FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

222 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 vertrieb & praxis I finanzierungsplattformen Foto: © Stockfotos-MG | abode.stck.com D as Kreditgeschäft hat sich für viele Berater in den vergangenen Jahren zu einem lukrativen Standbein entwickelt. Zwar lässt sich aus der Mitgliederstatistik des Fachverbandes der Finanzdienstleister nicht herauslesen, wie viele der gewerblichen Ver- mögensberater über die Berechtigung zur Kreditvermittlung verfügen, allerdings meint Philipp Bohrn, Geschäftsführer des Fach- verbandes Finanzdienstleister: „Aus Rück- meldungen und Gesprächen kann ich bestä- tigen, dass die Kreditvermittlung wie- der wichtiger geworden ist.“ Zudem haben sich viele ehemalige Bankbera- ter mit der Vermittlung von Krediten selbstständig gemacht, und laufend kommen neue hinzu. Einer von ihnen ist Dejan Matic: Erst kürzlich hat er nach etlichen Jahren als Bankange- stellter den Sprung in die Selbststän- digkeit gewagt. Der Schritt, so gibt er zu, ist ihm nicht leicht gefallen, am Ende war aber der Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen, größer als die Angst vor dem Neuen. Für den 38- Jährigen stand dabei von vornherein fest, dass er sich auch in der Selbst- ständigkeit auf die Kreditvermittlung spezialisieren wird. „Ich habe zuvor sieben Jahre als Kreditspezialist bei einer Bank gearbeitet und in dieser Zeit ein Kreditvolu- men von über 30 Millionen Euro abgewickelt, also lag es für mich auf der Hand, auch in Zukunft in der Kreditvermittlung tätig zu bleiben.“ Matic ist klar, dass die Zeiten auch für Kreditvermittler nicht leichter werden, auch sie blieben von der regulatorischen Keule nicht verschont. Seit 2016 haben sich mit der Einführung des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes (HIKrG) die Bedin- gungen deutlich verändert. HIKrG Mit dem HIKrG sind für Kreditvermittler sowohl der bürokratische Aufwand als auch die Haftungsrisiken gestiegen. Davon kann auch Josef Oppenauer, Ex-Banker und selbst- ständiger Finanzierungsspezialist bei Finanz- puls, ein Lied singen. „Seit März 2016 ist der Kreditvermittler verpflichtet, beim Kreditge- spräch sogenannte Standard-Informationen zu übergeben und sich neben weiteren Aufklä- rungs-und Informationspflichten als gebunde- ner oder ungebundener Kreditvermittler oder als unabhängiger Kreditmakler zu deklarieren. Ebenso muss vereinbart werden, ob es ledig- lich zu einer Kreditvermittlung kommt oder auch eine Beratungsdienstleistung stattfindet“, erklärt Oppenauer. Vor allem beim Thema Be- ratung rät der erfahrene Kreditvermittler den Branchenkollegen zur Vorsicht: „Beratung ist u.a. zu protokollieren, laut HIKrG die Ertei- lung einer Empfehlung und je nachdem, ob ich heute ein variables oder ein Fixzinsdarle- hen empfehle, kann es aufgrund von Zinsän- derungen in einigen Jahren zu massiven Un- terschieden bei den realen Zinskosten für den Kunden kommen. Hier können sich dann be- trächtliche Haftungsrisiken auftun.“ Oppenau- er erklärt den Kunden zwar die Vor- und Nachteile der eingeholten Angebote, sprich Lösungsvorschläge. Die Entscheidung über die Produktauswahl wird aber vom Kunden getroffen. Trotz der re- gulatorischen Veränderungen blickt Oppenauer erfreut auf die Entwick- lung der vergangenen Jahre zurück, denn der Bedarf und die Nachfrage nach Finanzierungen ist hoch. Kredit- vermittler und Kreditnehmer profitiert dabei von historisch günstigen Kredit- konditionen. Und auch Matic bestä- tigt: „In der Bank haben wir in den vergangenen Jahren jährliche Steige- rungsraten im Kreditgeschäft von zehn bis 15 Prozent gesehen.“ Derzeit zeigt etwa der Infina-Kredit-Index, dass die langfristigen Zinsen für Fix- Das Geschäft mit Finanzierungen boomt, die Zahl der Kreditvermittler wächst, und auch im Bereich der Kreditplattformen tut sich einiges. Finanzierungs boom Kreditvermittler können sich derzeit über die steigende Nachfrage nach Finanzierungen freuen. Viele Leute wollen sich den Traum vom Eigentum erfüllen und nutzen die aktuelle Niedrigzinsphase. Entwicklung der Kreditnachfrage Negative Werte = Rückgang, positive Werte = Steigerung Kredite an private Haushalte haben in den letzten Jahren deutlich zugelegt. Quelle: OenB / Nettoprozentsatz, gleitender Durchschnitt der letzten vier Quartale -60 % -50 % -40 % -30 % -20 % -10 % 0 % +10 % +20 % +30 % +40 % Wohnbaukredite Konsumkredite und sonstige Kredite 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007

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