Jahre zum festen Repertoire der unab- hängigen Finanzberater (IFAs) zählten, denen sich seither nur wenige Alternativen bieten. Nicht nur für Kunden und Berater, auch für die Anbieter hatte das liquiditätsbedingte Aus der Vertriebslieblinge bittere Folgen: Die Mil- liarden, die Anleger seither in Mischfonds schleusten, flossen größtenteils an ihnen vor- bei. Selbst spartenübergreifend agierende Vermögensverwalter wie Axa Investment Managers (Axa IM) oder Credit Suisse traf die Krise ins Mark. Sowohl der Axa Immo- select als auch der CS Euroreal haben den Markenauftritt beider Häuser in Deutschland maßgeblich geprägt und Türen geöffnet. Ein Verlust, der sich nur schwer kompensieren lässt, vom Imageschaden ganz zu schweigen. Da werden Erinnerungen an Fidelity oder Franklin Templeton wach, die nach dem Ende der goldenen Ära ihrer Aktienfondsklassiker Jahre brauchten, um den damit verbundenen Bedeutungsverlust als Produktgeber im Ver- trieb wettzumachen. Fidelity nagt bis heute daran (siehe Interview auf Seite 202). Dezimiertes Angebot Umso erstaunlicher ist, dass die Immobi- lienfondsaktivitäten der von der Krise gebeu- telten Häuser noch immer weitestgehend auf Eis liegen. Dabei spräche vieles für ein Come- back, etwa die derzeitigen Absatzerfolge der im Markt verbliebenen Produkte, die in der Krise ebenfalls unter dem Vertrauensverlust der Anleger zu leiden hatten. Netto 1,9 Milliarden Euro haben offene Im- mobilienfonds in den ersten sechs Monaten dieses Jahres eingesammelt, mehr als doppelt so viel wie im gesamten Vorjahr (siehe Grafik Seite 224). Auch wenn das aktuelle Umfeld aus Zinstief und der Unsicherheit amAktien- markt seinen Teil dazu beigetragen haben dürfte, zeichnet sich doch eine spürbare Belebung des Segments ab. Die gesetzlichen Neuregelungen zu Haltedauer, Kündigungs- fristen und Freibeträgen für Altanleger haben sich ganz offensichtlich im Markt etabliert und schrecken bisher weit weniger Investoren von einer Neuanlage ab, als die Branche ur- sprünglich befürchtet hatte. Erstmals seit 14 Jahren ging im November die Deutsche Bank wieder mit einem offenen Immobilienfonds an den Start. Den eigenen Vertriebskanal im Rücken, sammelte der Grundbesitz Fokus Deutschland bislang 330 Millionen Euro ein. Im Lager der freien Vermittler und Vermögensverwalter herrscht dagegen nach wie vor ein Ungleichgewicht zwischen dem dezimierten Produktangebot und der po- tenziell großen Nachfrage. Und derzeit spricht wenig dafür, dass sich daran so schnell etwas ändern wird. Überraschender Rückzug Als bislang einzige direkt betroffene Gesellschaft wagte sich Kanam Grund aus der Deckung. Im Zuge der Krise hatte der Anbieter drei seiner milliarden- schweren Fonds abwickeln müssen. Als reiner Immobilien-Asset-Manager war der Druck einer schnellen Rückkehr ungleich größer als bei den breiter aufgestellten Mitbewerbern. Der 2013 aufgelegte Leading Cities Invest war das erste Produkt der neuen Generation im Markt. Investiert wird in Büros in europäi- schen Metropolen. Kanam arbeitet dabei nach dem „Cash Stop“-Prinzip und sammelt immer nur so viel Geld ein, wie gerade für Zukäufe benötigt wird. Seit Anfang August wird für eine Immobilie in Amsterdam geworben. Es wäre erst das achte Objekt, in das der erst 35 Millionen Euro große Minifonds investiert. Mit angeblich gleich zwei Fonds in der Pipeline hatte SEB Asset Management über Monate die Erwartungen in Vermittlerkreisen geschürt. Doch anstelle des lang erwarteten Neustarts überraschte die von der Krise ge- beutelte Immobilientochter der schwedischen SEB-Gruppe im März mit der Nachricht ihres Verkaufs: Seit Kurzem ist die Übernahme durch den britischen Immobiliendienstleister Auf Eis gelegt Nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers gerieten zahlreiche offene Immobilienfonds in Liquiditätsnot, weil sie die Rückgabewünsche ihrer Anleger nicht erfüllen konnten. Mehr als ein Dutzend Fonds wurden eingefroren. Die meisten davon mussten später abgewickelt werden. Das Segment der offenen Immobilienfonds erholt sich. Doch die Anbieter, die ihre Milliardenportfolios abwickeln mussten, zögern, neue Produkte aufzulegen.

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