FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

Foto: © Günter Menzl E twas mehr als zwei Jahre lang war Peter Thirring Generaldirektor der Donau Versicherung. Unter seiner Führung bekam das 150 Jahre alte Unter- nehmen einen neuen Außenauftritt. Das Werbeprofil und die strategische Ausrich- tung wurden in Richtung individueller Kundenservice, regionale Eigenverant- wortung und Mitarbeiterqualität geschärft. Die Donau verzichtet auf Online-Polizzen und investierte stattdessen in die persön- lichen Berater. 2016 gelang es Thirring, sein Haus in die Profitzone zurückzuholen. Er setzte damit den Restrukturierungsprozess fort, den seine Vorgängerin Elisabeth Stadler (heute Generaldirektorin der VIG) eingeleitet hatte. Die Donau war 2013 vor allem wegen Problemen in Italien ins Trudeln geraten. Ab 1. Juli 2018 wechselt Thirring offiziell in den Vorstand der Muttergesellschaft Vienna Insu- rance Group. Herr Thirring, Sie stehen unmittelbar vor dem Wechsel in die Vienna Insu- rance Group. Sind die Koffer gepackt? Peter Thirring: Ich befinde mich tatsächlich schon in der Übergangsphase. Die wird mir insofern leicht gemacht, weil mein Nach- folger bei der Donau, Ralph Müller, schon seit einiger Zeit als Finanzvorstand im Haus ist. Die Weichen sind also gestellt. Die Auf- sichtsratssitzung für das Ergebnis 2017 ist vorbei. Jetzt übernimmt er das Kommando. Und da meine Zuständigkeiten in der VIG für die Länder und die Themenbereiche Rückversicherung und Compliance feststehen, beginne ich schon damit, diese Dinge zu über- nehmen. Was werden Sie vermissen nach zwei Jahren in der Donau? Vermissen werde ich sicher den Donau-Spirit, die extrem starke Unternehmenskultur. Das Zusammenhalten in schwierigen Zeiten, das ist etwas, das hier sehr ausgeprägt ist und etwas, von dem ich überzeugt bin, dass es die Donau in Zukunft voranbringen wird. Sie wechselten in die Donau nach Jahr- zehnten in der Generali. Was war im Rückblick die größte Überraschung? Am meisten überrascht hat mich der große Unterschied zwischen einem Unternehmen, bei dem eine ausländische Mutter sehr starken Einfluss auf das Geschehen in Österreich nimmt, und einem österreichischen Unterneh- men, bei dem sich der Kernaktionär sehr viel besser mit dem heimischen Markt auskennt. Es hat mich überrascht, wie viel mehr gestal- terische Möglichkeiten es dadurch gibt. Soeben werden die VIG-Töchter S-Ver- sicherung und Wiener Städtische fusio- niert. Wie fix ist es, dass die Donau innerhalb der VIG eigenständig bleibt? Das ist aus meiner Sicht hundertprozentig sicher. Es gibt keine Diskussionen in diese Richtung. Das wäre auch nicht sinnvoll, denn die Donau hat eine komplett andere Posi- tionierung. Die Wiener Städtische ist Markt- führer, die Donau ist die kleinere, regional aufgestellte Versicherung, die näher in den ländlichen Gebieten dran ist. Wie lange braucht der Kunde noch den regionalen Ansprechpartner als Vertrauensmann? Und wie lange ist dieses Konzept leistbar? Sie sagen „Online-Versicherung gibt es bei uns nicht“, während viele andere damit experimentieren … Es stimmt, dass wir uns hier durchaus unterscheiden. Wir digitalisieren zwar sehr viele Abläufe. Aber was wir nicht wollen, ist, dass sich der Kunde selbst versichert. Wir wollen über die Beratung – sei es über den eigenen Vertrieb oder den Makler – dafür sorgen, dass unsere Kunden richtig versichert sind. Das wird so bleiben. Und man muss auch sagen: Derzeit ist das ja gar kein Wett- bewerbsnachteil. Der reine Online-Verkauf ist in Österreich marginal, der spielt sich im Promillebereich ab. Bis das halbwegs relevant wird, bleibt noch ausreichend Zeit, um zu rea- gieren. Die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD erfordert ab Oktober erhöhte Transpa- renz. Manche Anbieter stellen nun die Kostenstruktur neu auf und setzen auf ungezillmerte Tarife. Sieht man solche auch bald bei der Donau? Natürlich denkt man darüber nach. Der Ge- setzgeber diskutiert ohnehin, die Verteilung der Kosten auf zehn Jahre vorzuschreiben, statt auf derzeit fünf. Das kommt ja einer ungezillmerten Variante sehr nahe. Ob ich die Kosten auf zehn Jahre verteile oder auf die Laufzeit, da ist der Unterschied gering. Der Trend geht ganz klar in diese Richtung. Wann rechnen Sie mit dem Gesetz? Die Verteilung auf zehn Jahre sollte noch vor dem Sommer kommen. Das ist mein Infor- mationsstand. Danach wird’s schwierig, weil Österreich die EU-Ratspräsidentschaft über- nimmt. Das Gesetz hängt auch mit der Klar- stellung der Rücktrittsrechte zusammen. „Das ist für einen Juristen ei » Es gibt keine Diskussionen über die Eigenständigkeit in der VIG. « Peter Thirring, Donau Versicherung Peter Thirring Dr. Peter Thirring, geboren 1957 in Seattle, hat an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert. Der Ver- sicherungsexperte war mehr als 30 Jahre in der Generali in führenden Positionen tätig, zuletzt als Vorstandsvor- sitzender von Generali Holding Vienna AG und Generali Versicherung AG. Seit März 2016 führt er als General- direktor die Donau Versicherung. Ab 1. Juli 2018 verstärkt er den Vorstand der börsennotierten Vienna Insurance Group (VIG). Die Donau Versicherung ist eine Tochter der VIG. Sie zählt 750.000 Kunden und ist nach Eigenan- gaben der fünftgrößte Versicherer im Land. Peter Thirring, Generaldirektor der Donauversicherung, wechselt in den Vorstand der Mutter VIG. Dafür legt er – vorerst – eine Tenniskarriere auf Eis. Mit FONDS professionell sprach Thirring auch über ungezillmerte Polizzen, problematische Rücktrittsrechte und die neue Intransparenz durch den neuen Bilanzierungsstandard IFRS 17. fonds & versicherung I peter thirring | donau versicherung 146 www.fondsprofessionell.at | 2/2018

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