FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

240 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 bank & fonds I regtechs Foto: © ArtemSam | stock.adobe.com W egen diverser Vergehen musste die Deutsche Bank über die Jahre Mil- liardenstrafen zahlen. Damit sich dies nicht wiederholt, baute das Institut den Compliance-Bereich beträchtlich aus: Allein 2016 wurden 350 neue Stellen geschaffen, 2017 folgten sogar 600 neue Positionen. In anderen Bereichen, auch im Vertrieb, mussten dagegen Mitarbeiter gehen. „Starke und wirk- same Kontrollsysteme sind für unser Geschäft unerlässlich“, sagt Compliance-Chefin Sylvie Matherat. „Wir müssen jederzeit sicherstellen, dass wir unsere Geschäfte im Einklang mit hohen Standards ausüben.“ Doch nicht jeder Finanzdienstleister hat die notwendige Größe oder das Kapital, um aus eigener Kraft mit den ständig wachsenden Anforderungen Schritt zu halten, die sich aus Basel IV, Mifid II, IDD oder der neuen Rech- nungslegungsvorschrift IFRS9 ergeben. In diese Lücke stoßen junge, technikaffine Unternehmen, die sogenannten Regtechs, die Finanzunternehmen bei der Erfüllung ihrer Pflichten unterstützen. „Die Finanzdienstleis- ter stehen vor großen regulatorischen Heraus- forderungen, die sich vor allem auf der Kos- tenseite bemerkbar machen“, sagt Rechtsan- walt Björn Brücher von der Kölner Kanzlei WSS Redpoint, die auf die Beratung junger Technologiefirmen spezialisiert ist. „Regtechs automatisieren ausgewählte Prozesse. Anwen- dungsbereiche können neben demAufsichts- und dem Geldwäscherecht auch der Daten- schutz oder das IT- und Softwarerecht sein.“ Im Gegensatz zu Fintechs, die die Schnitt- stelle zum Endverbraucher optimieren und für ein besseres Kundenerlebnis sorgen wollen, mutet die Arbeit der Regtechs eher spröde an. Wichtig ist sie trotzdem. Viele Anwendungen So unterstützt das Zürcher Unternehmen Qumram seine Kunden bei der Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nach Mifid II und der neuen EU-Datenschutzverordnung. Der An- bieter zeichnet alle Informationen und Trans- aktionen auf, die ein Kunde mit seiner Bank über Online-Portale, Apps oder Social Media austauscht. „Die aufgezeichneten Kunden- Sessions können, ähnlich wie ein Video, wie- der abgespielt werden. Die analysierten Daten können vor allem für die Bereiche Risk & Compliance, Operations & Security und Mar- keting genutzt werden“, sagt Stefan Steinhoff, Partner der Unternehmensberatung TME. Durch die Technik, die beispielsweise bei der UBS zum Einsatz kommt, lässt sich jederzeit nachvollziehen, welche Informationen für den Kunden zu einem beliebigen Zeitpunkt sicht- bar waren. Dies kann beispielsweise bei Fra- gen der Beraterhaftung hilfreich sein. Auch im Bereich des aufsichtsrechtlichen Reportings wirken Regtechs unterstützend. Wer die IT-Bereiche von Banken kennt, weiß, wie aufwendig es ist, die wöchentlichen oder monatlichen Berichte zu erstellen. In Groß- banken arbeiten ganze Teams nur daran, aus einem riesigen Datenwust die relevanten In- formationen herauszufiltern. Dies liegt häufig an der Vielzahl der verschiedenen Systeme, Datenbanken und Anwendungen, die histo- risch gewachsen sind und an denen ständig herumgedoktert wird. Erschwerend kommt hinzu, dass zahlreiche Kernbankensysteme in der fast ausgestorbenen Programmiersprache Cobol geschrieben sind, die junge Entwickler gar nicht mehr kennen. Auch hier versprechen Regtechs Hilfe: Mittels moderner Software können Daten, die in unterschiedlichen Bank- systemen gespeichert sind, auf Knopfdruck herausgefiltert und an einer zentralen Stelle gesammelt werden. Das spart Zeit und Geld. Zu den führenden Regtechs in diesem Bereich zählt ausnahmsweise ein Big Player, der japa- nische Technologiekonzern Fujitsu. Fujitsu nutzt eine künstliche Intelligenz (KI), die mit- tels sogenannter Machine-Learning-Algorith- men auch unstrukturierte Daten analysieren und verarbeiten kann. Im Einsatz ist diese KI zum Beispiel bei der LBS West und der Spar- da-Datenverarbeitung. Auch im Handel von Wertpapieren kommt die neue Technik schon zum Einsatz. So ana- lysieren Algorithmen die von Trading-Daten- banken protokollierten Transaktionen und ver- gleichen sie mit davon unabhängigen Infor- mationen, beispielsweise mit Beiträgen in so- zialen Netzwerken. Durch das Verknüpfen der Daten können Auswirkungen von bestimmten Verhaltensweisen, etwa Posts auf Twitter oder Facebook, auf Handelsaktivitäten analysiert und auch Insidergeschäfte aufgedeckt werden. Fehlende Schnittstelle Experten warnen jedoch vor allzu großer Euphorie, insbesondere bei Start-ups, die voll- mundig versprechen, die Datenverarbeitung zu revolutionieren. Denn zunächst müssen die Regtechs überhaupt einmal an die Daten der Kreditinstitute herankommen „Der kritische Erfolgsfaktor für den Integrationsaufwand ist die Programmierschnittstelle“, erklärt Berater Steinhoff. Dass die technische Anbindung an die Banksysteme nicht einfach ist, mussten in Regtechs helfen Kreditinstituten und Anlageberatern, die Anforderungen des Aufsichtsrechts zu erfüllen. Die moderne Technik macht vieles möglich. Fintechs kleiner Bruder Ein Knopfdruck – und der ganze Regulierungskram ist erledigt. Ganz so einfach wird die Welt selbst mit den sogenannten Regtechs nicht. Doch die Start-ups versprechen, der Finanzbranche viel lästige Arbeit abzunehmen.

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