FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

4 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 brief der herausgeber D er Rückschlag an den Aktienmärkten Anfang Februar hat die gute Stimmung, die den Jahresbeginn kennzeichnete, emp- findlich gestört. Im Januar waren noch viele Beobachter da- von ausgegangen, dass auch dieses Jahr für Aktionäre erfolgreich verlaufen dürfte – gute Konjunkturdaten für Europa, eine anhaltende Erholung an vielen Emerging Markets und günstige Rahmenbedin- gungen für US-Unternehmen dank der Steuersenkungen durch die Regierung Trump gaben Grund zu Optimismus. Wenige Wochen später prägt Nervosität die Marktstimmung. Der Volatilitätsindex VIX hat sich zwar etwas beruhigt, eine Rückkehr zu den rekord- tiefen Niveaus der letzten Monate zeichnet sich jedoch nicht ab. Nach neun Jahren steigender Kurse damit zu rechnen, dass es auch wieder einmal talwärts geht, wäre auch nicht völlig verkehrt. In solch einem Umfeld drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob man nicht aus Aktien aussteigen sollte. In einem interessanten Beitrag auf der Blog-Seite seines Arbeitgebers hat sich Alfred Kober, Leiter Aktienfondsmanagement der Security KAG, mit dieser Frage be- fasst. Anhand einer Analyse, die das US-Investmenthaus Research Affiliates im Jahr 2016 (http://bit.ly/2GeAphy ) erstellt hat, rechnet Kober vor, was Anleger erwartet, wenn sie ihre Aktienfonds aktiv traden. Wer seiner individuellen Markteinschätzung folgend kauft, verkauft und wieder kauft, muss davon ausgehen, dass ihm dadurch zwischen zwei und drei Prozent der durchschnittlich erzielbaren jährlichen Erträge verloren gehen. Wie kommt es zu diesen Werten? Basis der Berechnung ist der Zeitraum 1991 bis 2013, berücksich- tigt wurden 18.000 US-Fonds, die in dieser Periode am Markt waren (inklusive auch inzwischen geschlossene Produkte). Und ver- glichen wurden Buy-and-Hold-Erträge mit volumensgewichteten Erträgen. Vereinfacht dargestellt werden die so ermittelt: Wenn ein Fonds im ersten Jahr zwei Millionen Euro groß ist und im zweiten Jahr nur mehr eine Million, hat die Hälfte der Anleger offenbar ver- kauft. Wenn der Fonds in beiden Jahren jeweils fünf Prozent ver- dient hat, waren Anleger, die den Fonds hielten, am Ende etwas mehr als zehn Prozent reicher, jene, die ausgestiegen sind, verdien- ten nur fünf Prozent. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, wie viel von den Fondserträgen für „aktive“ Fondskäufer übrig geblieben ist. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Im Durchschnitt haben diese 18.000 Aktienfonds 8,81 Prozent pro Jahr erwirtschaftet. Manche Fondskategorien – etwa Nebenwertefonds mit durchschnittlich 9,78 Prozent per annum – haben dabei besser abgeschnitten, andere hingegen schlechter. Der Gesamtmarkt, gemessen am Russell 3000 Index, legte über denselben Zeitraum hinweg jährlich 9,37 Prozent zu. Die Anlageprodukte konnten also im Durchschnitt nicht mit dem breiten Markt mithalten, was angesichts ihrer Kosten sowie der vielen „Wetten“, die Fondsanbieter eingehen, in dem sie auf be- stimmte Marktsegmente setzen, nicht überrascht. Überraschend ist hingegen die massive Underperformance der Fondskäufer, die ihre Investments nicht über den gesamten Zeitraum hinweg hielten, son- dern zwischenzeitlich ein- und ausgestiegen sind. Im Durchschnitt lag ihr „Verlust“ bei 1,94 Prozent pro Jahr. Das ist schon beträcht- lich, in einzelnen Segmenten lagen die Ertragseinbußen aber noch deutlich darüber. Bei Growth Funds, also Produkten, die sich auf wachstumsstarke Unternehmen konzentrieren, lag der Minderertrag bei 3,16 Prozent im Jahr, und auch bei Indexfonds büßten Anleger, die glaubten, schlauer als der Markt zu sein, im Jahresdurchschnitt 2,72 Prozent ein. Security-Manager Kober leitet aus der Analyse aber noch schockierendere Zahlen ab: „Eine Investitionssumme von 100.000 EUR 22,5 Jahre mit 6 % oder 9 % p. a. zu veranlagen, spiegelt sich in einem Depotwert von 271.000 oder 595.000 EUR wider. Kein unerheblicher Unterschied, so würde ich meinen.“ Wir würden das auch meinen. Berater, die in diesem Tagen mit ängstlichen Kundenanfragen konfrontiert sind, sollten diese Analyse kennen und gegebenenfalls darauf verweisen. Wir bedanken uns an dieser Stelle wie jedes Jahr bei allen Besu- cherinnen und Besuchern des diesjährigen FONDS professionell KONGRESS, weil sie mit ihrer Teilnahme einmal mehr dafür gesorgt haben, dass unser Branchentreff für alle Beteiligten ein großer Erfolg war. Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Angesichts der Nervosität an den Aktienmärkten drängt sich die Frage nach einem Aus- stieg auf. Eine Analyse zum Thema Market Timing lässt dies wenig ratsam erscheinen. Teures Timing Foto: © Marlene Fröhlich Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi

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