FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015
Risiko erfolgte – zum Beispiel wenn der Kun- de ein anderes Institut oder eine Behörde war –, sind künftig nur noch als einzelne Risikofaktoren zu betrachten. Die einzelnen Risikofaktoren fließen künftig in eine gesamt zu betrachtende Endbewertung ein. Somit ha- ben Finanzdienstleister jede Geschäftsbezie- hung und jede Transaktion auf ihr jeweiliges Geldwäscherisiko zu prüfen. Dabei haben sie abhängig vom konkreten Einzelfall alle rele- vanten Risikofaktoren zu erheben und zu bewerten, in welche Risikostufe der Kunde beziehungsweise die individuelle Sache ein- zustufen ist. Ziel ist es, Automatismen bei der Risikobewertung zu verhindern. Die 4. GW-RL unterscheidet zwischen ver- einfachten (bei geringem Risiko) und ver- stärkten (bei erhöhtem Risiko) Sorgfaltspflich- ten. Die Verpflichteten können den Umfang der zu treffenden Maßnahmen selbst bestim- men. Dazu enthält die Richtlinie in den An- hängen I bis III einen Katalog von Kriterien, die beim Bewerten des Geldwäscherisikos be- ziehungsweise beim Beurteilen, ob ein poten- ziell geringeres oder höheres Risiko vorliegt, zu berücksichtigen sind. Risikoreduzierende Kundenfaktoren sind beispielsweise börsen- notierte Unternehmen, die bestimmten Offen- legungspflichten (etwa BörseG) unterliegen, oder öffentliche Unternehmen. Produktbezo- gene Faktoren mit geringem Risiko können Lebensversicherungen mit geringer Prämie oder Rentenversicherungsverträge sein. Da- gegen sprechen innovative Finanzprodukte, neue Geschäftsmodelle sowie neue Vertriebs- mechanismen und Technologien für ein potenziell höheres Geldwäscherisiko. Zentrales Register Neu ist auch die Einführung eines zentralen Registers, in dem Informationen zu er- fassen sind. Nach Art 30 4.GW -RL werden Unternehmen verpflichtet, an- gemessene, präzise und aktuelle Auf- zeichnungen über ihre wirtschaftlich Berechtigten (Beneficial Owners) zu führen. Wirtschaftlich Berechtigte sind alle natürlichen Personen, in deren Ei- gentum oder unter deren Kontrolle der Kunde steht sowie jede natürliche Per- son, in deren Auftrag eine Transaktion oder Tätigkeit ausgeführt wird. Die darin enthaltenen Informationen sollen den Aufsichtsbehörden, aber auch Fi- nanzdienstleistern zugänglich sein, so- weit die Einsichtnahme im Rahmen der Erfüllung der Sorgfaltspflichten er- folgt. Die Verpflichteten dürfen allerdings beim Identifizieren des wirtschaftlich Berech- tigten nicht ausschließlich auf das Register zu- rückgreifen, sondern müssen auch risikoorien- tiert vorgehen. Gleichwohl ist das Einrichten eines solchen Registers aus Sicht der Finanz- dienstleister zu begrüßen, weil es das Identi- fizieren eines wirtschaftlich Berechtigten, das sich im Einzelfall sehr schwierig gestalten kann, vereinfachen dürfte. Problematisch könnte diese Pflicht auf Grund der daten- schutzrechtlichen Vorschriften sowie des Er- fordernisses, die Informationen zeitnah zu ak- tualisieren, werden. Finanzdienstleister müssen – wie alle Ver- pflichteten – nach Art 8 der 4.GW -RL über Strategien, Kontrollen und Verfahren ver- fügen, um die Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wirksam steuern und reduzieren zu können. Hierzu zählen das Ausarbeiten interner Grundsätze, Verfahren und Kontrollen bezogen auf ein wirksames Risikomanagement sowie das Bestehen einer unabhängigen Innenrevision. Dies wird jedoch insofern eingeschränkt, als die Stra- tegien, Verfahren und Kontrollen in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Größe des Finanzdienstleisters beziehungsweise Art und Umfang seiner Geschäftstätigkeit stehen müssen. Auskunftspflicht Nach Art 42 der 4. GW-RL haben Finanz- dienstleister Systeme zur Auskunftserteilung einzurichten. Diese Systeme sollen es ihnen ermöglichen, auf Anfragen, insbesondere der zentralen Meldestellen „im Einklang mit dem nationalen Recht“ Auskunft darüber erteilen zu können, ob sie mit bestimmten Personen eine Geschäftsbeziehung unterhalten oder während eines Zeitraums von fünf Jahren vor der Anfrage unterhalten haben. Ob das Aus- kunftsersuchen im Einklang mit nationalem Recht steht, ist im Hinblick auf das Daten- schutzgesetz sowie das Geschäfts- und (bei Kreditinstituten) Bankgeheimnis zu prüfen. Verschärfte Sanktionen Die 4. GW-RL bringt eine weitere Har- monisierung der verwaltungsrechtlichen Sank- tionen mit sich. Im Falle schwerwiegender, wiederholter oder systematischer Verstöße ge- gen die geldwäscherechtlichen Pflichten steht den zuständigen Behörden ein strenger Kata- log mit Sanktionen zur Verfügung. Während sich die 3. GW-RL darauf beschränkte, dass Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und ab- schreckend sein müssen, haben die Mitglieds- staaten nun zumindest folgenden Sanktions- katalog umzusetzen: • Die öffentliche Bekanntgabe der Person und der Art des Verstoßes • Anordnung, dass der Verstoß einzustellen und von einer Wiederholung abzusehen ist • Konzessionierten Verpflichteten (somit Fi- nanzdienstleistern) droht der Entzug oder die Aussetzung der Zulassung • Vorübergehendes Verbot für die verant- wortliche Person, Leitungsaufgaben beim Verpflichteten wahrzunehmen Weiters sind Geldbußen vorgesehen, wobei diese für Finanzdienstleister deutlich höher sind als für andere Verpflichtete: • Für Verpflichtete, die keine Finanzdienst- leister sind, droht eine maximale Geldbuße in mindestens zweifacher Höhe der infolge des Verstoßes erzielten Gewinne (soweit beziffer- bar) oder von mindestens 1.000.000 Euro • Dagegen müssen Finanzdienstleister mit einem maximalen Bußgeld in der Höhe von 5.000.000 Euro oder zehn Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes rechnen Im Vergleich zu anderen Verpflich- teten drohen daher Finanzdienstlei- stern unangemessen hohe Geldbußen, deren Verhältnismäßigkeit durchaus kritisch zu hinterfragen ist. Mit der 4. GW-RL werden die Re- geln zur Geldwäscheprävention ver- schärft. Positiv wird sich das vorgese- hene zentrale Register auswirken, in dem Unternehmen Informationen über ihre wirtschaftlich Berechtigten offen- baren müssen. Dagegen wird die vorge- schriebene Risikoanalyse zusätzlich fi- nanzielle, technische und personellen Ressourcen erfordern. FP 215 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 Die Autoren dieses Artikels: Mag. Christian Lenz ist Rechtsanwalt, Philipp Schagerl LL.M. (WU) ist Rechts- anwaltsanwärter in der auf Kapitalmarktrecht speziali- sierten Kanzlei Brandl & Talos. Die Kanzlei vertritt ausschließlich die Anbieter von Finanzdienstleistungen.
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