FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015

Maklerverwaltungsprogramm gut erfasst? Welche Altersstruktur haben die Kunden? Welche Laufzeit haben die Verträge? Das hört sich nach einer sehr aufwendi- gen Due-Diligence-Prüfung an. Wenn man die Daten automatisiert erfasst be- kommt, kann man in einem relativ schnellen Prozess eine Überprüfung des Bestands durchführen. Nachdem der Kaufpreis ermittelt wurde und man sich mit dem Makler einig ist, hängt es am Ende natürlich noch davon ab, wie viele Kunden tatsächlich übertragen werden. Erst dann wird der finale Kaufpreis ermittelt. Wir unterstützen den Makler dabei, die Kunden anzuschreiben, diese müssen dem Ganzen ja zustimmen. Und wie geht es dann weiter? Ab dem Zeitpunkt des Übertrags werden die Bestände von uns betreut. Es gibt dann zwei Möglichkeiten: Nicht jeder Makler möchte schließlich von heute auf morgen alles aufge- ben, und auch für uns ist es in dem einen oder anderen Fall sinnvoller, wenn der Berater für die Kunden noch für einen gewissen Zeitraum zu Verfügung steht. Daher gibt es die Mög- lichkeit eines Soft Exits – in diesen Fällen be- treuen die Berater einen gewissen Teil ihrer Kunden einige Zeit lang mit uns gemeinsam. Daneben haben wir ein internes Servicecenter, das für telefonische Anfragen zur Verfügung steht. Teilweise werden wir die Bestände aber auch Beratern zuordnen – allerdings mit einem anderen Konditionenmodell, als es der Berater bei seinen eigenen Kunden gewohnt ist, da es sonst wirtschaftlich keinen Sinn für uns macht. Grundsätzlich ist dies ja auch in Ordnung, da Leads eigentlich etwas kosten. Wie viel bekommen die Makler also von der Bestandsprovision, wenn sie einen Kunden weiter betreuen? Wenn der Makler Neugeschäft mit dem Kun- den macht, bekommt er bei der Abschluss- provision marktübliche Konditionen. Bei der Bestandsprovision wird es voraussichtlich die Hälfte der marktüblichen Konditionen sein. Ich glaube, das ist ein faires Angebot. Sie sind auf Konzernebene auch Leiter des MiFID-Projekts. Was wird auf die Branche Ihrer Meinung nach auf Regu- lierungsebene noch zukommen? Man darf die Regulierung nicht aus den Augen verlieren. Wir wissen heute noch nicht, welche Richtlinien und Durchführungsmaß- nahmen die EU-Aufsichtsbehörden in Zu- kunft noch auf den Tisch bringen werden. Ein wesentlicher Punkt wird etwa sein, wann man als Berater überhaupt Bestandscourtagen ver- einnahmen darf. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hat sich mit diesem Thema bereits beschäftigt und dazu Technical Advices an die EU-Kommis- sion weitergeleitet. Die ESMA vertritt dabei den Standpunkt, dass man als Berater imstan- de sein muss, eine Gegenleistung darzustellen, sonst darf man diese Bestandscourtagen nicht bekommen. Im Versicherungsbereich würde dies etwa das Fondspolizzengeschäft betref- fen. In Zukunft wird man also immer mehr darstellen können müssen, was man als Bera- ter für den Kunden langfristig tut beziehungs- weise welchen Mehrwert man ihm liefert. Auch da brauche ich technologische Modelle, da ein Berater nicht in der Lage sein wird, sei- ne Kunden in der Art und Weise physisch zu betreuen, wie sich die Behörden das vorstel- len. Auch hier könnten Fintechs durchaus interessante Technologien liefern. Wie hat sich das Geschäft von Jung, DMS & Cie. in diesem Jahr in Öster- reich entwickelt? Wir haben im Investmentbereich eine sehr positive Geschäftsentwicklung und konnten unser Ergebnis im Halbjahresvergleich bereits übertreffen. Es zeigt sich, dass die Leute an- gesichts des Niedrigzinsumfelds auch wieder bereit sind, ihr Geld in Wertpapieren zu ver- anlagen – vor allem jene, die nicht in der Lage sind, ihr Geld in eine Immobilie zu in- vestieren. Vielen Dank für das Gespräch . GEORG PANKL | FP fonds & versicherung I alexander varga | jung, dms & cie 160 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 » Wenn der Makler Neugeschäft mit dem Kunden macht, bekommt er bei der Abschlussprovision marktübliche Konditionen. Bei der Bestandsprovision wird es vor- aussichtlich die Hälfte der markt- üblichen Konditionen sein. « Mag. Alexander Varga, Jung, DMS & Cie. Foto: © Günter Menzl Zur Person: Mag. Alexander Varga Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Uni- versität Wien trat Alexander Varga in eine internationale Steuer- und Wirtschaftsprüfungskanzlei ein. In weiterer Folge legte er die Steuerberaterprüfung ab. Nach Statio- nen bei Arthur Andersen, der Fiat Automobil GmbH, der Mezzanin Finanzierungs-AG sowie bei einer Finanzdienst- leistungsgruppe, wo er den Bereich Finance & Operations leitete, stieß er 2009 als Geschäftsführer zu Jung, DMS & Cie. Österreich. Zusätzlich ist der Jurist seit Anfang 2014 Vorstand der Finum Private Finance Österreich. Mag. Alexander Varga: „Wir wissen heute noch nicht, welche Richtlinien und Durchführungsmaßnahmen die EU- Aufsichtsbehörden in Zukunft noch auf den Tisch bringen werden.“

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