FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

bank & fonds I christian leurs | eurogroup consulting 278 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 Foto: © Cornelis Gollhardt U nternehmensberater sind viel un- terwegs. So auch Christian Leurs. Der Consultant hat kein festes, klassisches Büro mehr, sondern nur noch einen Home-Office-Platz. Vom Rheinland aus reist er durch die Republik und berät Banken und Fondshäuser bei Fragen rund um die Digitalisierung. Die Wurzeln sei- nes Hauses Eurogroup Consulting liegen in der Beratung von Sparkassen. Nun un- terstützt die Gesellschaft das gesamte Spektrum im Finanzsektor. Ein Schwer- punkt liegt darauf, wie Geldhäuser und Produktanbieter ihre Mitarbeiter beim Sprung in die digitale Welt einbinden. Herr Leurs, wie verändert die Digi- talisierung den Fondsvertrieb in den Banken? Christian Leurs: Die Digitalisierung wird zu sehr vielen Veränderungen führen. Spe- ziell im Fondsvertrieb müssen wir unterschei- den zwischen dem direkten Geschäft mit End- anlegern und den Beziehungen zwischen Pro- duktanbietern und Vermittlern. Zunächst muss man übergreifend festhalten: Die Banken er- litten in den letzten Jahren bei den Privatkun- den einen enormen Vertrauensverlust. Einer Studie zufolge misstrauen fast 60 Prozent der deutschen Privatanleger den Empfehlungen von Anlageberatern. Darunter leidet die ge- samte Branche. Das verlorene Vertrauen müs- sen die Institute schrittweise zurückgewinnen. Dazu müssen sie ihr Fachwissen und die Kompetenz, demAnleger das für ihn in seiner Situation passende Produkt zu empfehlen, un- ter Beweis stellen. Die Expertise war nicht so hoch? Viele Kunden sind heute sehr viel informierter als früher, insbesondere im Private Banking. Im Zuge der Digitalisierung informieren sich Privatanleger über das Internet oftmals vor einem Beratungsgespräch und kennen sich dann schon recht gut aus. Da muss der Bera- ter einen Mehrwert bieten: Entweder muss er auf der Höhe sein oder den Kunden ein noch besseres Angebot unterbreiten. Bisher schreckte so mancher Berater auch vor der Empfehlung von Fondsanlagen zurück. Denn dies bedeutete einen riesigen Aufwand: Sie müssen den Beratungsbogen komplett ausfül- len, unterschreiben lassen und so weiter. Da fällt es leichter, den Wunsch des Kunden nach einer eigenen Immobilie zu unterstützen und ihm eine Baufinanzierung zu vermitteln. Das trifft ja auch den Nerv der Zeit. Der Grund- satz, dass Fonds verkauft und nicht gekauft werden, gilt jedenfalls weiterhin. Daher liegt viel in der Verantwortung des Beraters und der Vertriebsmannschaft der Asset Manager. Bauen die Banken die Fachkompetenz in der Beratung aus? Absolut. Anbieter wie die Union Investment oder die Deka haben eigene Vertriebsleute, die teilweise direkt in der Bank sitzen. Sie sollen die Berater noch besser schulen und ihr Pro- duktwissen festigen. Die betreiben einen rie- sigen Aufwand und unterhalten einen großen Stab an Mitarbeitern, die ihre Kollegen för- dern sollen. Zudem besteht hier wie bei der Union Investment ein Kundenservice, der sich sehr professionell und individuell um die Fragen der Berater und Anleger kümmert. Andere Anbieter sind hier nicht ganz so aktiv. Zugegeben ist das auch schwierig für Drittanbieter, die über kein eigenes Vertriebsnetz verfügen. Und wie können die Geldhäuser verlo- renes Vertrauen zurückgewinnen? Das geht nur über Nachhaltigkeit. Die Berater der Banken müssen dem Kunden über lange Zeit immer wieder zeigen, dass sie gute Empfehlungen geben und die Produkte nicht nur wegen der Provision anbieten. Die Fehlentwicklungen der Ver- gangenheit hatten auch bis zu einem ge- wissen Grad mit der Unwissenheit man- cher Berater zu tun. Sie waren nicht rich- tig dafür geschult, bei der enormen Pro- duktvielfalt den Überblick zu behalten. Vielmehr hatten sie Verkaufsziele vorge- setzt bekommen und dann ein strukturiertes Produkt empfohlen, weil da eine hohe Marge abfiel. Das machen viele Häuser heute anders, viel professioneller und besser. Welche Rolle wird die persönliche Bera- tung im Zuge der Digitalisierung noch spielen? Echte Beratung wird auch in Zukunft nicht komplett ersetzt werden. Da muss man das Thema Digitalisierung auch mit Augenmaß betrachten. Neben einer kompetenten Bera- tung gehören ja auch der zwischenmenschli- che Kontakt und die Begleitung der Kunden zu den Aufgaben eines Bankmitarbeiters. Das bedeutet manchmal auch, dem Bauchgefühl zu folgen und von einem Geschäft abzuraten. Das kann keine Maschine. Also ändert sich durch die Digitalisie- rung am Ende gar nicht so viel? Doch, durchaus. Was sich ändern wird, sind unter anderem die Zugangswege zur Bank. Früher gab es die Filiale, das Telefon sowie das Fax. Nun gibt es dazu noch die Website, E-Mail, Messenger-Dienste oder soziale Netz- Die Digitalisierung krempelt die Finanzwelt um. Auch der Fondsvertrieb der Banken steht vor einem eklatanten Umbruch. Unternehmensberater Christian Leurs von Eurogroup Consulting erläutert, vor welchem Wandel Banken, Fondsanbieter sowie deren Mitarbeiter stehen – und warum klassische Finanzberatung nicht völlig ausgedient hat. „Sie können Top-Kunden nicht » Fehlentwicklungen der Vergangenheit hatten bis zu einem gewissen Grad mit der Unwissenheit mancher Berater zu tun. Sie waren nicht dafür geschult, bei der enor- men Produktvielfalt den Überblick zu behalten. « Christian Leurs, Eurogroup Consulting

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