FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015

218 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 steuer & recht I steuerreformgesetz 2015/2016 Foto: © EY Wien D er 21. August war Tax Freedom Day. Eine nette Zahlenspielerei, die besagt, ab welchem Tag eines Jahres ein durchschnittlicher Steuerzahler nicht mehr für den Staat, sondern für sich selbst arbeitet. Die- ser „Steuerzahlergedenktag“ ist seit 1987 um knapp einen Monat im Kalender nach hinten gerutscht – eine Entwicklung, an der sich höchstwahrscheinlich auch durch das 2016 in Kraft tretende Steuerreformgesetz nicht allzu viel ändern wird. Die allgemeine Senkung der Steuertarife wird zwar Arbeitseinkommen entlasten. Das ist gut und richtig. Die neue Steuerreform kommt jedoch nicht ohne neue Steuern aus, und darum sollte sie auch nicht als solche bezeichnet werden. Die nachfolgen- den Punkte sind aus Beratersicht relevant: 1. Kapitalertragsteuer Um das fünf Milliarden Euro schwere Steuerpaket finanzieren zu können, haben SPÖ und ÖVP unter anderem die Kapitaler- tragsteuer (KESt) von bisher 25 auf 27,5 Pro- zent erhöht. Im Fokus der medialen Bericht- erstattung standen bis dato nur Dividenden. Der höhere Satz sei laut Thomas Wilhelm, Steuerberater bei EY, aber auch auf andere Kapitaleinkünfte anzuwenden. So werden künftig auch realisierte Kursgewinne höher besteuert, ebenso wie Fondsausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge, auch Zin- sen aus Rentenpapieren unterliegen künftig der höheren KESt. Nicht angetastet werden lediglich Zinserträge aus Girokonten, Sparbü- chern und Bausparverträgen. Fondserträge werden im Übrigen einheitlich besteuert, auch wenn ein Fonds Guthabenzinsen aus Cash- Beständen kassiert. Der „Handlungsspielraum“ in puncto KESt ist eingeschränkt. Kursgewinne noch schnell zu realisieren lohnt sich laut Wilhelm nur sel- ten. Eine mögliche Steuerersparnis sei in den meisten Fällen höchstwahrscheinlich zu gering, um daraus resultierende Transaktions- kosten zu rechtfertigen. Viel wichtiger sei, wie schon bisher auf eine Optimierung der Gesamtsituation zu achten, sprich potenzielle Gewinn- und Verlustreserven vor dem 31. De- zember optimal zu nützen. Im Gegensatz zum kleinen Fondssparer können Firmengesell- schafter aber sehr wohl noch an der „Steuer- schraube“ drehen – nämlich dann, wenn sie über Höhe und Zeitpunkt der Gewinnaus- schüttung mitbestimmen können. In diesem Fall würde sich ein Vorziehen regelmäßig loh- nen, so Wilhelm. Ein gern genutztes Mittel, Aktionären im Rahmen einer Einlagenrück- zahlung die steuerliche Belastung zu ersparen, werde künftig ebenfalls deutlich erschwert. 2. Immobilienertragsteuer Im Unterschied zur neuen KESt bringen Änderungen im Bereich der Immobilienbe- steuerung mehrere Möglichkeiten, die indivi- duelle Steuerlast zu optimieren. Die Immobi- lienertragsteuer lag bis dato bei 25 Prozent, künftig werden Gewinne aus Immobilien- geschäften mit 30 Prozent besteuert. Dieser neue Steuersatz gilt nicht nur für „Neugrund- stücke“. „Altgrundstücke“, die vor dem 31. März 2002 angeschafft worden sind, werden ebenfalls in selber Höhe besteuert; dabei liegt der zu versteuernde Veräußerungsgewinn bei 14 Prozent. Durch den Anstieg des Steuersat- zes auf 30 Prozent erhöht sich die effektive Steuerbelastung in diesen Fällen von 3,5 auf 4,2 Prozent des Erlöses. Hinzu kommt, dass auch der bisher mögliche Inflationsabschlag gestrichen wurde. 3. Grunderwerbsteuer Zu weitreichenden Änderungen kommt es darüber hinaus im Bereich der Grunderwerb- steuer. Diese soll ab kommendem Jahr auch innerhalb der Familie nach dem Verkehrswert und nicht nach dem günstigeren Einheitswert der Immobilie berechnet werden. Kritiker von vermögensbezogenen Steuern sehen darin eine Erbschaftsteuer durch die Hintertür. Bis- her müssen beim Übertrag von Immobilien und Grundstücken innerhalb der Familie zwei Prozent vom dreifachen Einheitswert bezahlt werden. Künftig soll diese Steuer – so wie es bereits beim Übertrag außerhalb der Familie der Fall ist – vom Verkehrswert berechnet werden. Der Tarif soll allerdings gestaffelt werden, sodass es für günstige Immobilien so- gar zu einer Verbesserung kommt: Liegt der Wert der Immobilie unter 250.000 Euro, sol- len 0,5 Prozent gezahlt werden, bis 400.000 Euro sind es zwei Prozent und darüber 3,5 Prozent (dieser Prozentsatz fällt auch bei je- dem Übertrag außerhalb der Familie an). Eine steuerliche Besserstellung könne laut Wilhelm durch eine langfrstige zeitliche Staffelung be- ziehungsweise Aufteilung auf mehrere Perso- nen erzielt werden: „Oft zitiert wird an dieser Stelle auch die Faustformel, dass sich bei ei- nem Einheitswert, der weniger als ein Zwölf- tel des Grundstückswerts beträgt, ein Zuwar- ten bis 2016 lohnt.“ 4. Betrugsbekämpfung Der größte Brocken soll letztlich aus der Betrugsbekämpfung kommen. Die Rede ist von bis zu 1,9 Milliarden Euro. Spannend werden laut Wilhelm die Folgen der Einfüh- rung eines per 1. März 2015 rückwirkenden Kontenregisters und der damit verbundenen Meldung von Kapitalabflüssen sein. Hinsicht- lich der Rückwirkung der Meldung von (un- versteuerten) Kapitalzuflüssen aus der Schweiz und aus Liechtenstein erwartet der Steuerexperte in den kommenden Monaten ei- ne Reihe von Selbstanzeigen. „Alternativ gibt es eine Pauschalvariante, die jedoch mit 38 Prozent des verhangenen Vermögens so gut wie immer teurer ausfallen dürfte als die frei- willige Offenlegung.“ DANIEL WINKELMEIER | FP Mit 1. Jänner tritt das neue Steuerreformgesetz in Kraft. Was wird sich aus Berater- sicht ändern? Und was ist vielleicht noch heuer zu beachten? Ein Überblick. Vorsicht : Neue Steuern ab 2016 Thomas Wilhelm ist Partner bei EY Wien und Leiter des Bereichs Asset Management Tax.

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