FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

238 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 bank & fonds I blockchain Foto: © Sashkin | stock.adobe.com, Alfred Haas | Erste Group E uphorie und Panik können eng beiein- anderliegen. Das wird deutlich, wenn man aktuelle Einschätzungen über die Zukunft der Blockchain-Technologie einholt. „Die Blockchain wird Banken, Versicherern, Börsen oder Vermögensverwaltern jährlich Kosten in Milliardenhöhe sparen“, schwär- men die einen. „Die Blockchain wird klassi- sche Finanzinstitute obsolet machen“, lautet die weniger erfreuliche Prognose der anderen. Ob die eine oder die andere Ankündigung ein- treten wird oder ob die Entwicklung über- haupt in eine andere Richtung verläuft, lässt sich heute kaum einschätzen. Trotzdem be- mühen sich die Verantwortlichen innerhalb der Finanzlandschaft, möglichst nichts zu ver- passen. Schon seit 2015 präsentieren die Un- ternehmen Lösungsansätze, die das Potenzial der Technologie nutzen sollen. Bisher laufen diese zwar meist immer noch im „Testmodus“ beziehungsweise mit einer eingeschränkten Teilnehmerzahl. Langsam verdichten sich aber die Anzeichen dafür, dass „Blockchain im Echtbetrieb“ bald Realität sein könnte. Santander mit Blockchain-App Dass dies nicht ganz so einfach zu sein scheint und lange Zeit in Anspruch nehmen kann, sieht man an der Bank Santander. Die schickte als eines der ersten Geldinstitute im Jahr 2015 eine Blockchain-App für interna- tionale Zahlungen in den Testbetrieb. Erst drei Jahre später machen die Spanier im Zahlungs- verkehr für Privatkunden ernst: Im ersten Quartal 2018 sollen internationale Überwei- sungen, die bisher zwei bis vier Tage dauer- ten, dank Blockchain-Technologie über Nacht verbucht werden. Es wäre global eine der ers- ten Bankenanwendungen, bei denen die Blockchain dem Kunden einen Nutzen bringt. Aus der Sicht der Finanzinstitute geht es dabei primär um Einsparungen. Mitte 2017 zitierte die Nasdaq die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman, derzufolge weltweit pro Jahr durch IT- und Abwicklungsaufwände Kosten zwischen 200 und 250 Milliarden US-Dollar anfallen. Wenn hier mithilfe der Blockchain nennenswerte Beträge eingespart werden könnten – Schätzung gehen von etwa zehn Prozent aus –, würden sich Investments in diesem Bereich rasch rechnen. Im Prinzip kann jedes Unternehmen seine eigenen Blockchains schaffen – es handelt es sich dabei um nicht anderes als eine dezentra- le und manipulationssichere Datenbank (siehe Kasten) . Unter Umständen wird man schon bald auch Fonds über die Blockchain erwer- ben können. Die Luxemburger Plattform FundsDLT wirbt mit der Aussage, dass über ihre Lösung Fondsanbieter erstmals ihre Pro- dukte in Echtzeit und direkt an den Investor verkaufen können. Vereinfacht gesagt garan- tiert die Blockchain von FundsDLT, dass der Asset Manager sein Geld bekommt, nachdem der Kunde auf „Kaufen“ gedrückt hat. Alle Parteien sind untereinander vernetzt: Jeder neue Schritt löst beim Transferagenten (Buch- führer über Käufe und Rücknahmen), beim Clearing oder beim Asset Manager den je- weils nächsten nötigen Schritt aus. Alles ist laut FundsDLT auch „Mifid-II-“ und „Anti- Geldwäsche-Richtlinie-konform“. Ein erster Pilot-Investor kaufte bereits 2017 Fondsanteile über FundsDLT. „Stunden statt Tage“ Auch in Österreich überlegen die Geldhäu- ser, wie man an dieser Entwicklung partizi- pieren kann. Die Erste Group, die hier zu den Vorreitern gehört, hat die Blockchain mehr- fach sehr konkret getestet und überlegt nun, ob Distributed Ledgers (verteilte Kontenbü- cher; ein Synonym für Blockchain) auch für den Wertpapierhandel taugen. „Kapitalmarkt und Treasury sind sehr personalintensiv. Do- kumente werden oft auf Papier ausgetauscht. Transaktionen dauern oft eine Woche, sie kön- nen manchmal nicht parallel laufen, sondern wir müssen warten, bis eine abgeschlossen ist, bevor die nächste startet. Häufig wird eine Person für die gesamte Zeit beansprucht. Wir erhoffen uns, dass wir Prozesse, die mehrere Tage dauern, auf Stunden runterbringen kön- nen“, erklärt Wilhelm Brad, Head of Products & Valuations Markets. Er sieht außerdem die Möglichkeit, dass die Blockchain nicht nur die Prozesse beschleunigen, sondern auch die Kapitalkosten senken könnte: „ImWertpapier- 2017 sah man erstmals, dass Banken in Österreich aktiv den Einsatz der Blockchain erproben. Auch im Wertpapierbereich wird über Lösungen nachgedacht. Gut verkettet Blockchain klingt für viele Anleger und Finanzmarktteilnehmer noch recht exotisch. Dabei könnte die Technologie schon bald neuen Komfort bei Angelegenheiten wie Geldüberweisungen oder Fondskauf bringen. » Wir erhoffen uns, dass wir Prozesse, die mehrere Tage dauern, auf Stunden runterbringen können. « Wilhelm Brad, Erste Group

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=