FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015
87 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 auf dem Technologie-Highway und wird mit Sicherheit zu einem wirklich ernst zu neh- menden Gegner für andere Volkswirtschaften werden. Heuser: Aber noch einmal nachgefragt: Was meinen Sie genau, wenn Sie sagen, es werde mehr QE-Maßnahmen geben? Huber: Es werden vielleicht ein oder zwei Zinsschritte sein, die die amerikanische Notenbank vollziehen wird, aber nicht mehr. Und eventuell wird sie diese Schritte sogar schon bald wieder zurücknehmen müssen, nämlich dann, wenn die US-Wirtschaft sich aufgrund der vorherigen Zinserhöhungen wieder abkühlt. Eichler: Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen. In einer langfristigen Perspek- tive von, sagen wir, 24 Monaten scheint mir die Situation in den USA sehr viel schwieri- ger zu beurteilen zu sein. Nach nunmehr sechs Jahren einer wirtschaftlichen Auf- schwungphase bei gleichzeitig extrem niedri- gen Zinsen und Gewinnen, die neue Höchst- stände erreicht haben, und extrem hohen M&A-Aktivitäten ist es die Zukunft der dortigen Wirtschaft, die mit einigen Frage- zeichen zu versehen ist. Die Entwicklung in China wird meines Erachtens zu beherrschen sein. Es wird vielleicht einige Prozentpunkte an Ausweitung des globalen Bruttoinlands- produkts kosten, aber die Situation in den westlichen Ländern ist nun einmal nicht mit Japan oder einem anderen Nachbarland Chi- nas vergleichbar, die sehr viel stärker von der dortigen Wirtschaftsentwicklung betroffen sind. Daher mag das Land derzeit sozusagen das heiße Thema der Märkte sein, aber seine wirtschaftliche Verfassung wird die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte außerhalb von Asien nicht wirklich nennenswert beein- trächtigen oder verzögern. Weldon: Ich würde gern darauf zurückkom- men, was Peter Huber angesprochen hat, denn ich bin schon seit Langem ein ausge- sprochener China-Skeptiker. Wenn wir be- trachten, wie sich die Berichterstattung der US-Unternehmen in den letzten Jahren wei- terentwickelt hat und wie sich auch die Be- reitschaft, bestimmte Daten zu veröffentli- chen, verbessert hat, dann kann ich nur be- zweifeln, ob die Chinesen überhaupt mental zu einer so umfangreichen und professionel- len Unternehmensberichterstattung bereit und in der Lage sein werden. In einem Land, das seinen Bürgern vorschreibt, wie viele Kinder sie haben dürfen, wird ein Unter- nehmer einemAnalysten sicher nicht über alle Probleme berichten, vor denen seine Firma je nach der wirtschaftlichen Lage gerade steht. Wir sprechen immerhin von einem Land, in dem große Unternehmen auf der Basis von gestohlenem geistigem Eigentum aufgebaut wurden. Deswegen bin ich nicht so sicher, ob die Situation dort wirklich so einfach zu managen sein wird. Eichler: Muss man daraus schließen, dass Sie von einer Rezession in China ausgehen? Weldon: So weit wird es wahrscheinlich nicht kommen. Aber es ist doch schon bemerkenswert, dass obwohl, wie eben bemerkt, nur zwei Prozent der Erträge im S&P 500 Index aus China stammen, rund 40 Prozent der US-Unternehmen wäh- rend der letzten Berichtssaison die dorti- ge Situation in ihren Stellungnahmen er- wähnt oder aufgegriffen haben. Daher wird es vielleicht eine Art Stimmungs- treiber sein, aber es wird am Ende keine große Bedeutung für die etablierten Märkte haben, allenfalls im Zusammenhang mit den Entwicklungen in anderen Emerging Markets. Aber unabhängig davon, ob die Pro- fitabilität von US-Unternehmen im kommen- den Jahr nach einen flachen Verlauf 2015 wieder ansteigen wird: Am Ende wird es sehr stark auf das richtige Stockpicking ankom- men, um als Investor erfolgreich zu sein. Sauren: Stockpicking ist das richtige Stich- wort für Leo Perry. Was ist Ihre Erwar- tung hinsichtlich der weiteren Entwick- lung der Kapitalmärkte? Leo Perry (Ennismore): Als ein Haus, das ausschließlich auf die gezielte Auswahl von Einzelwerten anhand eines Bottom-up-An- satzes setzt, stellen wir naturgemäß keine umfangreichen makroökonomischen Analy- sen oder entsprechendes Research an. Aber eines möchte ich schon einwenden: Lediglich festzustellen, dass China und die dortigen Unternehmen nicht transparent sind, ist aus meiner Sicht schon extrem großzügig gegen- über dem Land. Immerhin hat es eine Reihe von echten Betrugsfällen seitens chinesischer Unternehmen gegeben, einige davon auch hier in Deutschland. Aus diesem Grund sollte man aus meiner Sicht als Fondsmanager ohnehin vorsichtig sein im Umgang mit Unternehmen, die einen allzu starken Bezug zu China haben. Sauren: Aber bleiben wir doch beim Thema Stockpicking. Wo sind die guten Einzelideen bei den Teilnehmern in dieser Runde? Miller: Einmal abgesehen von rohstoffbezo- genen Sektoren gibt es aus meiner Sicht in nahezu jeder Branche des US-Marktes durch- aus interessante Anlagechancen in den unter- » Es werden vielleicht ein oder zwei Zinsschritte sein, die die US- Notenbank vollziehen wird, aber nicht mehr. Und eventuell wird sie diese Schritte sogar schon bald wieder zurücknehmen müssen, nämlich dann, wenn die US-Wirt- schaft sich wieder abkühlt. « Peter E. Huber, Starcapital Bill Miller: „Speziell im Immobiliensektor, aber auch bei Fluglinien und Finanzwerten bieten sich zum Teil sehr gu- te Gelegenheiten.“
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