FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

I m Netz kursiert ein Video, das Timo Boll, die Nummer zwei der Tischtenniswelt- rangliste, im Spiel gegen einen Roboter zeigt. Nach hartem Kampf gewinnt der Spit- zensportler am Ende durch einen glücklichen Kantenball. Nur sportkundigen Zuschauern fällt auf: Das Video ist so geschnitten, dass der Roboter bei dem schnellen Match mit dem Menschen mithalten kann. In der Realität wäre dies nicht möglich – noch nicht. Dafür sind andere Dinge im digitalen Zeit- alter bereits Wirklichkeit geworden. So testet in Deutschland mit der Sparkasse Marburg- Biedenkopf bereits die erste Bank einen Roboter namens Numi im Kundenverkehr. Numi – der Name kommt von Numismatik, der Münzkunde – übernimmt leichte Aufga- ben im Service. „Er kann schon jetzt die Spar- kassen-Apps erklären und zeigen, wie man Überweisungen ausfüllt“, sagt Andreas Bartsch, der Chef der hessischen Sparkasse. „Gerade lernen wir ihn als ‚Floor Manager‘ an. Er wird in Kürze auch den Weg zu den Beraterbüros zeigen können.“ Die Aktion ist kein Marketing-Gag, sondern hat einen wissenschaftlichen Hintergrund. Der Einsatz von Numi erfolgt in Kooperation mit der Universität Marburg. Die Hochschule stellt auch einen Absolventen ab, der neue Anwendungen für den Roboter programmie- ren soll. „Numi soll lernen, Online-Banking zu erklären und vielleicht auch den Kunden dabei zu helfen, das passende Girokonten- modell zu finden“, sagt Bartsch. Eine weitere Idee ist, dass Numi aktuelle Börsenkurse an- zeigt. „Dazu braucht es eine stabile WLAN- Verbindung an seinem Standort.“ Menschliches Antlitz Das menschenähnliche Aussehen des Ro- boters, der mit einer Höhe von 1,20 Meter un- gefähr so groß ist wie ein siebenjähriges Mäd- chen, hilft bei seiner Akzeptanz. Das Maß ist bewusst gewählt, damit die Kunden keine Angst vor Numi haben. Mit der eingebauten 3-D-Kamera kann er Gesichter und die Emo- tionen seines Gegenübers erkennen. Auch sonst ist Numi vollgestopft mit moderner Technik: In seinem Rumpf und an seinen fünfgliedrigen Händen befinden sich mehrere Sensoren, Laserscanner und Stoßfänger. Der kleine Mann hat viele Kollegen, die alle aus der Baureihe „Pepper“ stammen und vom japanischen Telekomkonzern Softbank in Kooperation mit dem französischen Unter- nehmen Aldebaran Robotics entwickelt wur- den. Insgesamt drei „Pepper“-Roboter kom- men etwa in den Merkur-Märkten in Öster- reich zum Einsatz. Zudem begrüßt ein weib- liches Pepper-Modell im Dirndl die Gäste in einem schicken Hotel in den Alpen, und auf dem FONDS professionell KONGRESS in Wien war ein Exemplar für Credit Suisse As- set Management im Einsatz. Auch bei der Pflege von Kranken und Senioren plant Soft- bank den Einsatz des knapp 20.000 Euro teu- ren Roboters. Während die heimischen Ban- ken dem Roboter-Einsatz noch verhalten ge- genüber stehen, nutzen in Deutschland neben den Sparkassen auch die Direktbank ING-Di- ba einen humanoiden Roboter, der die Kun- den unterhalten und grundlegende Informa- tionen zu Finanzprodukten geben soll. Geteilte Kundenreaktionen Bei unseren Nachbarn ist das Echo der Kunden auf Numi jeoch zweigeteilt. „Das In- teresse ist durchaus groß. Eine ganze Reihe von Kunden fragt explizit, wann Numi wieder in der Kundenhalle ist. Andere sind zurück- haltend und möchten grundsätzlich lieber mit einem Menschen sprechen“, sagt Sparkassen- vorstand Bartsch. „Das ist auch völlig in Ord- nung.“ Auch Bankmitarbeiter können sich einen Roboter als Kollegen in der Filiale vorstellen, der standardisierte und ermüdende Tätigkeiten wahrnimmt. „Wir hätten Numi beider groß- flächigen Einführung der Kontoauszugs- drucker gut gebrauchen können. Damals mussten wir jedem einzelnen Kunden die Au- tomaten erklären“, so eine Servicemitarbeite- rin einer großen rheinischen Sparkasse. „Um auf Vertriebsaktionen aufmerksam zu machen, ist Numi aus meiner Sicht auch gut geeignet. Wer kann bei den großen Augen schon an ihm vorbei gehen?“, schmunzelt die Bankerin. Mehr als den Erstkontakt herstellen und dann an einen menschlichen Kollegen überleiten könne der Roboter aber wohl kaum, schränkt sie ein. „Ob er auch das Cross-Selling be- herrscht, das von den Servicekräften in der Fi- Die Automatisierung schreitet auch im Bankenbereich weiter voran. Jetzt setzt in Deutschland bereits ein Sparkasse einen Roboter im Kundenservice ein. Numi , der neue Kollege Ein Roboter der „Pepper“-Serie zeigte sein Können auf dem FONDS professionell KONGRESS in Wien. Ein Verwandter names Numi erledigt bereits einfache Service-Aufgaben in einer Sparkasse in Deutschland. Foto: © Laackman Fotostudios Marburg, Laackman Fotostudios Marburg 212 www.fondsprofessionell.at | 2/2018 bank & fonds I automatisierung

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