FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

158 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 sachwerte I crowdinvesting Foto: © Calvste | Dreamstime.com, Innovestment D er Hype um das Thema Crowdfunding bekommt Dellen. Dass die junge Bran- che nicht die Grundprinzipien der Investmentwelt ändern wird, war neutralen Beobachtern von Anfang an klar, wer sich hingegen von der Euphorie der ersten Stunde anstecken ließ, muss dies nun Schritt für Schritt einsehen. Sie werden durch nackte Zahlen auf den Boden der Realität geholt. Die Düsseldorfer Unternehmensberatung Barkow Consulting rechnete vor Kurzem vor, dass bei Crowdinvestments in Deutschland bis Mitte August bereits 7,9 Millionen Euro Anleger- kapital verloren gingen. Weil Barkow erst ab dem dritten Quartal 2013 zählt, die ersten Plattformen aber schon davor aktiv waren, dürfte die Dunkelziffer noch höher sein. Markant an der Statistik ist vor allem eine Zahl: Allein im zweiten Quartal dieses Jahres wurden 3,5 Millionen Euro in den Sand ge- setzt. Das ist fast die Hälfte des Gesamtverlus- tes. „Wir zählen aktuell 27 Problemfälle bei einem kumulierten Platzierungsvolumen für Start-ups von 47 Millionen per zweiten Quartal 2015“ , ergänzen die Consultants auf Anfrage. Auf der anderen Seite gab es nach Angaben der Beratungsgesellschaft bisher vier Exits, die Gewinne von knapp 500.000 Euro für die Crowd generierten. Dieser halben Mil- lion Ertrag stehen momentan also fast acht Millionen Verlust gegenüber. Diese überwie- gend negativen Zahlen rücken die Vorsicht, mit der klassische Finanzdienstleister bei die- sem Thema bisher eher agierten, in ein ande- res Licht. Gelegenheiten, auf den Zug aufzu- springen, gab es jedenfalls, denn ein Teil der Crowdinvesting-Plattformen steht mit exter- nen Vertrieben in Verbindung. Bei der Öffnung der Plattformen für den „Offline“-Vertrieb bilden sich aktuell zwei Fraktionen: Puristen möchten nicht mit exter- nen Vermittlern zusammenarbeiten, weil das grundsätzlich imWiderspruch zur Ursprungs- idee steht, die Crowdinvesting als rein inter- netbasiertes Geschäft versteht. Die andere Gruppe sieht das nicht so eng und erweitert ihre Absatzkanäle um freie Berater, Family Offices, Vermögensverwalter und Privatban- ken. FONDS professionell hat eine Übersicht zu Plattformen erstellt, die bereits mit Ver- tiebspartnern zusammenarbeiten beziehungs- weise planen, dies zu tun. Die Aufstellung zeigt auch, dass die Konditionen stark von- einander abweichen und dass noch vieles im Fluss ist. Das gilt zum Beispiel für die Platt- form Fundernation, die erst ab dem vierten Quartal mit Finanzdienstleistern kooperieren will. Bis dahin sollen die wichtigen Fragen, etwa zur Haftung und Vergütung, geklärt und das Beraterportal online sein. Lernkurve Die Diskussion über die Anlegerverluste kommt da für die Betreiber der Internetporta- le, über die natürlich auch erfolgreich Unter- nehmen finanziert werden, zur Unzeit. Man befürchtet, dass der deutsche Crowdfunding- Markt, dessen Wachstum ja gerade erst in Gang gesetzt wurde, gleich wieder aufgrund solcher Negativ-Storys ausgebremst wird. In- wieweit häufigere Meldungen über Pleiten von Crowdinvestments hinderlich sind, wird sich bald zeigen. Christin Friedrich, Ge- schäftsführerin der Plattform Innovestment, spricht die Probleme aber offen und direkt an und erinnert daran, dass Problemfälle nicht nur Nachteile mit sich bringen: „Ich kann ver- stehen, dass Marktteilnehmer skeptisch sind, gerade wenn sich meist die Negativbeispiele verfestigen. Aber auch diese braucht es, damit die Branche lernen und sich verbessern kann.“ Friedrichs Plattform stand bei Redaktions- schluss vor einem Relaunch, in Zukunft möchte sie auch mit Finanzdienstleistern kooperieren. Sie weiß, dass kein Berater mit einer Plattform Geschäfte machen möchte, die selbst auf wackeligen Beinen steht oder bei der sich Pleiten häufen. Selbstverständlich müsse allen Beteiligten bewusst sein, dass die Finanzierung von Neugründungen und Jung- unternehmen riskant sei. Es handle sich aber um kein Phänomen, das typischerweise im Crowdfunding auftrete, sondern um einen faktischen Umstand, der mit frühen Beteili- gungen an Unternehmen, die noch nicht eta- bliert sind, einhergehe. „Im Venture-Capital-Geschäft und insge- samt bei Investments in Start-ups ist traditio- nell zu beobachten, dass die schlechten Nach- richten früher kommen als die guten. Es dau- ert einfach in der Regel mehrere Jahre, bis sich ein Start-up erfolgreich entwickelt hat Crowdinvestments liegen voll im Trend, werden wegen publik gewordener Verluste aber auch kritisiert. Die Plattformen zucken und wollen besser werden. Notwendige Lernprozesse Crowdinvesting-Plattformen haben noch einiges zu tun, wenn sie Vermögenberater als Vertriebspartner gewinnen möchten. Berichte über Pleiten von finanzierten Projekten sorgen aktuell für Verunsicherung.

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