FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2015

143 www.fondsprofessionell.at | 3/2015 lich nicht der Eigentümer die Grundsteuer be- zahlen, sondern der Nutznießer des Baurechts. Der Anleger muss also für seine parifizierte Wohnung Grundsteuer abführen. Außerdem können die Bauzinsen in der Zukunft durch die Indexierung beziehungsweise bei einer Verlängerung des Baurechts stärker als ge- plant steigen. Das Hauptproblem ist aber, dass dem Investor eine Wohnung auf einem frem- den Grundstück gehört. Beim Verkauf der Wohnung hat das erhebliche Nachteile. Das weiß auch Wolfgang Stabauer, der ebenfalls ein langjähriger IFA-Partner ist und nun mit seiner Gesellschaft Öko Wohnbau den Gene- ralvertrieb von Wertbau übernommen hat. „Wir sind der Meinung, dass die Vorsorge- wohnungen problemlos verkauft werden kön- nen“, ist Stabauer überzeugt. Er setzt darauf, dass der Käufer entweder auf die Eigennut- zung oder auf die indexierten Mieteinnahmen aus ist. Außerdem könne die Wohnung trotz Baurecht als Sicherstellung für einen Kredit verpfändet werden. In der Praxis ist es jedoch mitunter schwierig, eine Bank zu finden, die sich darauf einlässt. Sie besichert im Zweifel lieber mit unbelastetem Eigentum. Pooling bringt Sicherheit Zum Ausgleich hat der Vertrieb mit dem sogenannten Mietenpool ein starkes Verkaufs- argument im Gepäck. Denn gerade in unsi- cheren Zeiten wünschen Investoren einen sta- bilen Cashflow. Das Pooling der Einnahmen in der Gemeinschaft schafft diese Sicherheit. Alle Mietzahlungen werden in einem Topf gesammelt, aus dem zuerst die laufenden Immobilienkosten bezahlt werden. Die Diffe- renz aus Einnahmen und Ausgaben wird ab- züglich einer Liquiditätsreserve für Instand- haltungsmaßnahmen an die Investoren im Verhältnis ihres Anteils an der gesamten ver- mietbaren Fläche ausgezahlt. Auf diese Weise sind die Risiken, konkret die Mietausfälle und die Leerstandskosten, sozialisiert. Das Soli- darprinzip hat für den Investor Vor- und Nachteile: Es ist nahezu ausgeschlossen, dass er einmal gar keine laufenden Mieteinnahmen erzielt. Der Preis dafür ist, dass der Eigentü- mer nicht direkt die Mieten seiner Wohnung vereinnahmen kann. Der Mietenpool ist grundsätzlich für die ersten 20 Jahre vorgese- hen. Danach kann jeder entscheiden, ob er weiterhin am Mietenpool teilnehmen möchte. Etwas erklärungsbedürftig ist, dass die Bür- germeister der Städte, in denen gebaut wird, ein Vergaberecht für die Wohnungen bekom- men. Das sichert den Investoren zwar das Wohlwollen der Kommunalpolitik, ist aber gewöhnungsbedürftig. „Bei der Vergabe müs- sen immer bestimmte Bonitätskriterien erfüllt sein. Darüber wachen die von uns beauf- tragten örtlichen Immobilienmakler und Haus- verwalter“, versichert Stabauer. Grundsätzlich kann der Investor seine Wohnung auch selbst vermieten. Er muss sich aber an die Mietver- träge halten, die für alle Mieter gelten. Im Herbst sollen noch drei und im kom- menden Jahr wenigstens zehn Häuser gebaut werden. Bei Redaktionsschluss hatte Wertbau nach eigenen Angaben Zusagen für die Stand- orte St. Andrä im Lavanttal sowie Haag in Niederösterreich. Außerdem fanden unter anderem in Nieder- und Oberösterreich und in der Steiermark Gespräche statt. Die Öko Wohnbau will die Vorsorgewoh- nungen sowohl über Vermögensberater als auch über Versicherungsmakler, -agenten und Bausparvermittler an den Mann bringen. Be- rater bekommen eine Basisprovision in Höhe von 3,5 Prozent. Bei höherem Umsatz kann sie auf vier Prozent steigen. Die Makler und Vermittler erhalten 1,5 bis zwei Prozent Tipp- geberprovision. Damit liegen die Vergütungen im Rahmen dessen, was marktüblich ist. Sta- bauer glaubt, dass das Interesse von Beratern in den Bundesländern besonders groß ist, wenn sie ein Anlageprodukt direkt in ihrer Region verkaufen können. Für die Berater könnte das Modell interessant sein, weil die Zielgruppe durch den niedrigen Kaufpreis breiter ist als bei den klassischen Angeboten. Aufgrund des Baurechts sind vermutlich Investoren interessiert, die die Wohnung eines Tages selbst nutzen wollen. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Aktuelle Vorsorgewohnungen im Überblick Initiator/Anbieter Produkt Mindestinvestition Projekt Baumeister Leitner Dr.-Theodor-Körner-Straße 7, Bruck/Mur n.a. Sanierung und Neubau Baumeister Leitner Rathausgasse 38, Gleisdorf n.a. Umwidmung Breiteneder/Raiffeisen Petrusgasse 3/5, Wien 221.484 Euro Neubau Breiteneder/Raiffeisen Erdbergstraße 176–178, Wien 197.782 Euro Neubau C&P Erlachplatz 2–4, Wien 117.072 Euro Neubau C&P Durchlassstraße 52+56, Klagenfurt 97.500 Euro Neubau Hübl & Partner Schöpfleuthnergasse 11, Wien 165.750 Euro Neubau Hübl & Partner Nordmanngasse 17, Wien 207.679 Euro Neubau IFA Migazziplatz 5, Wien n.a. Neubau IFA Michtnergasse 9, Wien 139.000 Euro Neubau JP Immobilien Wiener Straße 5, Himberg 151.500 Euro Neubau JP Immobilien Wiener Straße 26–28, Brunn/Gebirge 132.900 Euro Neubau Liv/Raiffeisen Kollmayergasse 15, Wien 184.834 Euro Neubau Premium Ospelgasse 24, Wien n.a. Neubau Premium Billrothstraße 22, Wien 228.050 Euro Neubau Raab & Raab Schlosshoferstraße 3, Wien n.a. Neubau Real Invest Schottenfeldgasse 81, Wien n.a. Neubau Sedlak Immobilien Brauhausstraße 4a, Schweacht 129.500 Euro Neubau Semper Constantia Rathstraße 33, Wien 260.500 Euro Neubau Venta Real Estate Plüddemanngasse 56, Graz n.a. Neubau Venta Real Estate Lagergasse 35, Graz n.a. Neubau Wertbau Einfangbühel, Bad Ischl 90.000 Euro Neubau Wiener Privatbank Anton-Freunschlag-Gasse 88–90, Wien 123.600 Euro Bestand Wienwert Neulerchenfelder Straße 63, Wien n.a. Neubau Produkte sind keine Kaufempfehlung. Kein Anspruch auf Vollständigkeit (Stichprobe). In den genannten Projekten sind in der Regel nicht mehr alle Wohnungen verfügbar. Quelle: eigene Recherchen | Stand: 4. 9. 2015 Das Baurecht Das sogenannte Baurecht wurde im Jahr 1912 eingeführt. Es bildet den rechtlichen Rahmen, in dem Grundstücks- eigentümer befristete Nutzungsrechte an einer Liegen- schaft an Dritte übertragen können. Praktisch gesehen lei- hen Investoren ein Grundstück, um darauf eine Immobilie zu errichten. Die entsprechende Vereinbarung begründet ein Baurecht, das im Grundbuch eingetragen wird. Es kann für maximal 99 Jahre erteilt werden, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestlaufzeit beträgt zehn Jahre. Die Grundstückseigentümer dürfen von den Nutzern Bau- zinsen verlangen. Das Baurechtsgesetz beinhaltet für die vertraglichen Vereinbarungen keine Vorgaben, weshalb die Vertragsparteien alles frei vereinbaren können. Die laufende Anpassung des Bauzinses an die Verbraucher- preise (Indexierung) ist zulässig. Das Baurecht darf über- tragen werden. Das ist insbesondere bei einem Verkauf der Immobilie und im Erbfall wichtig. Nach Erlöschen des Baurechts geht, wenn es nicht verlängert wird, nicht nur das Grundstück wieder auf den Eigentümer über. Er erhält auch die Immobilie und muss dafür, wenn nicht anders vereinbart ist, eine Entschädigung an den Immobilien- eigentümer bezahlen. Außerdem kann das Baurecht als Sicherstellung für einen Kredit verpfändet werden. Städten, Gemeinden, Kirchen, Stiftungen, Bauern und staatliche Verwalter wie die Bundesforste verleihen lieber Rechte an Liegenschaften, als diese zu verkaufen.

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