FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

markt & strategie I jeff taylor | invesco 86 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 Foto: © Christoph Hemmerich R und 33 Jahre ist es inzwischen her, dass Jeff Taylor in die Finanzin- dustrie eingestiegen ist – als Ana- lyst für europäische Aktien. Diesem Me- tier ist er bis heute treu geblieben. Vor gut 20 Jahren wechselte Taylor zu Invesco Perpetual, wo er seit dem Jahr 2001 Head of European Equities ist. Von Henley-on- Thames aus, einem Städtchen eine Auto- stunde westlich von London, managt er unter anderem den Invesco Euro Equity Fund. Der 1,9 Milliarden Euro schwere Fonds schneidet langfristig deutlich besser ab als der Vergleichsindex und die meis- ten Wettbewerber. FONDS professionell traf Taylor bei seinem jüngsten Besuch auf dem europäischen Festland zum Interview. Herr Taylor, Sie haben sich jüngst sehr optimistisch zu europäischen Aktien geäußert. Anfang Februar sackten plötz- lich die Kurse ab, auch an Europas Bör- sen. War das nur eine Korrektur? Oder doch der Beginn einer Baisse? Jeff Taylor: Ich glaube an eine Korrektur, die mich auch nicht allzu besorgt stimmt. Der Markt lief lange Zeit sehr gut, ohne dass wir größere Korrekturen gesehen hätten. Dass es zuletzt auch mal in die andere Richtung ging, hat mich weder überrascht, noch denke ich, dass es sich um den Auftakt zu einer Baisse handelt. Denn an den positiven Fundamentaldaten hat sich weder in den USA noch in Europa etwas geän- dert. Die europäische Wirtschaft wächst nach wie vor – und zwar stärker als er- wartet. Die europäischen Unternehmen verzeichnen ein solides Gewinnwachs- tum, und wir sind zuversichtlich, dass die von uns gehaltenen Aktien an die- semAufschwung partizipieren können. Ihr Fonds hat den „Mini-Crash“ besser überstanden als die meisten Wettbewerber. Woran liegt das? Ich sehe die jüngste Korrektur als Aus- druck eines von uns seit Längerem erwarteten Favoritenwechsels. Wenn ein Teil des Marktes überlaufen ist, ist das für Anleger immer ein Risiko. Ein Beispiel: In den ver- gangenen Jahren waren „anleihenähnliche Aktien“, etwa aus dem Lebensmittel- und Getränkesektor, ungerechtfertigt beliebt. Wir haben solche Titel nicht im Portfolio, da uns weder ihre Bewertung noch ihre Gewinnent- wicklung noch ihre Reaktion auf steigende Anleihenrenditen zusagen. Im Gegensatz dazu sehen wir derzeit eine gesunde Exponierung gegenüber Finanzwerten als sinnvoll an, denn diese Branche gedeiht im aktuellen Wirt- schafts- und Finanzmarktumfeld. Wie würden Sie Ihren Investment- ansatz beschreiben? Auf den Punkt gebracht mit vier Stich- worten: aktiv, bewertungsorientiert, prag- matisch, langfristig. Aktiv meint dabei wirklich aktiv: Der „Active Share“, der die Abweichung zum Vergleichsindex misst, liegt in meinem Fonds regelmäßig bei 75 bis 80 Prozent. Mit Blick auf die Bewertung lege ich Wert auf den Unter- schied zwischen „Valuation“ und „Value“ – das mag sich haarspalterisch anhören, ist aber wichtig. Inwieweit? Die Bewertung einer Aktie ist sehr wich- tig. Es gibt ein eindeutiges Verhältnis zwi- schen dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) zum Investitionszeitpunkt und der Rendite, die man über die folgenden zehn Jahre damit erwirtschaften kann. Der Gewinn liegt gewis- sermaßen im Einkauf. Dennoch verfolge ich keinen reinen Value-Ansatz. Denn wenn ich mich als Value-Manager bezeichnen würde, wären Sie überrascht, dass Sie auch den einen oder anderen typischen Wachstumstitel im Portfolio finden. Ich habe nichts gegen Growth-Werte – solange der Preis stimmt. Woran machen Sie das fest? Vermutlich nicht nur am KGV, oder? Nein, es gibt nicht den einen Bewer- tungsmaßstab, der immer funktio- niert. Wir ziehen je nach Geschäfts- modell unterschiedliche Kennzahlen heran. Sie können eine Werbeagentur nicht nach den gleichen Maßstäben bewerten wie einen Maschinenbauer. Es gibt allerdings zwei Kenngrößen, die mir generell wichtig sind: zum einen die Entwicklung des Free Cashflows, zum anderen die Frage, inwieweit die Verbesserung der Kapitalrendite schon im Aktienkurs eingepreist ist. Wichtig ist, keinen dogmatischen Ansatz zu verfolgen, sondern pragmatisch zu bleiben. Jeff Taylor , Leiter europäische Aktien bei Invesco Perpetual , über die jüngste Korrektur an den Aktienmärkten, seinen Investmentansatz im fast zwei Milliarden Euro schweren Invesco Euro Equity Fund, die ungewöhnliche Sektorengewichtung in seinem Portfolio und die Frage, was der Brexit wohl für seine Arbeit bedeutet. „Der Gewinn liegt im Einkauf“ » Wir kombinieren die Einzeltitel- mit einer makroökonomischen Analyse. Ich bin fest davon überzeugt, dass beides sehr wichtig ist. « Jeff Taylor, Invesco Der Konkurrenz enteilt Invesco Euro Equity Fund versus Kategoriedurchschnitt Der Invesco Euro Equity Fund liegt auf lange Sicht deutlich vor den Wett- bewerbern und dem Vergleichsindex. Quelle: Morningstar 0 % 100 % 75 % 50 % 25 % –25 % 125 % Invesco Euro Equity Fund A Morningstar-Kategorie Aktien Euroland Standardwerte 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 ’18 ’10

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=