FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

E ines der am wenigsten beachteten Pro- bleme der Finanzberatung sind Chart- darstellungen. Betrachtet man eine lang- jährige Kurskurve, die mit einem höheren Wert endet, als sie begonnen hat – andere Charts werden ohnedies nicht hergezeigt –, suggeriert dies dem interessierten Anleger, dass er es mit einem Investment zu tun hat, das durchgehend steigt. Was dabei darstel- lungsbedingt leicht übersehen wird, sind die mitunter sehr langen Seitwärtsphasen, in denen mit dem betroffenen Wertpapier nichts verdient wurde. Betroffen ist davon praktisch jedes Investment – sogar die Berkshire-Hathaway-Aktie von Warren Buffett (siehe Chart). Anbieter von trend- folgenden Managed-Futures-Handelssyste- men befinden sich derzeit heute möglicher- weise irgendwo innerhalb einer solchen Seitwärtsbewegung; ob diese aber in einen neuen Anstieg münden wird, lässt sich nicht vorhersagen. Fest steht bisher nur, dass diese Fonds seit 2009 mit für sie un- günstigen Rahmenbedingungen kämpfen. Der WienerAnbieter FTC fasste dies in einer Präsentation so zusammen: „Managed Futures benötigen deutlich ausgeprägte Trends, hohe trendgewichtete Volatilität und geringe Korrelationen der einzelnen Fu- tures-Märkte.“ Ihr Albtraum bestehe hingegen aus raschen Trendwechseln und seitwärts ten- dierenden Märkten, geringer, nicht trendge- richteter Volatilität und hohen Korrelationen zwischen den eingesetzten Futures-Märkten. Es genügt ein kurzer Blick auf die Wertent- wicklung der bekanntesten Produkte aus die- sem Bereich, um zu erkennen, welches der beiden Szenarien während der letzten zehn Jahre meist vorherrschend war. Besonders hart erwischte es die Vertreter dieser Fondsgattung nun noch einmal im Februar dieses Jahres, als sie von den unerwarteten und abrupten Markt- schwankungen neuerlich am falschen Fuß er- wischt wurden. Die kurzfristige Richtungsän- derung an etlichen Märkten und der sprung- hafte Volatilitätsanstieg bescherten den Fonds im Durchschnitt mehr als sieben Prozent Mi- nus – der schlechteste Wert seit 20 Jahren. Verschont blieb von dieser jüngsten Ohrfeige fast kein Anbieter. In einem solchen Umfeld ist es schwierig genug, bestehende Kunden bei der Stange zu halten; die Chancen, neue zu gewinnen, sind verschwindend gering. Mit welchen Argumenten sollte man sie motivie- ren? Anleger kaufen historische Performance, antizyklisches Investment war noch nie ein gutes Verkaufsargument. Verkaufsargument Mifid FTC-Geschäftsführer Rolf Majcen geht daher einen ganz anderen Weg. Der gelernte Jurist verweist in einem sehr ausführlichen Artikel für das Österreichische Bank Archiv auf einen völlig anderen Aspekt, der für den Einsatz von Managed Futures spricht – ob- wohl deren jüngere Ertragsvergangenheit kei- 108 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 markt & strategie I managed futures Foto: © GMF, FTC Seit fast einem Jahrzehnt ringen Managed-Futures-Fonds mit Absatzproblemen. Nun argumentiert ein Anbieter mit dem Versicherungscharakter dieser Fonds. Managed-Futures- Pflicht? So wie beim Segeln ohne Wind nichts läuft, kommen trendfolgende Managed-Futures-Fonds ohne Trends nicht von der Stelle. Völlig auf sie zu verzichten könnte sich allerdings in der nächsten Baisse als Fehler erweisen. Lange Durststrecke: Berkshire Hathaway B Aktie Wer einen Chartverlauf seit Mitte der 90er-Jahre bis heute betrachtet, sieht nur die 600 Prozent Wertzuwachs, die zwischen 1996 und heute erwirtschaftet wurden. Doch ein Investor, der Mitte 1998 Vertrauen in Buffetts Managementtalent gefasst und die Aktie, die eigentlich ein Fonds ist, gekauft hat, musste im- merhin acht Jahre warten, bevor sich ein erster nennenswerter Kursanstieg entwickelte. Und diese Gewinne gingen im Anschluss infolge der Finanzkrise sofort wieder verloren. Anfang 2009 notierte die be- rühmteste Aktie der Welt unter dem Preis, den unser fiktiver Anleger Mit- te 1998 bezahlt hätte. Wie groß ist die Chance, dass er dieses Investment nach der ersten Erholung im Verlauf des Jahres 2009 entnervt abgestoßen hätte? Wie viele einschlägige Untersuchungen zeigen, ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch: Die meisten Fonds- anleger kaufen und verkaufen ungünstig und lassen damit große Teile der möglichen Erträge ihrer Investments liegen. Das Dilemma besteht bei diesem Thema darin, dass wir im- mer erst viel später erfahren, ob sich die Geduld gelohnt hätte. Wer auf Buffett vertraute, verdiente zwischen 2009 und heute mehr als 300 Prozent, die viele Jahre anhaltende Flaute der Nullerjahre ist vergeben und vergessen.

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