FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

D urch die Regulierungswut der Politik wurden die Bürger in den vergangenen Jahren schrittweise entmündigt. Unter dem Vorwand, die Verbraucher zu schützen, müssen diese nun lange Aufklärungen und Bestätigungen unterschreiben, was die Papier- industrie freut, aber nicht für mehr Trans- parenz sorgt. Den Anbietern wird wegen des Konsumentenschutzes allerhand verboten. Ganz besonders ausgeprägt ist das am Kapi- talmarkt und bei Finanzprodukten. Finanz- berater dürfen Privatanlegern beispielsweise keine Alternativen Investmentfonds (AIF) ver- kaufen. Das gilt auch für breit diversifizierte Dachfonds, obwohl sie statistisch betrachtet und im Vergleich zu Crowdinvestments ein relativ geringes Verlustrisiko haben. Schuld daran ist, dass die damalige Regierung 2013 die EU-Richtlinie zur Regulierung der AIF- Manager in Österreich übereifrig umgesetzt hat. Man spricht hier zu Recht von „Gold Plating“, also von der mustergültigen Überer- füllung der EU-Vorgabe. Dass Deutschland mit einem ausgewogenen Gesetz gezeigt hat, wie man sie mit Maß und Ziel umsetzen kann, hat in Österreich kaum jemanden inter- essiert. Eine Novelle wäre eigentlich dringend geboten, nicht zuletzt wegen des „Crowdfun- ding“-Gesetzes, das in krassem Widerspruch zumAIFM-Gesetz steht (siehe Artikel „Zwei- erlei Maß“ in der FONDS professionell 4/2015). Obwohl die alte große Koalition da- rauf hingewiesen wurde, hielt sie daran fest. MiFiGG hängt fest Mit der türkis-blauen Regierung dürfte sich das ändern. Sie will das missratene AIFM-Ge- setz überarbeiten. Das erklärte zumindest der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Andreas Hanger auf einer von RWBAustria veranstalteten Po- diumsdiskussion: „Es gibt eine Stellungnahme des Finanzministeriums, die wir im Klub sehr unterstützen, dass die Beschränkungen im Pri- vatanlegervertrieb aufgehoben werden sollen.“ Der Obmann im Finanzausschuss des Natio- nalrats gab zu, dass imAIFM-Gesetz die EU- Vorgaben übererfüllt wurden. In der alten Regierung habe es diesbezüglich aber keine Einsicht und keinen Willen zu einer Änderung gegeben. „Ich bin davon überzeugt, dass der Markt massiv überreguliert ist.“ Zumindest wurde das AIFM-Gesetz im vorigen Jahr durch das Mittelstandsfinan- zierungsgesellschaftengesetz 2017 (MiFiGG 2017) ein wenig adaptiert. Es beinhaltet für Investoren, die sich an Mittelstandsfinan- zierungsgesellschaften beteiligen, einerseits steuerliche Anreize und andererseits niedrigere Einstiegsbarrieren bei geschlossenen Private- Equity-Fonds. Außerdem wurde das AIFM- Gesetz dahingehend geändert, dass Privatan- leger unter bestimmten Voraussetzungen ab 10.000 Euro Investment in einen Private- Equity-Dachfonds oder Venture-Capital-Fonds einsteigen dürfen (siehe auch FONDS profes- sionell 1/2017, Seite 38). Das MiFiGG 2017 wurde im Sommer 2017 beschlossen und in Kraft gesetzt. Allerdings findet es keine An- wendung, weil es von der EU noch beihilfe- rechtlich freigegeben werden muss. Für den Wirtschaftsstandort Österreich, den Beteiligungsmarkt und für Anleger bringt das Gesetz keine entscheidenden Vorteile. „Das Gesetz wurde im Parlament durchgepeitscht und ist eine reine Augenauswischerei“, ärgert sich Rudolf Kinsky, Präsident der Austrian Private Equity und Venture Capital Organisa- tion (AVCO). Er kritisiert, dass damit nur kleine Gesellschaften unterstützt werden und damit „kein einziger Fonds gegründet wird“. Kapitalzugänge Die Politik steht vor einem Dilemma, für das sie keine Lösung hat. Für den Wirtschafts- standort muss sie bessere Möglichkeiten in der Unternehmensfinanzierung schaffen, da- mit Betriebe entstehen, wachsen und Arbeits- plätze schaffen können. Gleichzeitig hat sie kein Interesse daran, dass Kapital ins Ausland abwandert. Das tut es aber ohnehin: Gibt es keine heimischen Fonds, suchen sich Investo- ren passende Angebote im Ausland. Und österreichische Fonds investieren – jedenfalls im europäischen Binnenmarkt – natürlich auch im Ausland. „Wir müssen uns also fra- gen, wie wir es attraktiver machen können, dass die Finanzierung in Österreich und in Europa sichergestellt ist und die Unternehmen nicht mehr in die USA und nach China aus- verkauft werden“, meint Berthold Baurek- Karlic, Gründer und Geschäftsführer der Wiener Investmentgesellschaft Venionaire Capital. Derzeit fehle das Kapital, um die Un- ternehmen im Land zu halten. Eine über die Maßen strenge Regulierung verbietet den Vertrieb von Alternativen Investmentfonds an Privatanleger. Das soll sich bald ändern. Lockerung in Sicht Die Bundesregierung ist bereit, das AIFM-Gesetz zu novellieren. Dann könnten Privatanleger auch wieder geschlossene Fonds in Form von voll regulierten Alternativen Investmentfonds (AIFs) zeichnen. Foto: © Parlamentsdirektion / Thomas Topf, RWB Austria 134 www.fondsprofessionell.at | 2/2018 sachwerte I aifm

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=