FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

W ir werden länger leben als die Gene- rationen vor uns. Und wir werden voraussichtlich länger arbeiten. Die- se zwei Tatsachen spielen für jeden spätestens dann eine entscheidende Rolle, wenn es ans Planen der finanziellen Vorsorge geht. Manch ein Ökonom zeichnet Untergangsszenarien und redet vom Kollaps des Pensionssystems. Die Politik wiederum behandelt das Thema wie ein heißes Eisen: Die aktuelle Regierung greift zum Beispiel die Anhebung des Pen- sionsalters wieder einmal nicht an. Keine die- ser Vorgehensweisen hilft in einer derart wich- tigen Sache weiter. FONDS professionell ana- lysiert, welche Leistungen wir von der Politik erwarten sollen, was wir selber machen müssen und welche Konsequenzen man daraus als Fi- nanzberater für das Kundengespräch zieht (siehe Kasten am Ende). Komplexes Thema Aufschlussreich dazu ist die Arbeit der Mathematikerin und Demogra- fiespezialistin Alexia Fürnkranz- Prskawetz von der TU Wien. Deren Daten zeigen zum Beispiel, wie frag- würdig es wäre, allein das Pensions- alter zu erhöhen. Denn im internatio- nalen Vergleich fällt auf, dass der Staat es zuerst einmal verabsäumt hat, das Potenzial der arbeitsfähigen Bevölkerung auszuschöpfen: In Österreich, so Fürnkranz-Prskawetz, seien zu viele Menschen schlicht aus strukturellen Gründen nicht auf demArbeitsmarkt: Frauen aufgrund mangelnder Kinderbetreuung, Ju- gendliche, weil Job- oder Bildungsinitiativen nicht effektiv genug sind, ältere Arbeitnehmer, weil es keine der in anderen Ländern längst Kippt die Gesellschaftsalterung wirklich unser Pensionssystem? Die Mathematikerin Alexia Fürnkranz-Prskawetz erklärt, warum das so nicht stimmt. „Weg vom Pessimismus“ Die Alterung der Gesellschaft stellt das Pensionssystem auf die Probe. Wir werden mehr privat vorsorgen müssen. Doch die Probleme nur auf die Demografie zu schieben, geht nicht. Auch der Staat hat bisher vieles verabsäumt. Die Älteren werden mehr, … So entwickelt sich die Bevölkerung von 1950 bis 2080. Deshalb bereiten uns Pensionsexperten auf längeres Arbeiten vor: Das potenzielle Arbeitskräfteangebot (20- bis 64-Jährige) dürfte von derzeit 61,8 Prozent auf einen Anteil von 52,2 Prozent im Jahr 2080 sinken. Die Pensionisten (65 Plus) legen von 18,6 auf 29 Prozent zu. Fürnkranz-Prskawetz: „Das Pensionsalter muss sicher erhöht werden. Ein zu wenig beachtetes Problem ist aber, dass viele Arbeitsfähige nicht auf dem Arbeitsmarkt sind. Wir brauchen bessere Konzepte für Frauen, jugendliche Arbeitslose und Ältere. Bei älteren Arbeitnehmern bedeutet das zum Beispiel, dass Gesundheits- und Arbeitspolitik besser ineinandergreifen müssen.“ 0 4 2 3 1 5 6 7 8 9 10 11 2080 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060 2070 Bevölkerung in Mio. Vorausschätzung ab 2017 65 und mehr Jahre 20 bis 64 Jahre 0 bis 19 Jahre … das ist aber nicht das alleinige Problem Demografische Abhängigkeit eines Staates versus Arbeitsabhängigkeit Diese Grafik sieht zwar aus wie schlecht ausgeführtes Malen nach Zahlen, ist aber bri- sant: Zum Beispiel ist Schweden (SE) deutlich härter von einer alternden Gesellschaft betroffen (Demografischer Abhängigkeitsquotient) als Österreich. Dennoch ist in Schwe- den das Verhältnis aller Beschäftigten zu Nichtbeschäftigten (vom Kind bis zum Greis) deutlich besser (Beschäftigungsbasierte Abhängigkeit). Fürnkranz-Prskawetz: Die Schwe- den arbeiten länger und haben eine höhere Frauenbeschäftigung. „Es stimmt einfach nicht zu sagen: ,Weil die Gruppe der 20- bis 64-Jährigen kleiner wird, haben wir ein Problem.‘ Es kommt darauf an, wie die Arbeitsfähigen aktiv sind.“ 1,0 1,4 1,2 1,3 1,1 1,5 1,6 1,7 0,60 0,65 0,70 0,75 Demografischer Abhängigkeits-Quotient 0,55 Beschäftigungsbasierter Abhängigkeits-Quotient Österreich Deutschland Spanien Finnland Frankreich Ungarn Italien Schweden Slowenien UK 174 www.fondsprofessionell.at | 2/2018 vertrieb & praxis I pensionsvorsorge Foto: © SyB | stock.adobe.com

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=