FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015

ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.at | 3/2015 9 Unter Druck Auch wenn der Fondsabsatz europaweit im 1. Halbjahr 2015 wieder deutlich ange- zogen hat, steht die Fonds- industrie weiterhin einer ge- waltigen Summe an Heraus- forderungen gegenüber – angefangen bei regulatori- schen Problemstellungen über den anhaltenden Mar- gendruck bis hin zur Verlage- rung des Geschäfts in Rich- tung passiver Produkte. Par- allel dazu müssen auch die Schwierigkeiten, mit denen die wichtigsten Absatzkanäle wie Banken, IFAs und Versicherungen zu kämpfen haben, gemeistert werden. Einen interessanten Einblick, wie leitende Manager der Branche ihre Situation selbst wahrnehmen, lieferte kürzliche eine Studie des Analyse- und Beratungshau- ses Drescher & Cie., in deren Rahmen 40 ausführliche Gespräche mit leitenden Managern aus Vorstand, Ge- schäftsführung und Vertrieb von in Deutschland und Österreich aktiven Fondsgesellschaften geführt wur- den. Die zentrale, für viele nicht überraschende, aber dennoch beunruhigende Erkenntnis: Nur noch sehr wenige Führungskräfte sehen für sich und ihr Unter- nehmen überhaupt kein Problem. Die Mehrzahl erwar- tet hingegen enorme Veränderungen, auf die man sich als Player in diesem Bereich schleunigst einstellen muss. Rund drei Viertel der befragten Führungskräfte sehen neben der Implementierung der vielen regulato- rischen Vorgaben in der anhaltend schwierigen Zins- landschaft die größte Hürde. Während die Kunden schwankungsarme Erträge im Bereich um vier Prozent nach Kosten erwarten, lässt sich ein solcher Wert heute nicht mehr ohne entsprechende Risikobereitschaft er- wirtschaften. Und wenn gar von defensiv ausgerichte- ten Fonds die Rede ist, dann bereiten schon die erfor- derlichen zwei Prozent echtes Kopfzerbrechen. Den Investmentprofis ist auch klar, dass der Megatrend in Richtung Multi-Asset-Lösungen das Risiko von Ent- täuschungen auf der Kundenseite in sich trägt – ent- weder weil die Zinsen steigen oder weil sie tief bleiben und keine Renditen zu erzielen sind. Die Fondsbranche sieht sich also vor einem tiefgehen- den Strukturwandel mit langfristigen Auswirkungen. Die Notwendigkeit, sich auf diese Veränderungen einzu- stellen, wird auch an den Finanzberatern nicht vorbei- gehen. In Zeiten, da die Produkt- und Markttransparenz „dank“ neuer elektronischer Informationsplattformen immer stärker zunimmt, wird es möglicherweise schon bald nicht mehr genügen, drei oder vier Multi-Asset- Fonds in einer Empfehlungsliste zusammenzustellen. Jeder Einzelne wird sich die Frage stellen müssen: Worin besteht meine Leistung, worin unterscheidet sie sich vom Leistungsangebot meiner Mitbewerber, und wie viel darf sie kosten? Georg Pankl, Chefredakteur

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