FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

246 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 steuer & recht I regierungsprogramm Foto: © stock.adobe.com; Uniqa A ngesichts der Themen, die seit Jahresbeginn die innenpolitische Berichterstattung dominieren – von Liederbüchern bis zu Geheim- dienstskandalen –, könnte man als Be- obachter fast vergessen, dass die neue Koalition aus ÖVP und FPÖ zwei Mo- nate nach der Wahl ein Arbeitsprogramm vor- gelegt hat, das auch wichtige Kapitalmarkt- belange enthält. Und weil parallel dazu auch zentrale Funktionen der Republik neu besetzt wurden, darf man mittelfristig mit erheblichen Änderungen in diesem Bereich rechnen. So fand etwa die Fondsbranche beim früheren Finanzminister Hans Jörg Schelling (VP) mit ihrer Forderung der „gesperrten Vorsorge- depots“ kein Gehör. Der neue Ressortchef Hartwig Löger – ebenfalls VP, aber ein Mann aus der Versicherungswirtschaft – ist dem Ver- nehmen nach dem Thema gegenüber deutlich aufgeschlossener. Obwohl die neue Regierung also noch nicht sehr lang imAmt ist, lohnt es sich doch, einen ersten Blick darauf zu wer- fen, welche Finanz- und Kapitalmarktpläne inzwischen konkrete Formen angenommen haben und in welchen Bereichen man sich vorläufig noch mit der Hoffnung auf Fort- schritte begnügen muss. Aus Sicht der Finanzproduktanbieter sind alle Augen auf den Ausbau der betrieblichen und der private Vorsorge („zweite“ und „dritte Säule“) gerichtet. Denn im internationalen Vergleich verharren diese beiden wichtigen Ergänzungen zur staatlichen Pension nach wie vor im Dornröschenschlaf. Während im EU- Durchschnitt 38 Prozent der Veranlagungen den Vorsorgebereich betreffen, sind es hierzu- lande nur 21 Prozent, wie die Vereinigung österreichischer Investmentfondsgesellschaf- ten vorrechnet. Ein zentrales Hemmnis bei staatlich geför- derten privaten und betrieblichen Vorsorgean- sätzen sehen Fachleute seit Jahren in den en- gen Risikobeschränkungen. Um Katas- trophen zu vermeiden, wird hier tradi- tionell nach Garantien verlangt, was in der heutigen Zinslandschaft jedes sinn- volle Investment weitgehend unmöglich macht. Und genau hier gibt es einen Licht- blick. Sowohl in der privaten als auch in der betrieblichen Vorsorge will die Regierung nun größere Risikobudgets und damit höhere Chancen auf Rendite ermöglichen. Bei der be- trieblichen Vorsorge waren die Angaben dazu im Regierungsprogramm durchaus konkret: Die Pensionskassen und betriebli- chen Vorsorgekassen sollen bis zu drei Prozent (optional zehn Pro- zent) in Eigen- und Risikokapital österreichischer Unternehmen in- vestieren dürfen. „Diskussionen mit Vertretern der Industrie“ gibt es bereits, heißt es aus dem Fi- nanzministerium. Man wolle „ei- nen praxisnahen Zugang erarbei- ten“. Die tatsächliche Umsetzung geschieht im Rahmen der geplan- ten Steuerstrukturreform (2020). Gesperrte Vorsorgedepots Verglichen damit waren die Hinweise darauf, was bei der privaten Vorsorge zu erwarten ist, lange Zeit eher dürftig. Die Rückmeldung aus dem Finanzministe- rium lässt allerdings vermuten, dass eine langjährige Forderung der Fondsverbän- de VÖIG und VAIÖ doch erfüllt werden könnte: „Das Konzept der gesperrten Vorsor- gedepots wird in der Erarbeitung geprüft und diskutiert“, heißt es. Der heutige Finanzstaats- sekretär Hubert Fuchs hatte vor der National- ratswahl im Herbst als Finanzsprecher der FPÖ die Idee ausdrücklich begrüßt. „Eine grundvernünftige Idee (…), die von der Bun- desregierung bedauerlicherweise nicht aufge- griffen wird“, kritisierte er damals gegenüber FONDS professionell. Die Chancen auf Rea- lisierung dürften gestiegen sein. Solche „Sperrkonten“ für die private Vor- sorge, die zum Beispiel Steuerfreiheit in der Ansparphase bieten, sind in anderen Ländern längst üblich. Der Plan der Befürworter in Österreich sieht vor, dass Sparer die Möglich- Das Regie- rungsprogramm 2017-2022 bein- haltet auch eine Reihe kapitalmarkt- relevanter Punkte, die bisher allerdings noch sehr vage formu- liert sind. Die Finanz- branche erhofft sich der- zeit aber noch gesetzliche Änderungen bei wesentli- chen Problemkreisen. » Nur 21 Prozent der Veranlagungen hierzulande betreffen den Vorsorgebereich. Der EU-Durchschnitt beträgt 38 Prozent. « VÖIG Die türkis-blaue Regierung trat auch mit neuen Plänen für den Kapitalmarkt an. Ein Überblick über den Stand der Dinge. Neue Besen …

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