FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015
I m Betreff des Schreibens der Wiener An- waltskanzlei Kunz Schima Wallentin, das ab Mitte Juni an eine Vielzahl heimischer Finanzberater versendet wurde, steht „Re- gressforderung aus fehlerhafter Anlagebe- ratung“ . Darunter kann man den Dateipfad lesen, unter dem dieser Brief im PC-Netzwerk der Anwälte gespeichert ist: „Meinl\RE- GRESS KK\Korrespondenz\20150513 MUS- TERBRIEF an Anlageberater.doc“ . Schon das lässt vermuten, dass die Kanzlei hier weit- gehend undifferenziert eine Liste von ehe- maligen MEL-Vermittlern angeschrieben hat. Der Vorwurf, an den die anschließende Re- gressforderung geknüpft wird, liest sich dann auch durchwegs gleich: Der Berater habe Risiken verschwiegen und damit die Wohl- verhaltenspflichten des WAG verletzt. Wegen dieses Fehlverhaltens habe die Meinl Bank einen Schaden erlitten, weil sie sich mit dem früheren Kunden des Beraters vergleichen musste. Da man sich mit dem Insolvenzver- walter des mittlerweile in Konkurs be- findlichen Haftungsdachs auf eine Ab- tretung der Regressmöglichkeit dieses Haftungsdachs gegenüber seinen Ver- triebspartnern geeinigt habe, mache man namens der Meinl Bank die Re- gressforderung des Haftungsdachs ge- gen den jeweiligen Berater persönlich geltend. Die Höhe der Forderung ist dann in jedem Einzelfall individuell festgelegt, sie reicht von mehreren hun- dert Euro bis zu mehreren zehntausend Euro. Existenzbedrohend Für die damit konfrontierten Berater reicht das Maß der Betroffenheit daher von „unan- genehm“ bis „existenzbedrohend“. Jene, die über eine Vermögensschadenhaftpflichtversi- cherung verfügen, wandten sich durchwegs an selbige. Und diese wiederum beauftragten umgehend Juristen mit der Prüfung dieser Forderungen beziehungsweise mit der Aufga- be, sie abzuwehren. Einer dieser Fachanwälte, der Wiener Kapitalmarktrechtsexperte Johannes Neumayer, verfasste schon bald dar- auf Antwortschreiben an die Anwälte der Meinl Bank, in denen er die Forderung ab- lehnte. Seine Argumentation ist weitreichend und beruht dabei auf mehreren voneinander unabhängigen Punkten. Neumayer geht erstens auf die individuelle Situation der betroffenen Berater ein. In Fäl- len, in denen es sich um einen Finanzdienst- leistungsassistenten handelte, zweifelt der Anwalt an, dass diese(r) als Vertreter eines freies Gewerbes über Kenntnisse verfügen hätte(n) müssen, die eine eigenständige Pro- duktanalyse imWertpapierbereich ermöglicht hätten. Dem von den Meinl-Anwälten erho- benen Vorwurf, wonach die angeschriebenen Berater die Wohlverhaltensregeln nach § 11–18 WAG 1997 verletzt hätten, hält er entgegen, dass diese Wohlverhaltensregeln Vertragspflichten der Rechtsträger waren, also der Ariconsult Fonds-Marketing GmbH und der Meinl Success Finanz AG. Der Wiener Jurist, der imAuftrag des Ver- mögensschadenhaftpflichtversicherers Höher Insurance Services GmbH tätig ist, zweifelt parallel dazu auch die Abtretung der Regress- möglichkeit durch den Insolvenzverwalter an die Meinl Bank an. Er verweist auf einen Vertrag, in dem steht, dass die Übertragung von Rechten und Pflichten aus diesem Vertrag der vorherigen schriftlichen Zustimmung des jeweils anderen Vertragspartners bedürfe. Weil diese nicht vorliege, sei auch die Zession des Masseverwalters an die Meinl Bank AG als problematisch und letztlich unwirksam zu be- trachten. Neumayer: „Ich ersuche um Nach- weis einer wirksamen Zession, die aufgrund der mir vorliegenden Verträge unwirksam wä- re!“ Keine Fehlberatung Hinzu komme, dass aus der Vermittlung im Jahr 2007 eine falsche Risikoeinstufung nicht ableitbar sei, Neumayer: „Die Anlageprofile der Ariconsult umfassten 2007 regelmäßig einen folgenden Passus, der Immobilienaktien als mit hohem Risiko behaftete bereits auf deren Drucksorte ausweist.“ Die behauptete Fehlberatung liege daher nicht vor. Den Schwarzen Peter reicht der Anwalt dann an die Meinl Bank selbst zurück: „Sollte der Anleger möglicherweise einen falschen Ein- druck erhalten haben, weil die Fact Sheets der Meinl Bank AG und der Meinl Success Finanz AG fälschlicherweise eine Mündel- sicherheit nahelegen, so hat sich Ihre Mandantin die selbst zuzuschreiben.“ Was den Fall auch für Berater interessant macht, die nicht per- sönlich betroffen sind, ist die Tat- sache, dass das ehemalige Haf- tungsdach, unter dem diese Geschäfte abgeschlossen wur- den, nicht mehr existiert. Aus dem Schreiben der Meinl-An- wälte erfuhr man, dass über die KK Marketing GmbH ein Konkursverfahren eröffnet wurde und dass es sich dabei um die frühere CONTEC- TUM Investment-Consulting GmbH handelte. Eröffnet hat- ten viele diese Geschäftsverbin- dung schon davor mit der ARI- CONSULT Fonds-Marketing GmbH (ab 2001) beziehungsweise vertrieb & praxis I haftungsdach Foto: © Günter Menzl Der Verkauf des Haftungsdachs ConteCtum Investment-Consulting GmbH befreite die ARICon Holding GmbH von Haftungen aus früheren Wertpapiergeschäften. Verkauft Dank der Zurücklegung der WAG-Konzession und des anschließenden Verkaufs der ConteCtum Investment- Consulting GmbH bleibt Wer- ner Barwigs Ariconsult-Grup- pe von Regressforderungen der meinl Bank verschont – die- se belangt nun die Berater. 162 www.fondsprofessionell.at | 3/2015
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