FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015

212 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 bank & fonds I private banking Foto: © Martingraf | Dreamstime.com, RB Bregenz, gbv-Consulting D ie neunziger Jahre waren für die Ban- ken in der Nähe der deutschen Grenze sehr lukrativ. Das heimische Bank- geheimnis lockte viele deutsche, aber auch Anleger anderer Nationalitäten nach Öster- reich. Ein beträchtlicher Teil dieses Geldes fand in den letzten Jahren den Weg zurück in die Heimatländer. Neben der Finanzkrise und ihren langfristigen Auswirkungen dürfte für diese Entwicklung nicht zuletzt das rigorose Vorgehen der deutschen Behörden gegen potenzielle Steuerflüchtlinge verantwortlich gewesen sein. Man erinnere sich an den um- strittenen Ankauf der „Steuer-CDs“, aber auch die Anhebung der Quellensteuer von 20 auf 35 Prozent im Jahr 2011 motivierte viele, ihr Geld wieder heimzuholen. Das berichtet etwa der erfahrene Private-Banking-Experte Axel Schweizer, der mit seiner gbv- Consulting auch einige Banken im Grenzbereich betreut: „Durch den Hoeneß-Effekt hat es einen enormen Kapitalrückfluss nach Deutschland gegeben.“ Zudem sieht Schweizer auch die im Juni 2014 in Kraft getretene Änderung des österreichischen Amtshilfe- Durchführungsgesetzes als weite- ren Grund für die Kapitalflucht. Seitdem können Gruppenanfra- gen ausländischer Behörden in Österreich auch rückwirkend (z.B. Deutschland für Steuerzeiträume ab 1. 1. 2011, Holland für Steuerzeiträume ab 1. 1. 2010) durchgeführt werden. Wird eine Gruppenanfrage gestellt, ist die Bank verpflichtet, Kundendaten an die ausländischen Behörden ohne Information an den Kunden weiterzugeben, sofern der Kunde unter die Gruppenanfrage fällt. Seither ist vie- les nicht mehr wie früher – wie man aus Branchenkreisen hört, haben sich viele Ban- ken sogar freiwillig von problematischen Kunden getrennt. Betroffen vom Kapital- abfluss sind vor allem jene Banken, die in der Vergangenheit verstärkt mit eigenen Private- Banking-Einheiten auf gut betuchte Ausländer gesetzt haben und nun mit deutlichen Ergeb- niseinbrüchen klarkommen müssen. „Viele kämpfen mit der Umstellung. Jene Banken, die sich in der Vergangenheit in erster Linie auf ausländische Kunden konzentriert haben, sind nicht breit genug aufgestellt und befinden sich dadurch heute in einer schwierigen Lage. Die Kostenblöcke sind oftmals gleichgeblie- ben, die Betriebsergebnisse sind im Gegenzug jedoch deutlich zurückgegangen“, beschreibt der Berater die Situation. Durch das quasi von selbst laufende Geschäft mit den Devisenaus- ländern wurde der lokale Markt von den Insti- tuten oftmals vernachlässigt. Größere Banken wie etwa die Walser Privatbank versuchten mit neuen Filialen in Deutschland das Kapital im Haus zu halten, mussten aber dennoch einen deutlichen Rückgang des für Kunden verwalteten Wertpapiervolumens hinnehmen. Lag dieses Volumen bei den Kleinwalsertalern 2007 noch bei 2,25 Milliarden Euro fiel es 2014 bis auf 1,4 Milliarden Euro (siehe Gra- fik). Auch der zweite Platzhirsch unter den „Grenzbankern“, das Bankhaus Jungholz (Raiffeisenbank Reutte), versuchte im Jahr 2010 durch die Übernahme des Stuttgarter Bankhauses Bauer frühzeitig gegenzusteuern – vergebens. Nachdem das Projekt „Kosten- reduzierung bei Aufrechterhaltung der Wett- bewerbsfähigkeit“ 2013 gestartet und insge- samt 60 Mitarbeiter abgebaut wurden, kam es in diesem Jahr schließlich auch zum Verkauf des Bankhauses Bauer. Lag das für Kunden betreute Wertpapiervolumen der Tiroler Bank, die in einer Exklave in den deutschen Alpen liegt und nur über bundesdeut- sches Staatsgebiet erreichbar ist, 2007 noch bei 2,7 Milliarden Euro, so fiel es bis 2014 auf nur noch etwa 1,2 Milliarden Euro. Raiffeisenbank Bregenz Noch schwieriger war die Si- tuation für jene kleinen Private- Banking-Einheiten von grenzna- hen Regionalbanken, denen der Weg nach Deutschland aus Kos- tengründen versperrt blieb und die somit keine Möglichkeit hat- ten die abfließenden Kundengel- Versiegender Grenzverkehr Am Grenzübergang zwischen Österreich und Deutschland floss das Kapital von vermögenden Privatkunden in den vergangenen Jahren wieder verstärkt zurück nach Deutschland. Wertpapiervolumen Das für Kunden betreute Wertpapiervolumen hat sich sowohl bei der Walser Privatbank als auch beim Bankhaus Jungholz deutlich verringert. Quelle: Geschäftsberichte 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2439 Mio. Euro 2020 Mio. Euro 2707 Mio. Euro 2252 Mio. Euro 1233 Mio. Euro 1400 Mio. Euro Mio. Euro Raiffeisenbank Reutte (Bankhaus Jungholz) Walser Privatbank Banken in Grenznähe leiden unter Mittelabflüssen, weil sich ausländische Kunden zurückziehen. Die Raiffeisenbank Bregenz steuert erfolgreich dagegen.

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