FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015

213 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 der dort wieder aufzufangen. Ein Beispiel hierfür war das Private Banking der Raiff- eisenbank Bregenz, wo der Kundenanteil an Devisenausländern im Hoch bei deutlich über 80 Prozent lag. Erst im Jahr 2009 nahm man bei den Bregenzern trotz Finanzkrise noch- mals richtig Geld in die Hand und ließ in der neu eröffneten Geschäftsstelle am Kornmarkt in Bregenz neue Räumlichkeiten für das Private Banking errichten. Edle Hölzer und Ledersessel reichen allerdings nicht aus, um einer generellen Trendwende im Private Ban- king zu entgehen. Die Geschäftsführung sah sich mit zunehmenden Vermögensabflüssen konfrontiert. Zwischen 2008 und 2010 kam es zwar noch zu einer leichten Steigerung in den Assets under Management von 179 auf 186 Millionen Euro. „Allerdings waren bereits damals sehr starke Rückgänge in den Wert- papierumsätzen erkennbar, von 30 Millionen Euro oder 36 Prozent, und bei den Wertpa- piererträgen gab es ein Minus von 22 Prozent per Ende 2010“, erinnert sich Axel Schweizer, der mit seiner gbv-Consulting im Frühjahr 2011 als Berater hinzugezogen wurde. „Für die Verantwortlichen war klar ersichtlich, dass das bisherige Geschäftsmodell überarbeitet werden musste. Eine starke Verringerung der Abhängigkeit von den Devisenauslän- dern, die Gewinnung vermögender Devi- seninländer, die stärkere interne und externe Vernetzung, die Steigerung der betreuten Assets und der Ertragskraft waren notwen- dig“, führt Schweizer aus. Für den Consul- tant stellte sich die Situation wie folgt dar: Es wurden im Private Banking in etwa 1.100 Kunden mit einem Durchschnitts- vermögen von 36.000 Euro betreut. Die Dokumentations- und Abwicklungsprozesse waren kompliziert und wurden eher hän- disch ausgeführt. Innerhalb der Gesamtbank hatte das Private Banking eine zu geringe Akzeptanz als Spezialeinheit für Vermögen- de und damit fast keine Kundenüberleitungen. Des Weiteren gab es vielfältigste Depotstruk- turen, individuell je Berater, und darauf auf- bauend auch individuelle Beratungsansätze. Neukundenakquise und Neuvolumen befan- den sich auf einem sehr niedrigen Niveau, und die Kundenverteilung je Berater war sehr ungleich. In einer Basisanalyse durch gbv- Consulting wurde damals festgestellt, dass es an einem einheitlichen Reporting und an einem einheitlichen System zur Erstellung von Veranlagungsvorschlägen fehlte. Die in- terne Vernetzung zu anderen Zielgruppen wie Firmenkunden, Freiberuflern und eine externe Verbindung zu Notaren, Rechtsanwälten, Steuerberatern waren eher nicht oder nur in Einzelfällen vorhanden. Und auch der aktuelle Leiter des Private Banking bei der Raiffeisen- bank Bregenz, Adriano Latini, bestätigt: „Nachdem viele deutsche Kunden ihr Kapital abgezogen hatten, mussten wir Gegenmaß- nahmen ergreifen. Zum einen mussten wir uns überlegen, wie wir mit den deutschen Kunden in Zukunft umgehen, aber auch wie wir den Kundenbestand wieder auffüllen kön- nen. Letzteres ist uns durch Bearbeitung des Inlandsmarktes, der früher eigentlich über- haupt nicht beachtet wurde, sehr gut gelungen. Zum einen wurde dabei vorhandenes Poten- zial innerhalb der Bank gehoben. Inländische Kunden, die bereits bei der Bank waren und über das entsprechende Kapital beziehungs- weise Potenzial verfügten, wurden fürs Pri- vate Banking gewonnen. Wir hatten innerhalb der Bank etwa viele Firmenkunden, deren Pri- vatvermögen wir allerdings nicht in der Bank hatten. Es wurde aber auch etliches an reinem Neukundengeschäft gemacht, meistens über Empfehlungen von bestehenden Kunden. Zu- dem wurden auch die Netzwerke der Bank besser genutzt, die Zusammenarbeit mit unseren Notaren und Rechtsanwälten wurde zum Beispiel intensiviert.“ In mehreren Intensiv-Workshops mit gbv- Consulting und allen Mitarbeitern des Private Banking wurde 2011 gemeinsam ein neuer, strukturierter und wettbewerbsfähiger Bera- tungsansatz entwickelt. Nachdem die Rah- menbedingungen für das „neue Private Ban- king“ definiert waren und der Marketingauf- tritt ebenfalls angepasst war (www.rib-priva- tebanking.at ), wurde in mehreren Kommuni- kationsrunden in der Gesamtbank über diesen neuen Auftritt informiert, um die Akzeptanz zu Kundenüberleitungen und zur Zusammen- arbeit mit dem Private Banking zu erhöhen. Die Anforderungen an die Mitarbeiter haben sich ebenfalls stark verändert. Es gab einen Wechsel vom Bring- zum Holgeschäft. Dies führte schließlich zu einem Wechsel in der Leitung und zu einer vollständig neuen Mann- schaftsaufstellung. Heute arbeitet ein komplett neues Team, wobei die Anzahl der Personen verglichen mit 2011 unverändert ist. Erfolgreicher Turnaround Nach vier Jahren konsequenter Neuaus- richtung betrachten das Private Banking der Raiffeisenbank in Bregenz und gbv-Con- sulting den Umstrukturierungsprozess als abgeschlossen. „Trotz Rückgängen und Schwankungen bei den Assets under Ma- nagement sind wir nun auf demAusgangs- niveau von 2011, also bei zirka 180 Millio- nen Euro, gelandet. Allerdings mit sehr wesentlichen neuen Qualitäten: Der Anteil der Devisenausländer ging von 82 auf unter 40 Prozent zurück, die Wertpapiermarge steigt seit 2011 an – von 56 auf 71 Basis- punkte, im Jahr 2008 betrug sie noch 87 Basispunkte. Die Kundenzahl verringerte sich von 1.500 auf 950 Kunden“, freut sich Schweizer über den erfolgreichen Turn- around. GEORG PANKL | FP Ing. Adriano Latini, Leiter Private Banking RB Bregenz: „Wir mussten Gegenmaßnahmen ergreifen.“ Axel Schweizer, gbv-Consulting: „Es war klar, dass das bisherige Geschäftsmodell überarbeitet werden musste.“ Private Banking RB Bregenz Das PB der RB Bregenz konnte die AuMs wieder stabilisieren, obwohl der Anteil an ausländischen Kunden deutlich reduziert wurde. Quelle: RB Bregenz 0 50 100 150 200 6/’15 ’14 ’13 ’12 ’11 2010 ’09 ’08 ’07 ’06 2005 ’04 Mio. Euro Summe Depot- volumen Anteil Dev. Ausl. Passivvolumen

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