FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

332 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 steuer & recht I etf-besteuerung Foto: © WM Treuhand & Steuerberatungsgesellschaft B örsengehandelte Indexfonds waren lange Zeit ein Produkt, das vor al- lem institutionelle Investoren ein- gesetzt haben. In Retail-Depots waren sie meist nicht zu finden. Doch das ändert sich gerade: Ende September hatten Pri- vatanleger aus Deutschland über Direkt- banken und Online-Broker schon mehr als neun Milliarden Euro in ETFs investiert. Das ist ein Plus von 20 Prozent zum Jah- resbeginn, wie eine Auswertung des Bran- chendienstes „Extra Magazin“ zeigt. Die Zahl der ETF-Sparpläne ist in den ersten drei Quartalen dieses Jahres demnach sogar um fast 35 Prozent auf beinahe 288.500 gestiegen. Nicht nur das: Auch immer mehr Finanzberater nutzen inzwi- schen ETFs, um die Portfolios ihrer Kun- den zu bestücken. Doch während die Verbreitung der Indexfonds rasant voranschreitet, ist das Wissen um die steuerlichen Besonder- heiten dieser Produkte nicht unbedingt mitgewachsen. So dürfte vielen Beratern und Investoren nicht bewusst sein, dass es Unterschiede in der Besteuerung zwischen physisch replizierenden und synthetischen ETFs gibt. Im Grunde gilt es, nach drei Kriterien zu unterscheiden: Bildet der Fonds seinen Index physisch oder synthetisch nach? Handelt es sich um einen ausschüttenden oder um einen thesaurierenden ETF? Und schließ- lich: Wurde er im In- oder im Ausland auf- gelegt? Physisch ist komplizierter „Kompliziert ist es bei ausländischen, phy- sisch replizierenden, thesaurierenden ETFs“, erklärt Lukas Concas, Rechtsanwalt sowie Berater bei der Kanzlei WM Treuhand & Steuerberatungsgesellschaft in Limburg. „Hier muss nämlich der Steuerpflichtige die einbe- haltene Dividende als ausschüttungsgleiche Erträge in seiner Steuererklärung angeben.“ Sara Zinnecker, Expertin für Geldanlage- themen beim Verbraucherportal „Finanztip“ in Berlin, ergänzt: „Diese ausschüttungs- gleichen Erträge führt die Depotbank im Re- gelfall in der Jahressteuerbescheinigung auf, und sie werden außerdem im Bundesanzeiger veröffentlicht. Mit dem Investmentsteuerre- formgesetz, das 2018 in Kraft tritt, werden die ausschüttungsgleichen Erträge dann jedoch durch eine pauschale Bemessungsgrundlage ersetzt.“ Das Problem bei solchen auslän- dischen, physisch replizierenden, thesaurie- renden ETFs ist heute: Anleger müssen die Angaben manuell in ihr Formular für die Steuererklärung übertragen. „Außerdem muss der Steuerpflichtige bei ausländischen thesaurierenden Fonds seine Steuerunterlagen bis zum Verkauf des ETFs aufbewahren, da es sonst, wenn er die bis dato erfolgte Besteuerung nicht nachweisen kann, zu einer weiteren Besteuerung zum Zeitpunkt des Verkaufs kommt“, erklärt Concas. Diese Notwendigkeit besteht übrigens bei allen thesaurierenden Auslandsfonds, nicht nur bei physisch replizierenden ETFs. Synthetisch ist leichter „Für synthetische ETFs spricht bislang die steuerlich günstigere und weniger arbeits- intensive Behandlung“, meint Zinnecker. Synthetische ETFs kaufen nicht die ein- zelnen Aktien des jeweiligen Index, son- dern bilden ihren Index über Swap-Verträ- ge nach. „Dass viele Investoren trotzdem nicht so gern auf synthetische ETFs zu- greifen, liegt am Kontrahentenrisiko, also in der Gefahr, dass der Swap-Partner aus- fallen könnte.“ Zinnecker hält dieses Risi- ko jedoch für gering: „Die ETF-Portfolios bestehen aus Blue Chips, und die For- derungen gegenüber dem Swap-Partner sind in der Regel durch Anleihen hoher Bonität gesichert.“ Weil synthetische ETFs keine Dividen- den vereinnahmen, läuft die Besteuerung hier anders ab als bei physisch replizieren- den. „Bei synthetischen ETFs erfolgt die Besteuerung der erzielten Wertsteigerung erst beim Verkauf, da die erzielten Erträge keine ‚ausschüttungsgleichen Erträge‘ sind“, sagt Concas. Der so entstehende Zinseszinseffekt war bislang für Investo- ren, die um diese Besonderheit wussten, ein durchaus wichtiges Kriterium, sich für einen synthetischen ETF zu entscheiden. 2018 wird alles anders Dieser steuerliche Unterschied bleibt jetzt noch ein gutes Jahr lang bestehen. Mit der Investmentsteuerreform fällt er zu Jahresbe- ginn 2018 weg, denn dann werden alle Fonds nach gleichen Regeln besteuert (siehe FONDS professionell 3/2016, Seite 298). Durch die Vorabpauschale entfällt dann – zu- mindest bei ausländischen physischen ETFs, die thesaurieren – die Pflicht, die anteilige Di- vidende und die gemäß Doppelbesteuerungs- abkommen anzurechnende Quellensteuer ein- zutragen. Sofern der Sparerfreibetrag von 801 Euro ausgeschöpft ist, wird die Steuer direkt von der depotführenden Stelle einbehalten. Eine Unklarheit bleibt jedoch vorerst noch bestehen, so Concas: „Noch ist nicht abschlie- ßend geklärt, ob auch bei synthetischen thesaurierenden ETFs die Teilfreistellung in Höhe von 30 Prozent erfolgt, da nicht klar ist, ob sie ab 2018 überhaupt als Aktienfonds gelten.“ ANKE DEMBOWSKI | FP Vielen Beratern und Investoren ist nicht bewusst, dass es Unterschiede in der Besteuerung zwischen physisch replizierenden und synthetischen ETFs gibt. E asily T axed F und? Lukas Concas, WM Treuhand: „Kompliziert ist es bei ausländi- schen, physisch replizierenden, thesaurierenden ETFs.“

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