FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

vertrieb & praxis I philipp koch | mckinsey 214 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 Foto: © Christoph Hemmerich P hilipp Koch arbeitet eigentlich von München aus, doch sein Job führt ihn immer wieder nach Frankfurt – und in andere Finanzstädte. Der Consultant leitet die europäische Asset-Management-Praxis bei McKinsey, da gehört Reisen zum Beruf. Vom Frankfurter McKinsey-Büro im Japan-Center aus hat er gleich mehrere seiner Kunden im Blick, die in den umliegenden Türmen behei- matet sind. Mit FONDS professionell spricht er über die jüngsten Erfolge und die aktuellen Herausforderungen der Branche. Herr Koch, auch wenn es imAugust an der Börse etwa ungemütlicher wurde, geht es der Fondsbranche derzeit sehr gut. Der BVI meldet die höchsten Zuflüsse seit Jahren, auch die Geschäftszahlen der großen An- bieter lesen sich prima. Bleibt das so? Philipp Koch: Für das Jahr 2015 rechnen wir insgesamt mit einer höheren Profita- bilität, schon wegen der hohen Zuflüsse und der positiven Kurseffekte im ersten Halbjahr. Allerdings ist es wegen der jüngsten Korrektur gut möglich, dass die Zahlen nicht ganz so gut aussehen wer- den, wie sich das noch vor wenigen Mo- naten abgezeichnet hat. Ihre jüngste Branchenstudie zeigt, dass die Kosten absolut gesehen in den ver- gangenen Jahren deutlich gestiegen sind. Dank höherer Assets haben die Erträge jedoch ebenfalls zugelegt, sodass unterm Strich rekordhohe Gewinne bleiben. Doch was passiert, wenn das verwaltete Vermögen schrumpft? Salopp gesagt: In guten Zeiten sind die Kos- ten flexibel, in schlechten Zeiten sind sie fix. Das ist ein bekanntes Phänomen. Die Frage ist, wie lang eine Korrektur andauert. Es braucht immer seine Zeit, bis die Asset Ma- nager auf der Kostenseite reagieren können. Die Einnahmen der Asset-Management- Branche sind in aller Regel eins zu eins ans verwaltete Vermögen gekoppelt, wäh- rend die Kosten zu einem guten Teil fix sind. Damit ist die Industrie enorm ab- hängig von den sehr volatilen Entwicklun- gen an den Finanzmärkten, die sie selbst gar nicht beeinflussen kann. Fällt Ihnen eine andere Branche ein, die sich ähnlich stark externen Faktoren unterwirft? Das ist in der Tat eine besondere Situation, die aber auch Vorteile bieten kann: Steigende Kurse sorgen automatisch für höhere Einnah- men – hinzu kommen die Mittelzuflüsse, also das eigentliche Neugeschäft. Sinken die Kurse jedoch, steigt der Druck auf die Geschäfts- modelle. Sehr gut ließ sich das 2008 und 2009 beobachten, als stark fallende Kurse hohe Mittelabflüsse aus Investmentfonds auslösten. Es wird spannend sein zu beobachten, welche Auswirkungen die jüngste Korrektur auf das Verhalten der Privatanleger haben wird: Blei- ben sie ihren Investments treu oder stoßen sie ihre eben erst gekauften Fonds gleich wieder ab? Wir dürfen nicht vergessen, dass die Pri- vatanleger in Deutschland erst in den vergan- genen anderthalb Jahren wieder in den Markt zurückgekehrt sind. Gibt es eine Möglichkeit, das Geschäfts- modell stabiler aufzustellen, also unab- hängiger vomAuf und Ab an der Börse? Vollständig entkoppeln lässt sich das nicht. Dennoch können sich Anbieter so robust wie möglich aufstellen. Asset Manager sollten die Boomjahre dafür nutzen, die Geschäftsmo- delle agiler zu machen, etwa indem sie im Middle- und Backoffice über Themen wie Automatisierung, Digitalisierung oder Out- sourcing nachdenken. Dazu gehören auch eine Bereinigung der Produktportfolios und schlankere Strukturen in der Organisation. Das Stichwort Digitalisierung ist derzeit allgegenwärtig. Ist das schon ein Hype? Oder ist das Thema wirklich so ent- scheidend? Die Digitalisierung ist entscheidend. Sie bietet enorme Chancen entlang der ge- samten Wertschöpfungskette – sowohl für das Wachstum als auch auf der Kostensei- te. Big Data beispielsweise bietet nicht nur im Investment-Research große Chan- cen, sondern auch in der Frage, wie sich die Vertriebspartner mit besseren Informa- tionen unterstützen lassen. Dazu kommt die Automatisierung von Prozessen im Middle- und Backoffice, die nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch die Qua- lität für den Endkunden erhöht. Eine Her- ausforderung für die Asset Manager ist: Sie sind eigentlich nur Produkthersteller, die kaum eigenes Endkunden-Know-how haben. Bis vor Kurzem gab es noch die Debatte: Warum sollen wir uns damit auseinandersetzen, das sollen die Finanzberater oder Banken machen. Doch das hat sich geändert, spätestens seit sich immer mehr Fintechs um das Thema Geldanlage kümmern. Weltweit gibt es inzwi- schen rund 12.000 Fintechs, immerhin 20 Prozent davon arbeiten an Innovationen rund um das Asset und Wealth Management. Dass Fintechs die klassischen Finanzver- triebe angreifen, ist klar. Aber bedrohen sie auch die Fondsanbieter? Viele dieser Sterne, die gerade in den Himmel schießen, werden wieder verglühen. Aber die Philipp Koch , beim Consultinghaus McKinsey europaweit für die Beratung von Asset Managern zuständig, über die Rekordzahlen aus der Investmentbranche, die Auswirkungen der Digitalisierung, die Mühen der Regulierung und die Frage, warum ein echter Preiskampf unter Fondsanbietern ausbleibt. „Der Aufbau einer starken » Weltweit gibt es inzwischen rund 12.000 Fintechs, immerhin 20 Prozent davon arbeiten an Innovationen rund um das Asset und Wealth Management. « Philipp Koch, McKinsey

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