FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

100 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 sauren golden awards 2015 I fondspersönlichkeit des jahres Z ahlenfreak und Number Cruncher sind nur zwei „Spitznamen“, die sich die diesjährige „Fondspersönlichkeit des Jahres“ im Lauf ihres Berufslebens erworben hat. Frank Lingohr, Gründer von Lingohr & Partner Asset Management, ist also ohne Zweifel ein Mann, der sich den Kapital- märkten nicht mit Bauchgefühl und Instinkt nähert. Er arbeitet mit Fakten – und das lang- fristig erfolgreich. Dabei wäre der Schleswig- Holsteiner, der sich Mitte des Jahres aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hat, beinahe gar nicht erst in der Fondsbranche angekom- men. Geboren im Jahr 1946 und aufgewach- sen im schleswig-holsteinischen Rendsburg entsprach schon seine Ausbildung keinerlei Konvention. Statt Abitur und anschließendem Studium von Jura oder BWL hat er schon im Alter von 16 Jahren kurzerhand die Schule abgebrochen, um eine Lehre als Handelskauf- mann zu beginnen. Wäre es nach seinen ursprünglichen Plänen gegangen, hätte er sich wohl schon vor ein paar Jahren von der Führungsetage eines gro- ßen Handelskonzerns aus zur Ruhe gesetzt. Verhindert wurde das von der Faszination, die die in diesen Unternehmen schon vor Jahr- zehnten eingesetzten Computer auf ihn aus- übten. Bereits während der „Lochkarten-Ära“ brachte er sich selbst das Programmieren bei. Daraus wurde im Lauf der Zeit eine Leiden- schaft, manche sprechen auch von einer Besessenheit, die sein späteres Arbeiten und seine herausragenden Erfolge in der Fonds- branche maßgeblich beeinflusste. Nebenbei, zunächst gewissermaßen als Hobby, liest er seit jeher alles, was er über die Börse zu lesen in die Finger bekommt. Im Jahr 1976 erfolgten die ersten Schritte in der Finanzbranche. Er arbeitete bei der Investmentbank Merrill Lynch in Düsseldorf zunächst als Privatkundenberater, später in der Betreuung institutioneller Kunden. Nach weiteren Stationen bei Prudential Bache Securities sowie als Geschäftsführer des Ver- mögensverwalters Großbötzl, Schmitz & Partner gründete er 1993 seine eigene Asset- Management-Gesellschaft. Aber statt nach Frankfurt zu ziehen, blieb er in Düsseldorf, besser gesagt in einem Vorort namens Erkrath, der bis dahin mit Sicherheit als alles andere denn als Standort von Finanzdienstleis- tern aufgefallen war. Lingohrs Argument: „Warum soll ich in Frankfurt die zehnfache Miete zahlen, wenn ich genauso gut von hier aus arbeiten kann?“ Unabhängiger Geist Das mag als Beleg nicht nur für eine Art gesunden Pragmatismus dienen, der den dies- jährigen Preisträger auszeichnet, sondern auch für die Tatsache, dass ihn noch nie wirklich interessiert hat, was andere machen. Diese Unabhängigkeit und ein offenbar ausgeprägter Unternehmersinn spielten bei der Entscheidung, eine eigene Firma zu gründen, wahrscheinlich eine große Rolle. Es folgt nach kurzer Zeit die Auflage des ersten Fonds namens „Lin- gohr-Syste- matic-LBBI“ im Jahr 1996, der noch heute zu den größten Produkten aus dem Hause des Preisträgers gehört. Wirk- lich innovativ für die Branche ist dabei zum einen die Art und Weise der Zusammenarbeit eines unabhängigen Vermögensverwalters mit einer Kapitalverwaltungsgesellschaft. Das war schon damals die heutige LBB Invest, die nach wie vor diese Aufgabe für die meisten der mittlerweile neun von Düsseldorf aus ge- managten Fonds wahrnimmt. Zusammen mit rund 40 Mandaten für institutionelle Kunden verwaltet die Gesellschaft heute in ihren Pro- dukten ein Gesamtvolumen von mehr als fünf Milliarden Euro. Neuartig in der deutschen Fondslandschaft war auch die Art des Ma- nagements, bei dem der Preisträger als Erster in Deutschland auf einem methodischen, computerbasierten System aufsetzte und damit zum Pionier der quantitativen Aktienselektion wurde. Nicht nur in Fachkreisen findet sein Ansatz nach wie vor Anerkennung, son- dern auch bei unternehmerisch denken- den Privatanlegern. Lingohrs Credo: „Wer emotional han- delt, verliert schnell den tatsächlichen Wert seiner Anlagen aus den Augen, denn Unternehmensbewertung hat nichts mit Intuition zu tun.“ Emotionslos ja, aber nicht seelenlos, so lässt sich dann auch seine Art, Geld zu managen, wohl am be- sten auf einen kurzen Nenner bringen. „Emotionen sind bei steigenden wie fal- lenden Kursen ein schlechter Ratgeber“, weiß der Preisträger aus eigener Börsener- fahrung. Die Konzentration auf kurzfristige Gewinne verstelle den Blick aufs Wesent- liche und führe zu langfristigen Verlusten. Dennoch sei es am Ende eben immer der Mensch, der die Anlageentscheidungen tref- fen müsse, und nicht die Maschine. Die aktuellen Entwicklungen an der Börse müssten eine Phase ganz nach seinem Ge- schmack sein. Denn Lingohr war stets davon überzeugt, dass die Saat für eine reiche Ernte an den Aktienmärkten in der Schwächephase gelegt wird. Auf dieser Erkenntnis beruht auch der Leitsatz, der seinen Anlagestil stets geprägt hat: „Value-Investoren müssen Schmerzen aushalten können. Und wenn die am größten sind, kommt unsere Zeit!“ HAnS HEuSEr | FP Die Fondspersön- lichkeit des Jah- res 2015: Frank Lingohr, Gründer von Lingohr & Partner Asset Ma- nagement. Foto: © Axel Gaube Ein Höhepunkt der Sauren Golden Awards ist die Auszeichnung der „Fonds- persönlichkeit des Jahres“. Diesmal wurde ein wahrer Pionier ausgezeichnet. Begnadeter Value-Investor Die Auszeichnung und die Jury Die „Fondspersönlichkeit des Jahres“ wird jährlich von Sauren Fonds Research im Rahmen der Sauren Golden Awards gekürt. Mit dem Ehrentitel soll einer Person gedankt werden, die sich in besonderer Weise um die Fondsidee verdient gemacht hat. Gewählt wird sie von einer unabhängigen Jury aus Kennern der Branche. Neben Eckhard Sauren selbst gehören dieser Jury auch Björn Drescher, Mitbegründer von Drescher & Cie., sowie FoNDS professionell Heraus- geber Hans Heuser an.

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